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Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Titel: Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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habe nur ihren Kopf gesehen, weil ich weggeschaut habe. Snævar hat die Plane weggezogen und sich dann übergeben. Ich habe mit beidem so meine Schwierigkeiten, mit Erbrochenem und mit Leichen, besonders mit beidem zusammen, deshalb habe ich nur den Kopf gesehen. Das hat mir vollkommen gereicht. Falls ich das missverständlich formuliert habe, war das ungewollt.«
    Der Polizist las etwas auf dem Blatt, das vor ihm lag – wahrscheinlich eine der beiden Aussagen, die sie gemacht hatte.
    »Nein, nein, das steht hier so. Ich wusste es nur nicht mehr genau.« Er sah sie wieder an. »Sie haben also nicht bemerkt, dass jemand versucht hat, die Leiche zu zerteilen?«
    »Nein, ich hatte keine Ahnung …« Dóra hob unfreiwillig die Brauen. Damit hatte sie nicht gerechnet. Es war schon schlimm genug, dass das Rätsel um die Yacht zu einem Mordfall geworden war – und jetzt auch noch Verstümmelungen. »Matthias hat auch nichts davon gesagt.«
    »Kann sein, dass er es nicht gemerkt hat, weil die Plane einen Teil des Körpers verdeckte. Es gibt Fotos vom Tatort. Aber das ist nicht das Wichtigste, sondern, ob Sie sich daran erinnern, ein Platschen gehört zu haben, als die Plane an Bord gezogen wurde.«
    Er atmete tief ein und nestelte an seinem Hemdkragen herum – anscheinend war ihm auch zu heiß.
    »Nein, hätte ich das hören sollen?« Dóra war so verwirrt, dass sie nicht verstand, worauf der Mann hinauswollte.
    »Anscheinend wollte jemand die Leiche zerstückeln, hat dann aber aufgegeben. Er oder sie hat nur die Beine an den Knien abgetrennt, und die sind weg. Vielleicht ist es auch auf andere Weise passiert, aber wir gehen davon aus, dass es menschliche Einwirkung war. Es wäre leichter, das herauszufinden, wenn wir die Unterschenkel hätten. Wir haben Taucher bei der Yacht suchen lassen, aber ohne Erfolg. Ich dachte, Sie hätten die Beine vielleicht aus der Plane herausrutschen hören. Oder wurden sie schon vorher ins Meer geworfen? Und warum dann nicht die ganze Leiche? Das ist alles unlogisch. Wir haben die Yacht noch mal komplett nach Spuren auf diese, äh, Operation durchsucht. Es muss viel Blut geflossen sein, selbst wenn der Mann schon tot war. Der Täter hat zwar alles saubergemacht, aber wir glauben trotzdem, den Ort gefunden zu haben, an dem es gemacht wurde. Die Verstümmelungen wurden ziemlich sicher an Bord durchgeführt.«
    Dóra versuchte vergeblich, sich den Ablauf vorzustellen. Sie konnte es einfach nicht.
    »Wo wurde es gemacht?«
    »Unter Deck, zwischen den Wassertanks, an einer abgelegenen Stelle, er muss es also heimlich getan haben.«
    »Das heißt vermutlich, dass außer ihm noch jemand am Leben war?«
    »Ja.« Der Polizist fixierte Dóra, und die unnatürliche tiefgrüne Farbe seiner Augen wirkte fast hypnotisierend. Vielleicht trug er Kontaktlinsen, um genau diese Wirkung zu erzielen. »Das ist unsere momentane Theorie. Aber es ist, wie gesagt, nicht hundertprozentig sicher, vielleicht stammen die Blutspuren auch von einem anderen Unfall. Wir haben auch an anderen Stellen auf der Yacht Blutreste gefunden, aber die waren besser weggewischt. Wir arbeiten daran, das alles zu klären.«
    »An welchen anderen Stellen?«
    Der Polizist trommelte mit den Fingern gegen die Tischkante und sagte:
    »An mehreren Stellen, auf der Brücke, an einem Ausgang zum Treppenhaus und im Wohnzimmer. Und wir müssen davon ausgehen, dass das Deck womöglich auch voller Blut war, obwohl wir keine Hinweise darauf gefunden haben. Das Meerwasser kann die Spuren ziemlich schnell auslöschen. Die Yacht wurde von einem Unwetter erfasst, und die Gischt muss sehr hoch gespritzt sein. Vom Regen ganz zu schweigen. Vielleicht wurden die Beine auch an Deck abgetrennt. Das ist so gesehen natürlich der günstigste Ort.«
    Dóra nickte nachdenklich. Sie erinnerte sich, dass man das Deck von mehreren Fenstern aus einsehen konnte.
    »Aber hätten die anderen das nicht gemerkt?«, fragte sie und korrigierte sich, bevor ihr Gegenüber antworten konnte. »Klar, natürlich nicht nachts, wenn die meisten schliefen, aber wozu das Ganze? Ist es nicht am einfachsten, die Leiche einfach über Bord zu werfen? Auf dem offenen Meer geht sie doch unter oder wird gefressen.«
    »Sollte man annehmen.«
    »Noch eine Frage. Kann es sein, dass der Kapitän bei der Mitteilung an das britische Schiff Halldórs Leiche meinte? Vielleicht hat jemand den Mörder dabei ertappt, als er die Leiche zerteilen wollte, und er konnte es nicht zu Ende

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