Todesschrei
haben kein Geld.«
Krankenversicherung.
Simon hatte sich seine gestohlen. Vito sog scharf die Luft ein, als die Erkenntnis ihn wie ein Brett vor die Stirn traf. In all der Aufregung, mit all den neuen Informationen und unerwarteten Wendungen hatten sie das wichtigste Prinzip vergessen - der Spur des Geldes nachzugehen!
»Was ist?« Harry packte ihn am Arm. Offensichtlich sah man Vito seine plötzliche Erregung an.
»Mir ist plötzlich etwas eingefallen. Ich muss weg.«
Und schon hastete er auf den Fahrstuhl zu, während er gleichzeitig die Nummer von Bezirksstaatsanwältin Lopez wählte.
Samstag, 20. Januar, 21.50 Uhr
Er hatte sein Bein gerade noch rechtzeitig in die Steckdose gestöpselt. Er war in den letzten beiden Tagen derart beschäftigt gewesen, dass die Batterie beinahe versagt hätte. Es würde Stunden dauern, bis sie wieder voll aufgeladen war. Er hatte noch andere Beine zur Verfügung, aber keines davon war so beweglich und so verlässlich wie die Prothese, die er durch die Teilnahme an Dr. Pfeiffers Studie bekommen hatte, und er hatte die dumpfe Ahnung, dass er für die Tötung von Sophie Johannsen all seine körperliche Kraft nötig haben würde. Sie war kein fragiles Blümchen. Er setzte sich in seinem Atelier aufs Bett. Dr. Pfeiffer. Dr. Pfeiffer und seine Assistentin unterstützten die Polizei bei ihren Ermittlungen. Das war die einzige Erklärung für den Anruf, den er bekommen hatte. Komm, Simon, und hol dir dein Gleitmittel. Ha! Er hatte Ciccotelli mehr zugetraut. Es war ein Glück, dass er dieser Assistentin nicht erlaubt hatte, ihn zu fotografieren. Andernfalls würde Ciccotelli sein wahres Gesicht kennen. Und das konnte zum Problem werden, wenn er sich mit einer neuen Identität ausgestattet wieder in die Öffentlichkeit wagte.
Sobald Johannsen tot war, blieb nur noch die Brut des alten Mannes. Er lächelte und freute sich plötzlich auf die Familienzusammenführung. Besonders auf Daniel. Beinahe liebevoll betrachtete er die Falle auf dem Tisch neben dem nicht vollendeten Grabraster. Dass sein so sorgsam geplanter Friedhof nun unvollendet bleiben musste, nagte allerdings an ihm. Nun, er würde so oder so beenden, was sein Bruder so viele Jahre zuvor begonnen hatte. Er hatte so oft und so lebhaft von seiner Rache geträumt ... vielleicht hatte er das Glück auch in dieser Nacht.
Aber er war zu rastlos, um zu schlafen. Wäre sein Bein aufgeladen gewesen, wäre er gelaufen. Er musste seine überschüssige Energie loswerden, und er wusste auch schon, wie ihm das gelingen würde. Er zog sein altes Bein fest und durchquerte das Atelier bis zur Tür, die in die Treppe eingelassen war. Er öffnete und lächelte. Brewster hatte sich zusammengerollt und so klein gemacht, wie möglich. Aber er atmete.
»Na, die Hoffnung schon aufgegeben, Brewster ?« Der Blick des gefesselten Mannes flackerte, aber er gab keinen Laut von sich. Nicht einmal ein Wimmern. Mit Brewster konnte er es einbeinig in einem Wirbelsturm aufnehmen. Hätte er nicht andere Pläne mit ihm gehabt. »Weißt du, Alan, ich habe dir noch nicht richtig gedankt. Durch dich habe ich mein Dienstleistungsteam zusammenstellen können. Was für ein Glück, dass dein Name immer zuerst auftaucht, wenn man nach Experten in mittelalterlicher Kriegsführung sucht. Und was für ein Glück, dass du so ... hilfreiche Händler kennst - kanntest.« Er zog Brewster hoch, bis er mit dem Rücken an der Wand lehnte.
»Danke auch, übrigens, dass du mir von Dr. Johannsen erzählt hast, als sie aus Frankreich zurückgekommen war. Wie hast du sie noch genannt? Eine überaus fähige Assistentin. Und du hattest recht, mein Freund. Sie hat ein wirklich profundes Wissen. Selbstverständlich interessieren wir beide uns für ganz unterschiedliche Bereiche ihres Wissens. Und ich bin froh, dass du zu sehr mit deinen niederen Gedanken beschäftigt warst, um ihre akademischen Kenntnisse zu nutzen.«
Er richtete sich auf und betrachtete Brewster, während er die Szene im Geist plante. Van Zandt hatte recht gehabt, eine stattlichere Königin zu fordern, und nach gründlicher Überlegung hatte er auch einsehen müssen, dass Van Zandt mit der Morgensternszene nicht falschgelegen hatte. Er brauchte etwas mit mehr Pep, etwas, das dramatischer daherkam.
VZ hatte etwas explodieren sehen wollen. Simon lächelte. Nun, er hatte Van Zandt seinen Wunsch erfüllt, und zwar sehr direkt und ... intim. Dieses Mal würde er die Szene jedoch filmen.
Samstag, 20. Januar, 21.55
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