Todesschrei
Zahnbehandlungen analysieren lassen und gestern den Bericht erhalten. Ihre Füllungen bestehen aus einem Amalgam, das hier in den USA nicht verwendet wurde. In Deutschland in den Fünfzigern war es aber üblich.« Sie schüttelte den Kopf. »Allerdings weiß ich nicht, wie euch das weiterhelfen sollte. Nach dem Krieg sind Tausende von Menschen in die Staaten gekommen.« »Aber dieses Puzzleteil hatten wir bisher noch nicht. Reden wir noch einmal mit Harlan Winchester. Wir müssen mehr über seine Tante erfahren.«
Liz legte ihm die Hand auf die Schulter. »Ich habe eine bessere Idee. Nick und ich besuchen Winchester, und Sie fahren zu Sophies Familie.«
Vito schüttelte den Kopf. »Nein, Liz. Ich übernehme das.«
Liz' Lächeln war freundlich, aber bestimmt. »Zwingen Sie mich nicht dazu, Ihnen den Fall abzunehmen, Vito.« Vito klappte den Mund auf, dann wieder zu. »Sie wollen mich vom Eimer schubsen«, sagte er, als ihm plötzlich Dante und Sophie am Abend zuvor einfielen. »Ich weiß zwar nicht, wie Sie auf diese Metapher kommen, aber ja, wahrscheinlich will ich genau das.« Liz hob die Brauen. »Sie können im Moment nicht objektiv sein, Vito. Sie sind persönlich betroffen. Gehen Sie nach Hause. Ruhen Sie sich aus. Das ist ein Befehl.«
Vito stand auf. »Also gut. Aber nur heute Abend. Morgen früh bin ich wieder hier. Wenn ich nichts tun kann, um sie zu finden, werde ich verrückt, Liz.«
»Ich weiß. Vertrauen Sie uns, Vito. Wir werden jeden Stein umdrehen.« Sie wandte sich an Jen. »Sie waren die ganze letzte Nacht hier. Sie gehen auch nach Hause.« »Dagegen werde ich mich nicht wehren«, sagte Jen und klappte den Laptop zu. »Allerdings glaube ich kaum, dass ich es noch bis nach Hause schaffe. Ich denke, ich werde mich hier irgendwo hinlegen.« Sie drückte Vito fest an sich. »Gib nicht auf.«
»Nick, Sie kommen mit mir«, sagte Liz. »Ich hole meinen Mantel.«
»Okay.« Nick blieb neben Vito stehen. »Schlaf ein bisschen, Chick«, murmelte er. »Denk nicht nach, schlaf einfach. Du denkst viel zu viel.« Und dann waren Liz und er fort.
Brent zögerte, dann reichte er Vito die CD. »Ich dachte, du wolltest vielleicht eine Kopie.« Seine Lippen verzogen sich zu einem winzigen Lächeln. »Du hast eine verdammt fantastische Stimme, Ciccotelli. Als wir die Aufnahmen gesehen haben, mussten alle schlucken.«
Vitos Augen brannten. »Danke.« Dann war auch Brent fort, und Vito war mit Katherine allein. Ohne sich darum zu kümmern, dass sie es sah, wischte er sich mit dem Handballen die Tränen ab. «Katherine, ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
»Ich auch nicht. Außer dass es mir leidtut.« Er blinzelte. »Dir tut es leid?«
»Ich habe unserer Freundschaft diese Woche mehr geschadet, als ich geglaubt habe. Weil ich mich neulich so danebenbenommen habe, denkst du jetzt, ich gebe dir die Schuld daran. Aber nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein.«
Vito drehte und wendete die CD in seinen Händen. »Das solltest du aber. Ich gebe mir selbst die Schuld.« »Und ich verfluche mich, dass ich sie überhaupt in die Sache hineingezogen habe.«
»Mein Gott, ich muss immer an all die Opfer denken.« »Ich weiß«, sagte sie heiser.
Nun sah er sie an. Ihr Blick war gequält. Sie hatte in der vergangenen Woche zwölf Leichen obduziert, zwölf Menschen, die Simon Vartanian getötet hatte. »Du verstehst es besser als jeder andere.«
Sie nickte. »Und ich kenne Sophie Johannsen. Wenn es eine Möglichkeit gibt zu überleben, dann schafft sie es. Und daran musst du unbedingt festhalten, denn mehr haben wir im Augenblick nicht.«
Samstag, 20. Januar, 21.15 Uhr
Sophie erwachte. Sie schlug die Augen auf und ließ den Blick, soweit es ohne Drehung des Kopfes möglich war, nach links und rechts gleiten. Die Decke über ihr war schallisoliert. Sie kannte Ähnliches von den vielen Malen, die sie Anna ins Tonstudio begleitet hatte. Die Wände waren aus Stein oder sahen danach aus. Sie konnte nicht sagen, ob er echt war oder nicht. Die Fackeln in den Wandhaltern jedoch waren echt, und ihr Flackern warf seltsame Schatten an die Wände.
Es roch nach Tod. Sie musste an die Schreie denken. Gregory Sanders war hier gestorben. Wie so viele andere.
Und du wirst das auch.
Sie biss die Zähne zusammen.
Nicht, solange ich noch ein bisschen Kraft in mir habe.
Sie hatte zu viele Gründe zum Leben.
Der Gedanke war gut, aber leider lag sie, gefesselt an Händen und Füßen, auf einem Tisch. Breite Riemen sorgten
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