Todesschlaf - Thriller
Davies gestern so starkes Interesse gezeigt hatte, lag mit hervorquellenden Augen und heraushängender Zunge auf ihrem Bett und schlug um sich wie ein Fisch auf dem Trockenen, während sich auf ihrer Haut schnell zahlreiche violette Flecken bildeten. Und Gladys, die zuständige Krankenschwester, stand neben ihr und streichelte ihr den Kopf, als ob das irgendetwas nützen würde.
Timmie suchte nach einem Puls, obwohl sie das Ergebnis bereits kannte.
»Gladys, hat Alice einen Passierschein?«, wollte Timmie wissen, während sie Beatmungsschläuche und Kabel aus dem Rollwagen zerrte.
»Was?«
»Einen Passierschein! Eine Patientenverfügung! Ein Verzicht aufWiederbelebung!« Guten Tag, mein Name ist Peter, und ich darf Sie heute Nachmittag durch unsere Ausstellung begleiten …
»Nein! Natürlich nicht!«
Timmie seufzte. Die Lautsprecherdurchsage würde das Notrettungsteam der Notaufnahme auf die Station lotsen. Ein Blick auf das Chaos in Zimmer zwei würde ihnen die richtige Richtung weisen. In der Zwischenzeit, so dachte Timmie, konnte sie vielleicht etwas Sinnvolleres machen als » Alice? « sagen.
»Hier, Gladys.« Sie reichte ihr eine Atemmaske mit Atembeutel. »Sie drücken hier, ich übernehme die Brust. Los geht’s, fangen wir an.«
Gladys Gesicht war tränenüberströmt. »Sie war doch nicht einmal krank.«
Timmie zog sich einen Hocker heran, um einen besseren Hebel zu bekommen. »Tja, Schätzchen, aber jetzt ist sie’s.«
Es war eine einzige Katastrophe, aber das galt eigentlich für die meisten Restcrest-Notfälle. Zum Glück bekam Alice nichts davon mit, und die Angehörigen des Notrettungsteams hatten absolut nichts dagegen, dass Timmie bei ihrem Eintreffen über Alices zerbrechlichem Brustkorb kauerte und Wiederbelebungsversuche unternahm. Es dauerte zehn Minuten, bis sie unten in der Notaufnahme angelangt waren, und weitere zwanzig, bevor Barb ihre Bemühungen einstellte.Was sie auch versuchten, Alice zeigte keine Reaktion. Und Timmie musste sich fragen, wie, zum Teufel, Alice zum Opfer hatte werden können.
»Wir brauchen eine Autopsie«, sagte sie zu Barb, die gerade ihre schwungvolle Unterschrift unter die Krankenakte setzte.
Barb hob ohne erkennbare Reaktion den Blick und streifte die Handschuhe ab.
Mattie, die bereits dabei war, überflüssig gewordene Infusionsschläuche zu ziehen, konnte nicht so ruhig bleiben. »Was soll das denn heißen?«, sagte sie herausfordernd, die Hände voller Gummischläuche. »Dieses arme Ding da hat doch nichts weiter als ein verschrumpeltes Gehirn. Lass sie in Ruhe.«
Timmie warf Mattie einen kurzen Blick zu, aber ihr war klar, dass sie nicht die Zeit hatte, um es ihr zu erklären. Sie wandte sich wieder zu Barb. »Das ist mein Ernst«, sagte sie nur. »Kannst du das Blut auf Giftstoffe untersuchen lassen? Die Menge der verschriebenen Medikamente kontrollieren? Und schick sie auf keinen Fall nach unten, ohne mir Bescheid zu sagen. Ich werde versuchen, Van Adder dazu zu bringen, etwas zu unternehmen.«
»Aber sie ist doch gar kein Fall für den Leichenbeschauer«, sagte Barb leise. »Wie willst du das anstellen?«
»Ich habe Freunde in einflussreichen Positionen. Gib sie noch nicht frei. Bitte.«
Eine der anderen Schwestern klebte bereits lange Pflasterstreifen an das Bett, damit die Leiche bald eingewickelt werden konnte.
Barb zuckte nur mit den Schultern. »Warum nicht? Die Arbeit hier im Bezirk hat mir sowieso nie besonders viel Spaß gemacht.«
»Was redet ihr denn da?«, schaltete sich Mattie ein. »Hängt das etwa damit zusammen, dass Walter eure Mädchen jetzt immer von der Schule abholt?«
Timmie hatte keine Zeit zu antworten, weil Ellen zur Tür hereinschaute. »Mattie, die alten Damen auf der fünf verlangen nach dir.«
Genau zu diesem Zeitpunkt hörte Timmie etwas. Es wehte durch die Luft wie der Schrei eines Vogels. Unablässig, klagend und unbeeindruckt von besänftigenden Worten, Schreien oder Beruhigungsmitteln.
»Hilfe! … Hilfe! … Hilfe!«
Jetzt wusste Timmie, wieso Mattie so verärgert darüber war, dass sie versucht hatten,Alice das Leben zu retten.Timmie verstand, weshalb sie sich mit Tränen in den Augen der Tür zuwandte, in der Ellen auf sie wartete.
»Hilfe! … Hilfe! … Hilfe!«
Mrs. Clara Winterborn war wieder da. Genauso hirntot wie beim letzten Mal, genauso zerbrechlich und leer und welk. Noch älter als beim letzten Mal, als Timmie gezwungen gewesen war, ihr das Leben zu retten, nur damit sie jetzt erneut
Weitere Kostenlose Bücher