Todesschlaeger - Ein Golferkrimi
Kommissar?«, bot sie mit einer wohlklingenden, weichen Stimme an.
»Gerne, wenn es nicht zu viel Mühe macht«, stimmte er angenehm berührt zu. Langsam ließ er sich in einen der Korbstühle fallen und streckte entspannt sein linkes Bein aus. Der Schmerz ließ deutlich nach.
Sie nickte nur und fing an, die Utensilien für eine Teezeremonie vor ihm auf einem kleinen Tischchen aufzubauen. Ihre Bewegungen waren geschmeidig, anregend. Gerne hätte er sie berührt – gerne wäre er von ihr berührt worden. Das zweite Mal innerhalb weniger Tage tauchte in ihm eine Sehnsucht nach Häuslichkeit und Zärtlichkeit auf. Er stellte sich vor, wie es wäre, wenn er jeden Abend so empfangen wurde und danach …
Nach geraumer Zeit, es hätte noch viel länger dauern dürfen, war alles zubereitet. Sie setzte sich ebenfalls und schaute ihn erwartungsvoll an.
»Haben Sie von dem Mord an Herrmann Wetzlar, dem Bruder Norbert Wetzlars, schon gehört, Frau Marx?«
»Ja, sicher«, nickte sie bestätigend. »Ich habe es in der Zeitung gelesen und Norbert hat mich auch informiert.«
»Herr Norbert Wetzlar hat angegeben, zur Tatzeit hier bei Ihnen gewesen zu sein. Können Sie das bestätigen?«
»Aber ja, Herr Kommissar.« Sie nickte heftig zu diesen Worten. »Er ist am Abend gekommen und erst am späten Nachmittag des folgenden Tages wieder gegangen. So lange war er noch nie bei mir, deshalb weiß ich das auch so genau. Außerdem waren Bernd Boldkin und dessen Frau, Heidi, während dieser Zeit ebenfalls hier. Die Wohnung hat über zweihundert Quadratmeter und ich habe hier zwei Gästezimmer, so dass es nicht zu eng wurde. Wir haben bis in die Morgenstunden DoKo gespielt und es war irre lustig.«
Michael Schlosser stutzte. Das war ein perfektes Alibi. Nicht, weil es diese hübsche Frau gerade bestätigt hatte, sondern weil sie zwei weitere Zeugen genannt hatte, von denen er speziell Felix Felgenbach sehr gut kannte.
»Handelt es sich bei Bernd Boldkin um den Staatsanwalt Boldkin?«, wollte er zur Sicherheit trotzdem noch wissen.
»Ja, richtig«, bestätigte sie und goss ihm eine Schale grünlichen, süßlich duftenden Tee ein und forderte ihn mit einer dezenten Geste auf, zu trinken.
Genüsslich trank er einen kleinen Schluck und stellte die nächste Frage:
»Kamen derartig lange Spielabende des Öfteren vor?«
»Nein, leider nie. Es war Norberts Idee und er schien sie erst einen Abend zuvor bekommen zu haben. Die Boldkins hatten ursprünglich keine Zeit, aber Norbert hat sie in meinem Beisein ganz lieb davon überzeugt, dass man DoKo nur zu viert spielen kann und es war ein toller Abend. Leider hat Norbert seit dem Tod seines Bruders kaum mehr Zeit.«
Bei den letzten Worten senkten sich ihre langen Wimpern. Sie unterhielten sich noch eine ganze Weile und er erfuhr von ihr, dass sie die Wohnung gekauft und eingerichtet hatte, nachdem sie in einer Quizsendung eine halbe Million gewonnen hatte. Norbert durfte nichts beisteuern. Sie wollte unabhängig bleiben. Sie war sich darüber im Klaren, dass sie einen Mann wie Norbert nur selten zu Gesicht bekommen konnte und niemals auf Dauer würde halten können. Deshalb war sie zwar hin und wieder irgendwie traurig, dann aber auch wieder nicht.
Nachdenklich und ungern verließ er die junge Frau. Es kam nur selten in seinem Beruf bei derartigen Ermittlungen vor, dass er das Gefühl hatte, nicht mit Missachtung oder Misstrauen bedacht worden zu sein. Eines stand jetzt jedenfalls erst einmal fest: Norbert Wetzlar war nicht der Mörder. Jedenfalls nicht derjenige, der den Mord selbst begangen hatte, davon einmal abgesehen, dass er immer noch keinen blassen Schimmer hatte, wie die Tat überhaupt ausgeführt worden war.
15
Schwester Monika war erst seit einem Monat als Nachtschwester im Kreiskrankenhaus Strausberg tätig und bereute es längst, dass sie diesen nervigen und teilweise extrem belastenden Job angenommen hatte. Mal überschlugen sich die Ereignisse im Laufe einer Nacht und dann wieder war so wenig zu tun, dass sie ohne weiteres einschlafen konnte. Das grelle Neonlicht in ihrem kleinen Aufenthaltsraum, der mit Kontrollmonitoren, Signallampen und Akustikgeräten voll gestopft war, verhinderte allerdings meistens den Schlaf.
An diesem späten Abend jedoch war der Teufel los. Im Komazimmer lag nur eine Frau, in den beiden Beobachtungszimmern jedoch insgesamt sieben, durchwegs frisch operierte Patienten. Wenn sich dort einer von ihnen nur einmal ein wenig zu stark
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