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Todesschlaf - Thriller

Titel: Todesschlaf - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Dreyer Leo Strohm
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anzuziehen und nach Hause zu gehen, und dass er daraufhin gebrüllt hat, dass Frauen regelmäßig geschlagen werden müssen.«
    »Ja, genau. Wie Gongs«, erwiderte Timmie. »Das ist von Noël Coward.«
    »Von wem, Madam?«
    Timmie seufzte. »Ach, vergessen Sie’s.«
    Jetzt hatten sie die höchste Erhebung der Elm Street erreicht und wandten sich nach rechts der Kirche zu. Es war kurz nach zwei Uhr, also noch längst nicht Schichtwechsel im Krankenhaus, der ein solches Verkehrsaufkommen vielleicht gerechtfertigt hätte. Ein paar wenige Autos ließen das Wasser auf der Straße aufspritzen, und der Himmel war so trüb und grau, dass bereits die Straßenlaternen leuchteten. Timmie sah, wie etliche Fußgänger die Phalanx aus der Bar erblickten und ruckartig zu Stein erstarrten. Nicht weiter verwunderlich. Ein paar von ihnen trugen Pappbecher in der Hand. Einer oder zwei hatten sogar versehentlich ihr Billardqueue in der Hand behalten. Und Timmie führte sie alle zu ihrem Vater wie eine Horde Dorfbewohner zu Frankensteins Monster.
    »Dann hat er angefangen, unanständige Lieder zu singen«, teilte Officer Braxton ihr jetzt mit. »Er hat ja wirklich eine schöne Stimme.« Das Bürschchen schien überrascht zu sein.

    Timmie musste beinahe lachen. Er hatte eine wahrlich versteinerte Miene aufgesetzt, während der ganze Trupp durch die glitzernden, dunkler werdenden Straßen der Stadt lief wie eine Herde Lemminge auf der Suche nach der nächstgelegenen Klippe.
    »Er ist in den Sechzigern eine Zeit lang im Vorprogramm der Clancy Brothers aufgetreten«, erklärte sie ihm. »Und hat viele Stücke aus Greenwich Village mitgebracht.«
    »A-ha.« Was nichts anderes hieß, als dass er weder von den Clancy Brothers noch von Greenwich Village jemals gehört hatte. Verdammt, wahrscheinlich hatte er noch nicht einmal etwas von den Sechzigern gehört.
    Nun gut, wenn es etwas gab, worauf sie sich bei ihrem Vater verlassen konnte, dann waren es Ablenkungsmanöver zur rechten Zeit. Nichts lag Joe Leary ferner, als einfach in Würde zu altern. Oder wenigstens leise.
    Und angesichts der Tatsache, dass sie ihn, obwohl er noch zwei Häuserblocks entfernt war, singen hören konnte, zweifelte sie ernsthaft an ihrer Hoffnung, ihn zumindest irgendwie im Zaum halten zu können.
    »Too-rah-loo-rah-loo-rah-loo, they’re lookin’ f’r monkeys out in the zoo …«
    Auweia. Timmies Schritte wurden noch ein bisschen schneller und sie hoffte, dass niemand sich genötigt sah, den zuständigen Priester herbeizurufen. Ihr Vater sang mittlerweile mit seiner vollsten, schönsten Stimme eines seiner Lieblingslieder: »Sergeant McGrath«. Nicht gerade die beste Wahl in einer Kirche.
    Sie liefen natürlich immer noch bergauf. St. Mary’s of the River beanspruchte den höchsten Punkt der kleinen, auf den Uferhängen des Missouri errichteten Stadt. San Francisco im Kleinformat. Der Kirchturm war viele Kilometer weit zu sehen. Sauber und ordentlich ragte er in den wolkenverhangenen Himmel und krönte eine hübsche, kleine Backsteinkirche,
die bei jedem Betrachter einen ruhigen und friedlichen Eindruck hinterließ. Einmal abgesehen von der Musik, die aus ihrem Inneren drang und die alles andere als Kirchenmusik war.
    »… and if it was me, I had a face like you I’d join the British arm-y-y-y-y …!«
    Timmie hechelte wie ein Hund und fror gleichzeitig, weil das noch nicht getrocknete Bier auf ihrem Kopf sich mit dem Schneeregen vermischte.
    Dieser verdammte Alte. Er war fünfundsiebzig Jahre alt, aber wahrscheinlich den ganzen Weg hier heraufgerannt. Er hatte das Herz eines Fünfzehnjährigen. Timmies Brustkorb drohte zu zerspringen, aber sie wusste nicht, ob es daran lag, dass sie so schnell gerannt war, oder an der Tatsache, dass sie sich mit aller Gewalt das Lachen verbeißen musste.
    »Too-rah-loo-rah-loo-rah-loo …«
    »Oh, Daddy, nicht …« Keuchend war Timmie an der hohen, neugotischen Kirchenmauer angelangt und mit dem schmiedeeisernen Gitter zusammengeprallt. Sie brach sich die Ferse und humpelte weiter. Sie wollte unbedingt nach drinnen gelangen, bevor ihr Vater bei seiner Lieblingszeile angelangt war.
    »They’re lookin’ f’r monkeys down in the zoo …«
    »Wir haben versucht ihn festzuhalten«, versicherte ihr der Polizist.
    »Ganz falsch«, erwiderte Timmie und gelangte endlich zur Tür.
    »But if it was me, I had a face like you-u-u … I-I-I-I-I’d …«
    »Daddy, nein!«
    »… FUCK the British army!!«
    Sie hatte nicht Recht gehabt.

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