Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)
zweite Tür öffnete, würde sich der Container mit Wasser füllen und die Luft entweichen. Dann musste das verdammte Ding sinken, und sie konnten weiterfahren. Das einzig Schwierige war, die Riegel aufzukriegen, vor allem, falls sie beschädigt waren. Er musste zu der Kurbel tauchen, mit der sich die Riegel öffnen ließen. Das sollte zu schaffen sein – er wollte den Container nur nicht loslassen, während er sich mit der Kurbel abmühte. Er fürchtete nämlich immer noch, hineingesogen zu werden und nicht mehr herauszukommen. Aber er konnte sich nicht richtig festhalten, weil er sich die Lampe unter den Arm klemmen musste. Die Sicht war einfach nicht gut genug, um die Schlaufe an seiner Weste zu suchen.
Er würde es einfach darauf ankommen lassen. Ægir ließ Luft aus der Weste und sank nach unten, bis er bei der Kurbel angelangt war, die zum Glück unversehrt aussah. Er klemmte sich die Lampe unter den Arm und krallte sich am Rand der Tür fest. Langsam wurden seine Beine in das schwarze Loch gezogen, und Ægir strampelte wie wild, um sie wieder aus dem Container zu bekommen. Damit das nicht noch mal passierte, legte er sich flach an die geschlossene Tür und konnte sich so zusätzlich abstützen.
Es war anstrengend, die Kurbel mit einer Hand zu drehen. Die Muskeln in seinen Armen, die schon von der Plackerei mit dem Stecken müde waren, schmerzten. Als er daran dachte, hatte er das Gefühl, das sei vor vielen Stunden, wenn nicht gar gestern gewesen. Eine Minute unter Wasser fühlte sich an wie eine Stunde über der Wasseroberfläche. Ægir atmete tief ein und drehte mit voller Kraft. Die Kurbel quietschte und ließ sich ganz drehen. Er hatte es geschafft! Doch seine Freude war nur von kurzer Dauer, denn er erstarrte bei der Vorstellung, dass der Container untergehen könnte, bevor er weggeschwommen war. Dass die Tür aufschlagen und der Container in die Tiefe sinken würde, mit ihm, in sein Mundstück schreiend. Ægir drückte sich kräftig ab und wartete dann eine ganze Weile. Vielleicht war seine Angst unnötig gewesen, aber jetzt wusste er zumindest, dass er vorsichtig sein musste, wenn er die Tür öffnete.
Vorsichtig schwamm er zurück zum Container und erreichte die Lukentür. Er versuchte, sie zu sich zu ziehen, aber wie sehr er auch an ihr zerrte, es war vergeblich. Der Druck des Wassers auf der Tür war zu groß, und es brachte nichts, sich damit herumzuschlagen – alleine konnte er sie auf keinen Fall aufmachen. Doch wenn er es schon nicht schaffte, den Container von der Yacht zu lösen, musste er sich zumindest davon überzeugen, dass es ungefährlich war, weiterzufahren. Und dafür reichte es nicht, sich eine Seite des Containers anzuschauen. Er musste an der Schiffswand entlang unter den Container tauchen.
Ægir blickte auf den Sauerstoffmesser, der auf über einhundert stand, was ihm nichts anderes sagte, als dass er fünfzig Punkte davon entfernt war, bis die Nadel in den roten Bereich sank und er auftauchen musste. Innerlich musste er lachen, denn er hatte keine Ahnung, was diese Zahlen bedeuteten. Er spürte die Kälte nicht mehr, was ein schlechtes Zeichen war, und ihm war noch alberner zumute. Wenn er laut auflachte, würde er bestimmt das Mundstück verlieren und ertrinken, was seine Heiterkeit erheblich dämpfte. Er ließ mehr Luft aus seiner Weste und sank tiefer. Je länger er es hinauszögerte, unter den Container zu schwimmen, umso länger dauerte es, bis er wieder bei seiner Familie war.
Ægir hielt es für das Beste, sich auf dem Rücken treiben zu lassen, wusste aber nicht, ob das ging. Dann könnte er nach oben schauen und würde nicht Gefahr laufen, mit der Sauerstoffflasche an der Unterseite des Containers hängenzubleiben. Zur Sicherheit ließ er sich weiter hinuntersinken, als nötig gewesen wäre. In seinen Ohren knackte es, und er hielt sich die Nase zu, um den Druck vom Trommelfell zu nehmen. Ohrenschmerzen waren zwar bei der bevorstehenden Aktion das geringste Problem, aber er wollte sie trotzdem vermeiden.
Doch die Sauerstoffflasche war zu schwer. Immer, wenn er versuchte, auf dem Rücken zu schwimmen, drehte er sich wieder und verlor die Kontrolle. Deshalb musste er sich damit abfinden, weiter auf dem Bauch zu schwimmen und immer wieder nach oben zu schauen, während er den Kiel nach Schäden absuchte. Dabei schoss ihm jedes Mal Adrenalin in die Adern, wenn er sah, dass er dem Boden des Containers immer näher kam. Er bemühte sich, etwas tiefer zu tauchen und aus
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