Todesschrei
hellwach und hatte den Kopf voller Ideen, was sich mit dieser riesigen freien Fläche mit der zehn Meter hohen Decke anstellen ließ. Ihr Hirn arbeitete auf Hochtouren.
Und ihre Nerven ebenfalls. Sie würde heute Abend Vito Ciccotelli treffen. Sie war angespannt. Und aufgedreht. Und spürte die Nebenwirkungen ihrer selbstauferlegten Enthaltsamkeit nur allzu deutlich. Sie hatte sich seit ihrem dummen Fehler mit Alan Brewster auf keinen Kollegen mehr eingelassen und mit anderen Männern höchstens oberflächliche und sehr kurze Beziehungen gehabt - gerade intensiv genug, um gewisse Bedürfnisse zu stillen. Aber nach einer Affäre, die nicht viel mehr als ein One-Night-Stand war, fühlte sie sich immer ziemlich schäbig und konnte sich nicht leiden. Bei Vito würde es anders werden. Da war sie sich sicher. Vielleicht hatte die Durststrecke nun ein Ende.
Aber alles zu seiner Zeit. Im Augenblick war sie begierig darauf, den Inhalt der Kisten, die sie aus ihrem Büro hierher geschafft hatte, zu erforschen. Sie hatte bereits einige echte Schätze entdeckt.
Ohne es zu wissen, war sie in ihrem Kämmerchen von mittelalterlichen Reliquien umgeben gewesen. Mit einer Brechstange öffnete sie nun die nächste Kiste, fegte Sägespäne beiseite und legte den Inhalt frei.
Die Schritte hinter sich hörte sie nur einen Sekundenbruchteil vor der Stimme. »Die kannst du nicht haben.« Erschreckt fuhr sie herum und schwang die Brechstange über ihren Kopf. Dann stieß sie den Atem aus. »Theo. Ich schwöre bei Gott, eines Tages tue ich dir noch weh.« Theodore Albright IV. stand im Schatten und sah sie streng an. Steif verschränkte er die Arme vor der breiten Brust. »Du kannst die Sachen nicht haben. Wenn Kinder hier reinkommen, machen sie sie bestimmt kaputt.« »Ich hatte nicht vor, irgendetwas Wertvolles einfach offen herumliegen zu lassen. Ich wollte Kunststoffreproduktionen machen lassen, sie in Stücke brechen und in der Erde verscharren. So wie wir zerbrochene Töpferwaren an einer Ausgrabungsstelle finden.«
Er sah sich in der Halle um. »Du willst es wie eine authentische Ausgrabungsstelle aussehen lassen?« »Das hatte ich vor, ja. Ich weiß, dass die Schätze deines Großvaters kostbar sind. Ich werde doch nicht zulassen, dass davon etwas beschädigt wird.«
Seine breiten Schultern entspannten sich. »Tut mir leid, dass ich dich erschreckt habe.« Sein Blick glitt zu der Brechstange, die sie noch immer in der Hand hielt. Sie bückte sich und legte die Stange ab.
»Schon gut.« Amanda Brewsters kleines Geschenk und das Gespräch mit ihr hatten sie wohl doch zittriger gemacht, als sie geglaubt hatte. »Also ... wolltest du etwas?« Er nickte. »Da ist ein Anruf für dich. Irgendein älterer Typ aus Paris.«
Maurice. »Aus Paris?« Sie packte ihn am Arm und führte ihn zur Tür. »Warum hast du das nicht sofort gesagt?«, fragte sie, während sie hinter sich abschloss. In ihrem Büro griff sie nach dem Hörer und stellte ihren Verstand auf Französisch ein. »Maurice? Hier ist Sophie.« »Sophie, meine Liebe. Wie geht es deiner Großmutter?« Sie hörte Furcht in seiner Stimme und begriff, dass er schlechte Nachrichten über Annas Gesundheit erwartete. »Sie ist zäh wie Leder. Aber sie ist nicht der Grund, warum ich anrufe. Entschuldige - ich hätte es dir sofort mitteilen müssen, damit du dir keine Sorgen machst.« Er stieß erleichtert den Atem aus. »Ja, hättest du, aber ich kann wohl kaum böse sein, dass du mir keine Hiobsbotschaften überbringst. Also - warum hast du angerufen?« »Ich recherchiere zu einem bestimmten Thema und habe gehofft, du könntest mir weiterhelfen.«
»Ah.« Das munterte ihn auf, und Sophie lächelte. Maurice war immer schon das größte Klatschmaul im Bekanntenkreis ihres Vaters gewesen. »Worum geht es?« »Also, hör zu ... «
Dienstag, 16. Januar, 20.10 Uhr
»Das Opfer ist also tatsächlich Bill Melville?«, fragte Liz am Telefon, während Vito seinen Wagen auf die Straße lenkte. »Seine Fingerabdrücke passen zu denen, die Latent in seiner Wohnung genommen hat. Er ist seit Halloween nicht mehr gesehen worden. Kids aus dem Wohnhaus haben erzählt, er hätte sich immer verkleidet und Süßigkeiten verteilt.«
»Klingt nach einem netten Kerl.«
»Na ja, ich weiß nicht. Er hat sich wohl als Ninja verkleidet. Die Kids glauben, er hätte das getan, um jedem klarzumachen, dass er mit Waffen umgehen kann - Nunchakus und so was. Auf diese Art wollte er wohl zeigen, dass mit ihm
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