Todesschrei
wollen Sie?«, fragte Van Zandt.
»Jager«, begann Musgrove, aber Van Zandt wandte sich mit einem Knurren zu ihm um.
»Halten Sie die Klappe und besorgen Sie mir einen richtigen Anwalt. Noch einmal, Detectives - was wollen Sie?« »Frasier Lewis«, sagte Vito. »Wir wollen den Mann, den Sie unter dem Namen Frasier Lewis kennen.«
Dutton, Georgia, Freitag, 19. Januar, 14.45 Uhr
Hätte sie ihm nicht beinahe die Hand zerquetscht, hätte man meinen können, Susannah sei die Selbstherrschung in Person, dachte Daniel. Ihre Miene war ausdruckslos, die Haltung aufrecht, und sie wirkte genauso gefasst, wie es in einem Gerichtssaal angemessen wäre. Doch sie standen nicht in einem Gerichtssaal. Hinter ihnen befand sich eine Mauer aus Reportern und blitzenden Kameras, und es kam ihm vor, als ob ganz Georgia sehen wollte, wer in Simons Grab beerdigt worden war. Daniel wusste, dass es sich nicht um Simon handelte.
»Daniel«, murmelte Susannah, »ich muss die ganze Zeit darüber nachdenken, was die Archäologin gesagt hat. Dass Dad nicht wollte, dass Mutter von Simon erfuhr.«
»Ja, mir geht es ähnlich. Dad muss gewusst haben, dass Simon noch lebt. Und das durfte Mom natürlich niemals herausfinden. Ich frage mich bloß, warum er die Bilder mit nach Philadelphia genommen hat.«
Susannahs leises Lachen war freudlos. »Er hat Simon erpresst. Überleg doch mal. Welchen Zweck soll dass alles hier gehabt haben?« Sie deutete mit dem Kopf auf den Kran, der in Position gebracht wurde. »Und wenn er das alles inszeniert hat - wie konnte er sicher sein, dass Simon nicht zurückkehren würde?«
»Er hat die Bilder als Versicherung behalten«, sagte Daniel müde. »Aber wieso das alles? Suzie, wenn du etwas weißt, dann sag's mir. Bitte.«
Susannah schwieg so lange, dass Daniel schon glaubte, er würde keine Antwort bekommen. Doch dann seufzte sie. »Als du noch zu Hause warst, war es schon schlimm, aber nachdem du aufs College gegangen warst, wurde es unerträglich. Dad und Simon stritten sich ständig, und Mutter versuchte immer zu vermitteln. Es war furchtbar.« »Und du?«, fragte Daniel sanft. »Was hast du getan, wenn sie stritten?«
Sie schluckte. »Ich sah zu, dass ich nicht da war. Ich engagierte mich in der Schule und nach der Schule und nahm an jeder Aktivität teil, an der ich teilnehmen konnte. Aber natürlich musste ich trotzdem irgendwann nach Hause, und meistens versteckte ich mich in meinem Zimmer. Das war das Einfachste. Eines Tages dann, Simon war gerade mit der High School fertig, lief alles aus dem Ruder. Es war ein Mittwoch, Mom war wie immer beim Friseur. Ich hörte von meinem Zimmer aus, wie Dad Simons Tür aufriss und ihn anbrüllte.«
Sie schloss die Augen. »Ich hörte etwas von Bildern. Damals dachte ich, es ginge um die, die ich unter seinem Bett gefunden hatte, aber nun glaube ich, die Bilder waren vermutlich die aus dem Umschlag im Postfach. Dads Wiederwahl zum Richter stand bevor, und er schrie Simon an, er schade seiner Karriere, seit er alt genug zum Laufen sei, aber nun haben er es zu weit getrieben. Und dann wurde es plötzlich still.« »Und weiter?«
Sie schlug die Augen auf und richtete den Blick auf den Kran. »Sie stritten weiter, aber zu leise, als dass ich sie hören konnte. Doch plötzlich brüllte Simon: >Bevor ich mich von dir ins Gefängnis bringen lasse, sehe ich dich in der Hölle, alter Mann.< Und Dad antwortete: >Die Hölle ist genau der richtige Ort für dich.< Simon erwiderte: >Du musst es ja wissen. Schließlich sind wir vom gleichen Schlag<.« Sie schluckte wieder. »Und dann fügte er noch hinzu: >Eines Tages ist meine Pistole die größere.<« Daniel stieß den Atem aus. »Lieber Gott.« Sie nickte. »Die Haustür fiel zu und ... Ich weiß nicht wieso, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, mich verstecken zu müssen. Ich kroch also in den Schrank, und einen Moment später hörte ich, wie die Tür auf- und wieder zuging. Ich denke, Dad wollte nachsehen, ob ich gelauscht hatte.« Er schüttelte den Kopf. »Suzie ...«
»Ich weiß nicht, was er getan hätte, wenn er mich entdeckt hätte. Am Abend kam Simon nicht zum Essen. Mutter war besorgt. Dad beruhigte sie, Simon sei vermutlich mit ein paar Freunden unterwegs und sie solle sich keine Gedanken machen. Ein paar Tage später erzählte Dad uns, dass Simon tot sei.«
Sie blickte zu ihm auf, und er sah die Qual in ihren Augen. »Die ganzen Jahre über habe ich geglaubt, dass Dad ihn umgebracht hat.«
»Warum hast du
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