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Todesschlaf - Thriller

Titel: Todesschlaf - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Dreyer Leo Strohm
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gequält und geschunden und vor dem Tod gerettet werden konnte.
    Timmie versuchte, am Behandlungszimmer der alten Frau vorbeizugehen ohne das Häufchen Elend, das einst ein Mensch gewesen war, oder die beiden zerbrechlichen und aufgeregten Gefängniswärterinnen, die sie hier festhielten, anzuschauen. Sie schaffte es tatsächlich.
    »Hilfe! … Hilfe! … Hilfe!«

    Nicht ganz. Wie damals, als sie ihren Vater hatte nackt im Badezimmer stehen sehen - der erste männliche Erwachsene, den sie so ertappt hatte. Behaart und mächtig und wie von einem anderen Stern. Timmie hatte sich zutiefst erschrocken, hatte Abscheu und Widerwillen empfunden. Aber trotzdem hatte sie ihn angeschaut und nicht damit aufgehört, weil sie den Blick nicht von ihm wenden konnte. Genau wie jetzt, wo sie genauso viel Abscheu, genauso viel Schrecken empfand.
    »Ich wünschte, es gäbe jemanden, der sich dieser armen Seele so annimmt wie es da oben den Anschein hat«, murmelte Mattie im Vorbeigehen vor sich hin. »Ganz egal, was Walter und sein Gott dazu sagen. Es ist einfach nicht richtig.«
    »Mattie, das kann doch nicht dein Ernst sein«, flüsterte Ellen. »Nicht du.«
    Mattie verlagerte die Wischtücher und das Katheterzubehör, das sie im Arm hatte, und blickte sie böse an. »Doch. Ich.«
    Mattie hat Recht, dachte Timmie. Eigentlich sollte sie einfach nach Hause gehen. Sollte zulassen, dass sie Alice einen Zettel mit ihren Daten an den großen Zeh hängten und sie wie einen Braten einwickelten und in den Kühlraum schickten, wo man auch um sie trauern würde, aber nicht so sehr, wie wenn sie am Leben geblieben wäre.
    Doch stattdessen drehte Timmie sich um und ging die Treppe hinauf.
     
    Bei ihrer Ankunft in Restcrest herrschte noch mehr Durcheinander als bei ihrem Weggang vor einer Stunde. Es war jedoch kein wildes Durcheinander, ganz und gar nicht. Das hätte die Patienten nur nervös gemacht, und sie waren sowieso nervös, weil sie, genau wie Kinder und Pferde, allein an der Art und Weise, wie mit ihnen umgegangen wurde, die Unruhe spürten.

    Die Schreie waren schriller, durchdringender und zahlreicher. Aus den Bereichen mit den Stadium-zwei-Patienten drangen ein erhöhter Geräuschpegel und mehr als eine Auseinandersetzung an Timmies Ohr. Und auf Station fünf, wo sie mit Gladys sprechen und Alices Medikamente zur Analyse mitnehmen wollte, traf sie nicht eine, sondern gleich zwei Krankenschwestern an - schmallippig, tränenlos und so dünnhäutig, dass sie jeden Augenblick zu explodieren drohten. Die zweite Schwester war eine der Leiterinnen der Nachtschicht, was Timmie sehr entgegenkam.
    »Es tut mir leid«, sagte Timmie an Gladys gewandt. »Sie hat es nicht geschafft.«
    Gladys schloss die Augen. »Das verstehe ich nicht«, sagte sie. »Ich verstehe das einfach nicht.«
    »Nun, Miss Arlington ist jedenfalls hierher unterwegs, um es uns zu erklären«, sagte die Oberschwester trocken.
    Miss Arlington. Timmie hatte also nicht viel Zeit.
    »Sie müssen mir einen Gefallen tun«, sagte sie und hielt ihnen den zur Aufbewahrung von Beweismaterialien dienenden Kunststoffbehälter hin, den sie sich auf dem Weg aus der Notaufnahme schnell noch geschnappt hatte. »Alices Medikamente. Ich will sie analysieren lassen.«
    Gladys erblasste. »Also, ich weiß nicht …«
    Die Oberschwester blieb jedoch Gott sei Dank hart. »Also, ich schon. Nehmen Sie sie mit, bevor Mary Jane hier auftaucht. Falls hier irgendetwas nicht stimmt, dann ist sie die Letzte, die davon etwas wissen will.«
    Timmie zögerte. »Sind Sie sicher?«
    »Absolut sicher. Aber sorgen Sie dafür, dass es sich auch lohnt, dass ich meinen Job aufs Spiel setze.«
    »Sie müssen auf dem Klebeband da unterschreiben, mit Datum«, sagte Timmie. »Damit die Beweiskette lückenlos ist.«
    Gladys sah Timmie ungläubig an. »Beweiskette?«

    Die Oberschwester sagte kein Wort. Sie streckte lediglich die Hand aus, bis Gladys ihr den Schlüssel für den Medizinschrank übergab.
    Dann half sie Timmie beim Leeren der Schublade und schleppte Beutel mit Dulcolax und Maaloxan an, dazu Ticlopidin, Digoxin, Chlorazepat und Glycerincreme, diverse Röhrchen mit Lasix und Prochlorperazin, ganze Flaschen mit Kaliumchlorid-Infusionslösung, Haldol und Procainamid und ein halbes Dutzend weiterer Präparate, die Timmie zwar erkannte, aber nicht sofort zuordnen konnte. Aber nichts, womit Timmie nicht gerechnet hätte.
    Timmie und die Oberschwester setzten ihre Unterschriften auf das rote Klebeband, mit dem

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