Todesschlaeger - Ein Golferkrimi
er konnte es leicht aufdrücken. Die Haustür öffnete sich und Frau Suller erschien mit einem Geschirrhandtuch in der Hand in der Öffnung. Genko registrierte mit Genugtuung, dass die Frau sichtlich erstaunt war, ihn noch einmal in Begleitung eines uniformierten Kollegen zu sehen. Plötzlich erschien hinter der Frau kurz der Kopf eines jungen Mannes, der augenblicklich wieder verschwand. Aber er hatte ihn bemerkt. Die Alarmsirenen begannen in seinem Hirn zu läuten.
»Grü…, äh. Guten Tag, Frau Suller. Wir wollen kurz mit Ihrem Sohn sprechen«, rief er der erschrockenen Frau entgegen und beschleunigte seine Schritte so sehr, dass der Polizist an seiner Seite nicht mehr Schritt halten konnte und zu laufen anfing.
Als Genko die Eingangstür erreichte, hörte er deutlich das schurrende Geräusch einer Schiebetür und seine langjährige Erfahrung sagte ihm, dass sich dort jemand aus dem Staub zu machen versuchte.
»Bleib hier und pass auf«, wies er seinen Begleiter an, machte kurzerhand kehrt und rannte, so schnell er konnte, links um das Haus herum. Er hatte noch nicht vollständig die Ecke umrundet, als er Alexander Suller in dem Augenblick an der anderen Ecke erscheinen sah. Auch dieser schien ihn zu bemerken und wechselte deshalb hasenartig die Richtung. Mit windhundartiger Geschwindigkeit lief der Hagere in dessen Richtung, zog dabei seine kleine Dienstwaffe aus dem Schulterhalfter und blieb kurz entschlossen stehen, als er mitbekam, dass der Jüngling zu einem Sprung über den fast meterhohen Maschendrahtzaun ansetzte.
»Halt! Polizei! Bleib stehen oder ich schieße!«, schrie er Alexander zu und hob die Waffe mit beiden Händen in Anschlag, bevor dieser noch voll abspringen konnte. Er sah, wie Alexander noch versuchte, mitten im Sprungansatz zu stoppen, es aber nicht mehr ganz schaffte und durch seinen Schwung fast in Zeitlupe über den Zaun kippte. Dabei blieb er, im Zaun teilweise verheddert, in den Rabatten des Nachbarn liegen. Mit festen Schritten und einem breiten Feixen auf dem Gesicht ging der Hagere auf ihn zu, hielt nun aber die Pistole nur noch in einer Hand und sprach seine Lieblingsformel:
»Hiermit verhafte ich dich wegen des Verdachtes, Herrmann Wetzlar ermordet zu haben und mache dich auf deine Rechte aufmerksam. Du kannst …«
Nachdem er die lange Formel genüsslich heruntergebetet hatte, half er dem Gestrauchelten wieder über den Zaun zurückzukommen. Inzwischen hatten sich auch seine Kollegen und die Mutter des Verhafteten genähert.
»Können Sie Ihrem Sohn das Wichtigste einpacken, Frau Suller«, sprach er die Frau, der Tränen in den Augen standen und die die Welt nicht mehr zu verstehen schien, freundlich an. »Wir werden ihn erst einmal eine Weile bei uns behalten müssen.«
»Aber er hat doch nichts verbrochen, Herr Kommissar«, wandte sie verzweifelt ein und strich ihrem gebeugt dastehenden Sohn, der inzwischen von dem Polizisten Handschellen angelegt bekommen hatte, zärtlich über die strähnigen Haare.
»Wenn er unschuldig sein sollte oder die volle Wahrheit gesteht, gnädige Frau, ist er sehr schnell wieder zu Hause«, versuchte er sie zu beruhigen und fuhr fort: »Momentan sieht es allerdings nicht sehr gut für ihn aus. Bitte machen Sie die Sachen fertig, damit wir wegkommen und die Nachbarn nicht so viel mitbekommen.«
Sein Argument zündete augenblicklich bei ihr. Schnell wandte sie sich um und lief ins Haus. Fünf Minuten später war sie mit einem kleinen Koffer zurück und reichte ihn dem Hageren. Alexander, der inzwischen bereits in den Streifenwagen verfrachtet worden war, winkte seiner Mutter noch kurz zu und schlug dann die Hände vor sein Gesicht. Danach fielen die Türen zu und der Wagen fuhr los. Genko sah noch das verheulte Gesicht einer gebeugten Frau, die ganz langsam ins Haus zurückging und nun bestimmt ihren Mann anrufen würde.
Er lehnte sich zufrieden zurück und murmelte einige bayrisch klingende Ausdrücke in sich hinein.
Hauptkommissar Schlosser dachte an seinen Mitarbeiter und konnte sich sehr gut vorstellen, wie dieser in Kürze mit innerem Hochgenuss den jungen Golfer verhaften würde. Ihm selbst gefiel die momentane Entwicklung nicht, auch nicht die seines Mitarbeiters. Er hatte das Gefühl, dass viel mehr als ein Mord aus Rache dahinter steckte. Irgendetwas hatten sie übersehen. Aber was? Darüber grübelte er auf dem Weg zur Manteuffelstraße nach. Er wollte sich noch einmal mit dem ehemaligen Freund Leona Wetzlars unterhalten. Es
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