Todesschrei
nicht zu spaßen ist. Aber er hatte leckere Süßigkeiten verteilt, also waren alle zufrieden.« »Warum war bisher noch niemand in seiner Wohnung?« »Melvilles Vermieter war drin, hat aber nichts Verdächtiges entdeckt. Wir hatten Glück. Der Vermieter wollte die Wohnung schon räumen lassen. Noch zwei Tage, und Melvilles Sachen wären im Müll gelandet.« »Und sein Computer? Bereinigt?«
»Jep. Aber.« Vito lächelte grimmig. »Bill hat ein paar E-Mails ausgedruckt. Und sie im Drucker liegenlassen. Er wurde von einem Typen namens Munch kontaktiert, der eine Dokumentation drehen wollte.«
»Haben Sie die E-Mail-Adresse?«
»Nein. Auf dem Ausdruck stand als Absender nur E. Munch. Wenn wir die Mail auf dem Rechner gelesen hätten, hätten wir nur den Namen anklicken müssen, aber natürlich war die Festplatte gelöscht. Das Gute ist, dass wir jetzt wenigstens einen Namen haben. Mit dem können wir bei den Leuten von der USA-Models-Seite hausieren gehen, deren Vita an den Tagen, die für uns wichtig sind, kontaktiert wurde.«
»Beverly und Tim haben es also geschafft, an den Verlauf der Seite zu kommen?«
»Ja. Die Inhaber sind ausgesprochen kooperativ. Sie wollen nicht, dass ihre Kunden ihre Benutzerkonten löschen, weil sie Angst vor einem Killer haben. Sie haben uns zwar keinen Freifahrtschein ausgestellt, werden aber mit Tim und Bev zusammenarbeiten. Die beiden wollen morgen anfangen, die Models zu besuchen, mit denen sich dieser Munch in Verbindung gesetzt hat.«
»Obwohl das ja wohl kaum sein echter Name ist. Fahren Sie zurück zum Büro?«
»Nein, ich bin gerade zu Hause angekommen.« Er hatte hinter Tess' Mietwagen und einem anderen geparkt, den er noch nie gesehen hatte. »Meine Neffen wohnen vorübergehend bei mir, und ich habe bisher kaum fünf Minuten mit ihnen verbracht. Ich werde meiner Schwester helfen, die Horde ins Bett zu schaffen, dann gehe ich etwas essen.« Und wenn er Glück hatte ... Seine Gedanken wanderten zu diesem einen Kuss. Er hatte ihn den ganzen Tag gepeinigt, ihn abgelenkt, war immer wieder ungebeten in seinem Verstand aufgetaucht. Was, wenn sie nicht käme? Wenn er sie doch aufgeben musste?
Sophie, bitte komm.
Vito stieg aus dem Truck, blickte durchs Fenster des fremden Wagens und sah im Fußraum McDonald's-Verpackungen und abgetretene Turnschuhe liegen. Teenies, vermutete er. Und als er die Haustür öffnete, entdeckte er, dass er recht gehabt hatte.
Mehrere Jugendliche hatten sich um einen Computer versammelt, den jemand in seinem Wohnzimmer aufgestellt hatte. Ein Junge saß in Vitos Lieblingssessel, die Füße hochgelegt, die Tastatur auf dem Schoß. Dominic stand hinter dem Sessel und blickte mit gerunzelter Stirn auf den Bildschirm.
»Hey«, rief Vito, als er die Tür schloss. »Was ist denn hier los?«
Dominies Blick flackerte. »Wir arbeiten an einem Schulprojekt, aber machen gerade eine Pause.« »Und was für ein Schulprojekt?«, fragte er. »Physik«, gab Dominic zurück. »Erde und Weltraum und so.«
Der Junge mit der Tastatur blickte mit einem zynischen Grinsen auf. »Was immer >und so< heißen soll«, sagte er, und die anderen kicherten.
Bis auf Dom. »Jesse, komm, mach das aus. Arbeiten wir weiter.«
»Kleinen Moment noch, du Weichei«, erwiderte Jesse. Doms Wangen färbten sich rot, und Vito verspürte einen Anflug von Mitgefühl für seinen ältesten Neffen, der mit seiner vernünftigen Haltung bei seinen Mitschülern vermutlich manchmal einen schweren Stand hatte. »Was spielt ihr denn da?«
»Behind Enemy Lines«,
sagte Dom. »Ein Kriegsspiel. Zweiter Weltkrieg.« Auf dem Bildschirm war das Innere eines Munitionslagers zu sehen, in dem bereits elf tote Soldaten mit Hakenkreuz auf den Ärmeln am Boden lagen.
Der Spieler blickte über einen Gewehrlauf auf die Szene. »Der Typ ist amerikanischer Soldat«, erklärte Dom. »Man kann die Nationalität und die Waffen wählen. Ein ziemlicher Renner im Moment.«
Vito betrachtete den Bildschirm. »Ernsthaft? Die Grafik sieht aus, als sei sie schon zwei, drei Jahre alt.«
Einer der Jungen sah interessiert zu ihm auf. »Sie spielen auch?«
»Manchmal.« Mit fünfzehn, als man noch in Spielhallen gehen musste, war er bei
Galaga
unschlagbar gewesen, aber er nahm an, dass er sich mit dieser Information als hoffnungslos altmodisch outen würde, daher hielt er besser den Mund. Er zog eine Augenbraue hoch. »Vielleicht kann ich ja hier noch etwas für meinen Job lernen. Zum Beispiel, wie man die bösen Jungs
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