Todesschlaf - Thriller
gehe jetzt nach Hause«, sagte sie mit erstickter Stimme. »Ich glaube nicht, dass ich noch irgendetwas davon hören möchte.«
Das Schlimmste an der ganzen Szene war, dass Timmie, während sie zusah, wie Ellen zur Tür hinausrauschte, sich nicht entscheiden konnte, ob Ellen aus Überraschung, aus Erleichterung oder aus Scham so reagiert hatte.
Dann geschah das Unvermeidliche, und auch Cindy musste noch ihren Senf dazugeben. »Du hast wirklich gar nichts kapiert, oder?«, sagte sie wutschnaubend und mit Tränen im Blick.
Timmie hatte den Blick nach wie vor auf Ellen gerichtet. »Was habe ich nicht kapiert, Cindy?«
Cindy schüttelte den Kopf und zitterte am ganzen Körper. »Glaubst du eigentlich, das Ganze ist ein Spiel, oder was? Sie ist deine Freundin. Sie hatte sich gerade wieder ein bisschen gefangen, nachdem dieses Arschloch endlich tot ist, und du gibst ihr die Schuld daran? Du bist doch nicht ganz dicht.«
»Dieses Arschloch ist ermordet worden, Cindy.«
»Na und? Etwa vom gleichen Täter wie Jason? Ich finde, du hast keinen Grund so garstig zu werden. Du solltest dich lieber dafür bedanken. Das würde ich jedenfalls machen.«
Und damit stolzierte auch sie davon.
»Na, das war ja mal ein durchschlagender Erfolg«, meinte Murphy.
Timmie sagte gar nichts. Sie war viel zu beschäftigt damit, ihren Vorstoß zu bereuen. Angesichts dessen, was sie damit angerichtet hatte.
Und plötzlich musste sie an Cindys Worte denken.
»Murphy?«
Er schaute sie grimmig an. »Ihr Gesichtsausdruck gefällt mir überhaupt nicht.«
Timmie gab keine Antwort. Sie ging einfach durch die spärlicher werdenden Reihen der Trauergäste bis zu einem ruhigen Plätzchen hinten im Wintergarten, wo eingetopfte Palmen dem draußen herrschenden Frost Widerstand leisteten.
Daran hätte sie schon früher denken müssen. Hätte sie vielleicht auch, wenn sie nicht in ihren Träumen ständig mit dem Versuch beschäftigt gewesen wäre, das Blut ihres Mannes von ihren Händen zu waschen.
»Leary?«, sagte Murphy. Er war ganz in der Nähe.
Timmie blickte unverwandt zum Fenster hinaus in einen Garten, der auch nach dem Eissturm des Jahrzehnts seine eleganten Formen bewahrt hatte. »Und wenn wir es bisher genau falsch herum betrachtet haben?«
»Falsch herum? Fängt es jetzt vielleicht gleich an, mich zu jucken?«
Timmie schaute in ihr Glas, aber es war leer. Als ob ihr das weiterhelfen könnte. »Denken Sie doch mal nach. Nach unserer bisherigen Theorie passt der Mord an Billy nicht ins Bild.«
»Zumindest nicht nach unseren bisherigen Erkenntnissen«, fügte er hinzu.
Timmie kniff die Augen zu einem schmalen Schlitz zusammen, um sich besser auf den Fehler in ihren Schlussfolgerungen konzentrieren zu können. »Denken Sie doch mal nach, was Cindy gerade gesagt hat, Murphy. Ich sollte dankbar sein. Also, oberflächlich betrachtet sollte ich das wohl. Ge
nau wie Barb und Ellen. Und all die Familien, die einen alten Angehörigen beerdigt haben.« Sie machte die Augen weit auf und wandte sich zu ihm. »Was haben alle diese Morde gemeinsam?«, fuhr sie fort. »Billy Mayfield hat seine Frau und seine Kinder misshandelt. Mit seinem Tod hatte das ein Ende. Victor hat Barb nicht nur betrogen, sondern wollte sie auch mit einer Prozesslawine überziehen. Jetzt muss sie sich weder mit den Gerichten herumschlagen noch sich Sorgen machen, ob seine weißen Schlampen ihre Mädchen vielleicht schlagen. Und die Angehörigen der verstorbenen Restcrest-Patienten mussten ruinöse Pflegekosten für ihre Lieben aufbringen. Das ist ihnen auch erspart geblieben.«
»Und Sie bekommen das Geld aus der Lebensversicherung.«
Timmie blinzelte. »Ich bekomme was?«
Murphy kniff die Augen zusammen, als wollte er ihre Ehrlichkeit auf die Probe stellen. »Die Lebensversicherung Ihres Exmannes. Sie brauchen sich in Zukunft keine Gedanken mehr zu machen, wie sie die Pflege Ihres Vaters finanzieren sollen.«
Jetzt war es Timmie, die den Mund sperrangelweit aufklappte, ohne dass ein einziger Laut herausdrang. Mit einem Mal konnte sie nicht mehr atmen. Sie starrte immer nur Murphy an und erwartete, dass er jeden Augenblick anfing zu lachen. »Murphy«, sagte sie schließlich. »Was, zum Teufel, reden Sie da?«
Murphys Augenbrauen zuckten nach oben. »Sie wollen mir doch nicht weismachen, dass Sie das nicht gewusst haben. Ich habe es von Micklind erfahren, während des Beerdigungsgottesdienstes. Und er hat gesagt, er weiß es von einer Ihrer Freundinnen.«
Es dauerte
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