Todesschlaf - Thriller
Kinder großzieht, während er sich nur für seine Pistole und seine Handschellen interessiert. Unterhalt!« Barb kreischte und brachte schon wieder die Gläser zum Klirren. »Dem werde ich’s zeigen, verdammt noch mal. Unterhalt! So eine Schei ße, dem führe ich diesen Trick mit den Weichspültüchern vor!«
»Aber hast du nicht vorhin gesagt, er sei ein großer Schwanzträger?«, warf Cindy mit feuchten Augen ein.
»Er ist ein gottverdammt noch mal toter Schwanzträger!«, brüllte Barb.
»Das ist ein Fall für eine Forensik-Expertin«, warf irgendjemand ein.
»Das ist ein Fall für einen Rechtsanwalt«, gab Timmie ungerührt zurück.
Barb drehte sich mit blitzenden Augen zu ihr um. Nickte kurz. Dann strich sie ihren Rock glatt und stolzierte würdevoll aus dem Raum. Die einstweilige Verfügung war jetzt nicht mehr als ein kleiner, unförmiger Klumpen in ihrer geballten Faust.
»Also dann«, sagte Mattie aufgeräumt, während sie unverwandt
ihrer Freundin hinterherblickte. »Kann vielleicht jemand etwas Lustiges erzählen?«
»Genauso hat Ellen auch ausgesehen, nachdem Billy sie so angebrüllt hat«, sagte Cindy und nickte. »Genau so.«
Alle starrten sie an und drehten sich dann fast wie auf Kommando um, um Barb hinterherzusehen. Und dachten an die stille, zurückhaltende Ellen.
»Ach, das ist doch nicht dein Ernst«, widersprach jemand.
Cindy hob den Kopf. »Hat sie aber. Er hat sie damit so tief verletzt, dass sie …«
»Er ist tot, meine Liebe«, unterbrach Mattie. »Schluss jetzt!«
»Und Van Adder hat ihn einfach durchgewunken«, sagte Timmie wie zu sich selbst.
Mattie stürzte sich auf sie wie ein Racheengel. »Hör auf! Hör endlich auf!«
Timmie stierte genauso wütend zurück. Geheimnisse, dachte sie. Diese ganze Stadt war voller Geheimnisse und ständig kamen neue hinzu.Alle hatten sie Angst. Sogar Mattie. Und, wenn man es ganz genau betrachtete, sogar Timmie.
»Ist bloß eine schlechte Angewohnheit«, verteidigte sie sich, auch wenn sie wusste, dass Mattie sich nicht täuschen ließ. »Das bin ich eben so gewöhnt.«
»Ähm, Miss Leary?«
Alle Köpfe drehten sich in Richtung Tür.
»Ach, du Scheiße«, sagte eine Stimme im Raum. »Das ist ein Bulle.«
Timmies Herzschlag setzte für einen kurzen Moment aus. »Ja?«
Noch so ein glattgesichtiges Bürschchen. Nervös. »Ähm … na ja …« Mit stocksteifer Haltung sagte er, was er zu sagen hatte, als wäre es ein Geschichtsreferat. »Ihr Babysitter hat
gesagt, ich könnte Sie hier finden. Es geht um Ihren Vater. Er läuft in Unterwäsche durch die Stadt.«
Timmies erster Impuls war, aus glühend heißer, altvertrauter Scham knallrot anzulaufen.Also fing sie lieber schallend an zu lachen. Wer anders als Joe sollte dafür sorgen, dass ihr Leben so gründlich durcheinandergeriet? Das hieß wahrscheinlich, dass sie endgültig zu Hause angekommen war. Sie wandte sich an Mattie, wild entschlossen so zu tun, als wäre das Ganze ein Witz. »Wie hast du das denn hingekriegt?«
Mattie blickte sie mürrisch an. »Ja, genau, ich hab diesem Bürschchen gesagt, er soll hier reinkommen, falls dein Benehmen zu wünschen übrig lässt, und uns was über deinen Daddy verraten.«
Das hielt sie aber nicht davon ab aufzustehen, als Timmie aufstand. Es hielt niemanden davon ab. Timmie wollte das nicht. Weil sie genau wusste, was passieren würde. Doch so wie es aussah hatte sie keine Wahl. Die ganze Versammlung strömte hinter ihr zur Tür hinaus, und sie hatte wieder ein Geheimnis weniger.
6
»Wo ist er?«, fragte Timmie, während sie - die Hand zum Schutz vor dem Schneeregen über die Augen gelegt - die Elm Street emporeilten.Alex hatte angeboten, sie alle in seinem Auto mitzunehmen, aber der schnellste Weg zu der Stelle, wo ihr Vater zuletzt gesehen worden war, führte bergauf über Garageneinfahrten und durch Gärten.
In Unterwäsche. Bei diesen Temperaturen. Timmie würde jemandem den Kopf abreißen müssen.
»Sie versuchen, ihn in eine Kirche zu locken, Madam«,
sagte der Polizist im Laufschritt, während er mit einer Hand sein Pistolenhalfter festhielt. »Wir hielten das für einen sicheren Weg. Anscheinend versucht er, die Leute gegen den IRS aufzuhetzen.«
»Nein«, sagte Timmie. Wieso hatte eigentlich keiner der alten Hasen diesen Jungspund vorher aufgeklärt? »Er hat versucht, sie für die IRA zu gewinnen. Das ist ein Unterschied.«
»Davon weiß ich nichts, Madam. Ich weiß nur, dass Mrs. Charlton ihn aufgefordert hat, seine Kleider
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