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Todesschlaf - Thriller

Titel: Todesschlaf - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Dreyer Leo Strohm
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Sache nur schlimmer machen würde. Gegenwärtig schwankte seine Stimmung zwischen charmanten, ausufernden Vorträgen über die kostbaren Güter Geschichte, Literatur und Baseball auf der einen und grauenvollen Wutanfällen in der Nacht, wenn die Dunkelheit ihm die Sicherheit raubte, auf der anderen Seite.
    Er wollte weglaufen. Er wusste nur nicht mehr, wie er das anstellen sollte oder warum Timmie ihn unbedingt daran hindern wollte. Timmie, sein Baby. Timmie, die sich mit ihm immer zu den Nachmittagsspielen ins Stadion oder zu
abendlichen Musikveranstaltungen in die Stadt fortgeschlichen hatte. Timmie, die zu seinen Liedern gelächelt und seinen Idolen zugejubelt hatte.
    Als es schließlich Freitag wurde, war Timmie mit ihrem Latein am Ende. Ihre Freundinnen hatten sie unterstützt, ihre Tochter hatte sich eine imaginäre Spielgefährtin mit zwei Elternteilen und ohne Großvater ausgedacht, und Timmie hatte ihre eigenen Grenzen erfahren müssen. Sie war eine Unfallkrankenschwester. Sie konnte sehr schnell handeln und sofort reagieren. Aber es fiel ihr unendlich schwer mit einem Mann, dessen Zustand sich nie wieder verbessern würde, um jeden Zentimeter zu ringen, einfach deshalb, weil sie nicht die dazu notwendige Geduld hatte.
    Sie hatte immer gesagt, dass sie wirklich nur dann zu ihrem allerletzten Ausweg greifen wollte, wenn sie absolut keine andere Möglichkeit mehr sah. Dieser Punkt war erreicht, als sie eines Tages vom Einkaufen nach Hause kam, und ihr Vater eine Pistole auf sie richtete.
    »Lass das, Joe«, sagte sie, weil sie mittlerweile zumindest akzeptiert hatte, dass er sich als Joe deutlich besser in Erinnerung hatte als als Daddy.
    Er drückte den Rücken durch, bekleckert und zerzaust und verängstigt, während die Waffe in seiner Hand so stark zitterte, dass er wahrscheinlich eher die Zimmerdecke als Timmie getroffen hätte.
    Wo hat er das verdammte Ding bloß her?, fragte sie sich und stellte die Einkaufstüte auf einem Stapel alter Vorhänge ab. Sie kippte unverzüglich um und ließ Tomaten, Honigmelonen und Kopfsalat wie vegetarische Bocciakugeln durch das Zimmer rollen. Timmie würdigte sie keines Blickes.
    »Joe, leg die Pistole weg. Die brauchst du doch nicht.«
    »Ich … weißt du eigentlich, wie gefährlich das Viertel hier ist?«, erwiderte er und schwang die Waffe durch die Luft. »Ich muss mich schützen.«

    »Erzähl das dem Polizisten, der hinter dir steht«, meinte sie und schob sich langsam näher. Schwitzend. Was war mit der Babysitterin passiert? War etwa schon ein Schuss gefallen? War die Polizei vielleicht schon auf dem Weg hierher?
    Plötzlich fing ihr Vater an zu lächeln wie ein Chorknabe, den man beim Rauchen hinter dem Pfarrhaus erwischt hat. »Oh, Timmie, mein Mädchen, du lügst wie ein Anfänger.«
    »Du musst die Pistole weglegen, Dad. Du könntest jemanden damit verletzen.«
    »Ja, genau«, sagte er zustimmend und blickte das Ding an wie ein fremdartiges Insekt. »Mich.Wenn ich Glück habe.«
    Das nächste Zittern. Grässliche Bilder, wie das Gehirn ihres Vaters auf die Rosentapete ihrer Großmutter spritzte.
    »Aber doch nicht heute«, beharrte Timmie. »Heute ist doch das siebte Spiel der Play-Off-Serie. Milwaukee, Dad, weißt du noch? Du willst mir doch nicht erzählen, dass es dich gar nicht interessiert, ob die Cardinals es noch schaffen.«
    Unruhige Zuckungen überzogen sein Gesicht wie Wellen auf einem See. Unsicherheit, Scham, Furcht. Er kicherte, aber es war das Kichern eines Menschen voll schrecklicher Angst, etwas Wichtiges vergessen zu haben, ohne jedoch zu wissen, was.
    »Daddy, komm schon«, flehte Timmie und hoffte inständig, dass sie das Video finden konnte. Vorsichtig schob sie sich Schritt für Schritt durch ein Minenfeld aus Obst und Gemüse. »Das Spiel kann jede Minute losgehen. Du willst doch Ozzies Rückwärtssalto nicht verpassen, oder?«
    Die Pistole schwankte, senkte sich. Gerade, als Timmie mit einem letzten Sprung ihrem Vater die Waffe aus der Hand nahm, hörte sie die Sirenen.
    »Wir müssen uns beeilen«, drängte er und marschierte in Richtung Hinterzimmer, als wäre nichts gewesen.

    Timmie stand da und zitterte und wusste, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen war, um zu Kreuze zu kriechen.
     
    »Timmie? Bist du das?«
    Timmie saß in dem steifen, alten, braunen Ohrensessel im Wohnzimmer, das Telefon in der einen und ihren besten Louisville-Slugger in der anderen Hand. Damit hatte sie den Schaumstoffball bereits in weite Ferne befördert.

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