Todesschlaf - Thriller
neue Zusatzausbildung für Krankenschwestern. In anderen Bezirken werden forensische Krankenschwestern als Sonderinspektorinnen der Gerichtsmedizin eingesetzt, untersuchen Vergewaltigungen oder fungieren als Bindeglied zwischen Polizei und Krankenhaus. Sie sammeln Indizien, schalten sich bei Misshandlungen ein, solche Sachen eben. Und genau das habe ich am Medical Center der University of Southern California in Los Angeles gemacht.«
Alex nickte. Er war angemessen beeindruckt.
»Außerdem ist sie wahnsinnig hartnäckig«, fügte Barb
hinzu. »Sie kriegt jeden Hund wachgerüttelt, egal, wie tief er schläft.«
»Soll das ein Sprichwort sein?«, wollte jemand wissen.
»Nein, ein Haustier mit vier Beinen.«
Timmie warf der ganzen Versammlung grimmige Blicke zu. »Ja, ja, aber als ich euch den Trick mit den Weichspültüchern und dem Feuerzeug gezeigt habe, da habt ihr ganz anders geredet.«
»Das hast du bei der Forensik gelernt?«, sagte jemand. »Ich habe gedacht, du bist einfach nur verwirrt.«
»Sie ist verwirrt«, fiel Barb ein. »Deshalb macht sie ja dieses Forensik-Zeug.«
»Also, wie kommt es dann, dass du hier im Memorial arbeitest?«, wollte Alex wissen.
Timmie schüttete sich ein paar Schlucke Wasser in die Kehle und wandte sich zu Alex, der sie anlächelte. »Es war ein Angebot, das ich nicht ablehnen konnte. Nach einer Scheidung und einer Stellenstreichung habe ich plötzlich in einer Stadt gelebt, die sich mich nicht mehr leisten konnte. Also habe ich beschlossen nicht zu versuchen, mich dort irgendwie durchzuschlagen, sondern hierherzuziehen und mich hier irgendwie durchzuschlagen. Sie zuckte unbehaglich mit den Schultern. »Außerdem braucht mein Dad mich hier.«
»Aber er ist nicht der Grund, weshalb du mich sprechen wolltest, oder?«, sagte Alex und in seinen Worten lag so viel ehrlich gemeintes Mitgefühl, dass Timmie sich vor Schmerzen krümmte.
»Ich rufe dich morgen an«, log sie frech und war sich dabei sicher, dass er ihre Unsicherheit bemerkte. »Es ist nicht so dringend.«
Zum Glück steckte Cindy bis über beide Ohren in süßen Erinnerungen an ihre Post-Johnny-Depression und schaltete sich nicht ein.
»Dr. Adkins?«, meldete sich eine männliche Stimme zu Wort.
Timmie hob den Blick und sah einen zerzausten, nassen jungen Mann in der Tür neben dem Foto eines mürrisch dreinblickenden Konföderierten-Generals aus den Zeiten des Bürgerkriegs stehen. Es hätte nicht viel gefehlt, und sie hätte sich unter dem Tisch verkrochen. Seine Haltung kam ihr nur allzu vertraut vor. Sein Auftreten. Der rechteckige Briefumschlag in seiner Hand.
»Was denn?«, sagte Barb.
Der junge Mann lachte und kam zu ihr herübergehüpft. »Wow, er hat Recht gehabt. Sie sind wirklich nicht zu übersehen.«
Barb blickte ihn drohend an. »Was denn?«, sagte sie noch einmal.
Timmies Reflexe waren gut, aber nicht gut genug. Noch bevor sie ihm den Umschlag aus der Hand schlagen konnte, hatte der junge Mann ihn Barb übergeben. »Übergabe erfolgt, Madam. Ihnen noch einen schönen Tag.«
Nur mit Mühe schaffte er es bei lebendigem Leib bis zur Tür.
Timmie hatte Barb bisher noch nie so wütend erlebt. Es ging schnell, es war schrecklich und es war höllisch laut. Timmie hatte vier durchaus heftige Erdbeben miterlebt. Sie waren nichts im Vergleich zu dem hier.
»Ich glaube, wir sollten lieber …« In Deckung gehen hatte Timmie eigentlich sagen wollen. Doch sie war schon wieder zu spät dran.
Barb schoss aus ihrem Stuhl wie eine Mittelstreckenrakete. »Dieser Hurensohn!«, kreischte sie und ihre Stimme erreichte Höhen, die Timmie sonst nur von panischen Kleinkindern zu hören bekam. »Dieses schleimige, unerträgliche, ekelhafte Stück Scheiße!«
Wie hätten die Gebrüder Grimm das wohl ausgedrückt?
Sogar Travis Tritt verstummte angesichts dieser Eruption. Cindy zitterte so sehr, dass sie von zwei anderen auf dem Stuhl festgehalten werden musste. Die Billardspieler im angrenzenden Raum flohen unter die Tische als fürchteten sie, ein Tornado könnte die Fenster eindrücken.
»Also deshalb war er heute da!«, heulte Barb.
Timmie hätte schwören können, dass die Gläser in den Schränken wackelten und zarte Gemüter fluchtartig die Gegend verließen.
»Was ist denn los?«, sagte Alex. Er streckte ihr automatisch eine helfende Hand entgegen.
»Eine einstweilige Verfügung! Dieser zwergenwüchsige, nichtsnutzige Minischwanzträger will mich auf Unterhalt verklagen. MICH! Die Frau, die seine drei
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