Todesschlaf - Thriller
eine Sekunde, bis sie die Stimme wiedergefunden hatte. Und noch einmal ein, zwei Sekunden, bis sie den Mut aufbrachte zu fragen. »Wie viel?«
Murphys Stimme wurde genauso leise wie ihre. »Eine Viertelmillion?«
Timmie hatte das Gefühl, ohnmächtig zu werden, und das nicht nur aufgrund der Überraschung. »Er hat die Police garantiert auf jemand anders überschrieben. Hundertprozentig. So muss es sein. Er hat mich ge hasst !«
Köpfe wurden ihnen zugewandt. Timmie nahm es kaum wahr. Irgendwie konnte sie den Blick nicht von Murphy nehmen, der - wie seltsam - lächelte. »Aber seine Tochter hat er nicht gehasst.«
Timmie hätte jetzt etwas sagen sollen. Sie schaffte es bloß nicht. Stattdessen schob sie sich durch die umherstehenden Trauergäste und gelangte schließlich zu Micklind, der mit dem Rücken an der Wohnzimmerwand lehnte und die Menge beobachtete.
»Wer hat Ihnen von dieser angeblichen Lebensversicherung erzählt?«, wollte Timmie ohne Einleitung wissen.
Micklind zeigte keine Reaktion. »Keineswegs angeblich. Und so beeindruckend hoch, dass ich Ihr Alibi beinahe noch einmal gründlicher unter die Lupe genommen hätte. Ihre Freundin da hinten hat mir davon erzählt.
Timmie drehte sich um und stellte fest, dass er auf Mattie zeigte. Sie ging zu ihr, immer mit Murphy im Schlepptau.
»Woher weißt du das mit dieser Lebensversicherung?«, fragte sie ihre Freundin und hielt ihr Glas dabei so fest umklammert, dass es Dellen bekam.
Mattie lächelte, runzelte dann die Stirn und warf Murphy und Micklind je einen schnellen Blick zu. »Von Barb.«
Timmie wiederholte das Ganze und zog dieses Mal auch noch Mattie hinter sich her. Sie sparten sich aber alle etwas Zeit, da Barb mit einer wie erwartet weinenden Cindy am vorderen Fenster stand.
»Von Cindy«, erwiderte Barb auf Timmies Frage.
Cindy blickte mit rot geränderten, wässrigen Augen auf.
»Aber das haben mir seine Eltern erzählt«, sagte sie. »Gestern, bei der Totenwache.«
Wenigstens kamen sie ihr nicht alle nach, als sie ihre Exschwiegereltern zur Rede stellte.
»Aber wir haben natürlich gedacht, dass du das weißt«, sagte Betty Parker mit ihrer perfekt gedämpften Stimme. Nur tief in ihren Augen war eine Andeutung echter Trauer zu entdecken. »Wir haben sogar eine Zeit lang die Prämien bezahlt, als er … nun ja, sich in Vielem so unsicher gewesen ist. Er hat es uns aber zurückgegeben. Jeden Penny. Und natürlich hat er sein Testament niemals geändert. Du bist nach wie vor als Vormund für Meghan eingetragen, die alles bekommt, was er hat.« Sie schüttelte bedauernd den Kopf. »Aber wir dachten, dass du das weißt, Liebes.«
Timmie konnte nicht mehr tun, als den Kopf zu schütteln. »Nein. Und ihr habt gestern meiner Freundin Cindy davon erzählt?«
»Wir haben darüber gesprochen, denke ich. Ja. Die Leute sollen erfahren, dass Jason dich oder Meghan niemals wirklich im Stich lassen wollte, verstehst du? Ich habe noch am Abend bevor … am Abend, bevor es passiert ist, mit Jason gesprochen, und er hat mir gesagt, er hätte mit dir geredet. Und dass er dich besuchen wollte. Ich dachte … ich hatte gehofft …«
Timmie nickte. Sie war wie betäubt. So lange war sie voller selbstgerechter Empörung gewesen. Da war es nicht so leicht zu verkraften, dass Jason ihr mit der einen Hand all ihre Sicherheit hatte wegnehmen wollen, nur um sie ihr mit der anderen Hand wiederzugeben.
»Und deshalb war sein Tod ein richtiger Glücksfall für mich«, gestand sie Murphy schließlich, als sie fünfzehn Minuten später zusammen mit Mattie und Micklind im Wintergarten standen. »Ist es vielleicht denkbar, dass es bei dem Ganzen doch nicht um Restcrest geht?«
Mattie schüttelte nur unentwegt den Kopf. »Also, mir ist das alles ein paar Nummern zu hoch.«
»Wenn es nicht um Restcrest geht, worum dann?«, hakte Murphy nach.
Timmie hatte den sehnlichen Wunsch, niemals von dieser Lebensversicherung erfahren zu haben.Von dem Testament, das ihrer Tochter eine gute Ausbildung garantierte, während Timmie sich Gedanken gemacht hatte, wie sie Erdnussbutter und Marmelade bezahlen sollte. Das alles brachte sie nur durcheinander und lenkte sie von der eigentlichen Frage ab.
»Bis jetzt sind wir von der Annahme ausgegangen, dass Victor umgebracht wurde, damit er nichts über die Vorgänge in Restcrest ausplaudern kann«, sagte sie. »Dass Jason eine Drohung für mich sein sollte. Aber was, wenn sie Teil eines größeren Plans waren. Wenn es einen Todesengel
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