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Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Titel: Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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Luft in die Weste ließ und zur Oberfläche aufstieg. Ægir freute sich so darauf, endlich wieder normal atmen zu können, dass er sich beherrschen musste, sich die Tauchermaske nicht vom Kopf zu reißen. Als sein Kopf schließlich auftauchte, hätte er am liebsten laut geschrien.
    Die Strickleiter hing noch an ihrem Platz, und Ægir krallte sich an der untersten Sprosse fest, während er das Mundstück ausspuckte und die Weste mit Luft vollpumpte, um nicht unterzugehen. Als er sich aus dem Wasser stemmte, wurde ihm bewusst, wie schwer die Sauerstoffflasche war, und einen Moment lang dachte er, er würde es nicht hinaufschaffen. Doch oben wartete das Leben, unten der kalte Tod, und sein Weg führte nach oben. Er spannte die kalten Muskeln seiner Oberarme an und hievte sich mühsam hinauf. War die Frau, die er gesehen hatte, Einbildung? Jetzt, wo er aus der Tiefe entkommen war, schien sie so unwirklich, dass er sich nicht mehr sicher war. Doch, es musste Einbildung gewesen sein.

    »Ich hab noch nie in meinem Leben ein besseres Bier getrunken. Gib mir noch eins!«, sagte Ægir und leerte, in eine Decke eingewickelt, seine Flasche.
    Normalerweise trank er vormittags nichts, aber jetzt hätte er sich ordentlich besaufen können. Ein kühles Bier war genau das, was er jetzt brauchte, und es spielte keine Rolle, dass er bei jedem eiskalten Schluck wie ein Zweig im Wind zitterte. Sein Körper dankte es ihm anscheinend nicht, aber das war ihm völlig egal, ebenso wie Láras Anstellerei. Sie hatte einen Wutanfall bekommen, als sie gehört hatte, was passiert war. Er habe sie und die Kinder getäuscht, sei ein Risiko eingegangen, das er ohne ihre Zustimmung nie hätte eingehen dürfen, und sich in jeglicher Hinsicht wie ein egoistischer Dreckskerl verhalten – süchtig nach Abenteuern oder mit dem krankhaften Bedürfnis, es anderen recht zu machen. Und so weiter. Doch so, wie er sich gerade fühlte, konnte er sie sowieso nicht zur Vernunft bringen. Er konnte sich kaum bewegen und saß bibbernd auf einem Küchenstuhl. Die Mädchen wollten nichts verpassen und waren dageblieben, nachdem ihre Mutter hinausgestürmt war. Jetzt saßen sie ihm gegenüber und starrten ihn mit ihren großen, dunklen Augen verwundert an. Es sagte einiges über seinen Zustand aus, dass es ihn nicht störte, dass sie Zeugen dieser unangenehmen Situation wurden. Das Einzige, was er nicht erwähnte, war die Frau, die er zu sehen geglaubt hatte. Er wollte nicht mit klappernden Zähnen irgendeinen Schwachsinn von sich geben. Diese Sinnestäuschung war bestimmt eine Folge der Auskühlung gewesen, und er wollte seine Heldentat nicht schmälern, indem er eine Geschichte zum Besten gab, über die die anderen heimlich den Kopf schütteln und die Augen verdrehen würden. Er war lebend davongekommen – alles andere war unwichtig, zumindest im Augenblick.
    »Ist dir kalt, Papa?«, fragte Bylgja und wurde als Antwort auf diese dumme Frage von ihrer Schwester mit dem Ellbogen angestoßen. Bylgjas Brille verrutschte, und sie jammerte auf.
    »Mir ist so kalt, dass ich Eiswürfel pinkeln würde, wenn ich mal müsste«, sagte Ægir und trank einen Schluck Bier aus der frisch geöffneten Flasche, die Halli ihm reichte.
    »Hast du Fische gesehen?«, fragte Arna. Sie legte ihren Oberkörper auf den Tisch und ließ den Kopf auf die Hände sinken, so dass sich ihre Augen verengten. »Du hättest sie fangen sollen.«
    »Ich habe keine Fische gesehen. Denen ist auch zu kalt. Ich glaube, die sind alle vor Kälte gestorben.«
    Þráinn fand das überhaupt nicht witzig. Er stand am anderen Ende der Küche und lehnte sich mit verschränkten Armen ans Spülbecken.
    »Ich weiß nicht, ob ich dich richtig verstanden habe. Du konntest den Riegel lösen, aber die Tür nicht aufmachen? Und du hast keine Anzeichen von Beschädigungen gesehen?«, fragte er.
    Ægir nickte im Takt mit seinem zitternden Körper.
    »Nein. Ich konnte kein Leck sehen. Da sind überall Kratzer, aber die sahen nicht tief oder gefährlich aus. Und die Lukentür ist lose, aber ich habe sie nicht aufgekriegt. Vielleicht könnte man sie mit gemeinsamer Anstrengung von Deck aus aufhaken und hochziehen. Ich weiß nicht. Unter Wasser geht es jedenfalls nicht.«
    »Vielleicht nicht bei dir.« Halli grinste gehässig und warf Þráinn einen Blick zu. Seine fast weißen Haare klebten nach den Regengüssen an seiner Stirn.
    Loftur, der dazugekommen war, während Ægir getaucht war, warf ironisch ein:
    »Und ich dachte,

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