Todesschuss - Ein Nathan-McBride-Thriller (German Edition)
spürte, wie die Spannung zunahm. Er musste zum Gegenangriff übergehen. »Weil wir gerade beim Thema sind … wieso hast du mir Ernie auf dem silbernen Tablett serviert?«
»Was redest du da?«
»Das weißt du ganz genau. Du hast dafür gesorgt, dass Ernie an einem Ort ist, wo ich ihn leicht vor die Flinte bekomme.«
Leonard antwortete nicht sofort.
»War das so offensichtlich?«
»Er war dein Bruder. Wie konntest du so etwas tun?«
»Er hat mich verraten, da konnte ich ihm nie wieder trauen.«
»Er hat dich unter Folter verraten. Aber das ist nicht der wirkliche Grund, stimmt’s?«
»Was du nicht sagst.«
»Bist du wirklich so geldgeil, dass du deinen eigenen Bruder den Wölfen zum Fraß vorwirfst, nur damit du alles für dich behalten kannst?«
»Sagen wir es mal so … du hast ihm einen Gefallen getan. Ihm und der ganzen Welt.«
»Was ist los mit dir, Lenny? Hast du keine Eier in der Hose? Warum hast du es nicht selbst erledigt?«
»Ich hab ihn stattdessen benutzt. Eigentlich hätte ich dich anhand deines Schusses finden müssen. Du hast Glück gehabt, McBride.«
»Das Geld kannst du dir abschminken. Ich werde es für einen wohltätigen Zweck spenden. Wie wär’s mit einer Spende für behinderte Kriegsveteranen? Du bist doch auch einer, oder?«
»Sehr witzig, McBride.«
»Grüße Ernie von mir, wenn du ihn in der Hölle siehst.« Nathan schaltete das Funkgerät aus.
Als er noch fünfzig Meter von Harvs Versteck entfernt war, imitierte Nathan das Zwitschern eines Vogels – das vereinbarte Zeichen. Als Harv das Signal erwiderte, stieg er zu seinem Partner empor.
»Bin verdammt froh, dich zu sehen«, sagte Harv, als Nathan sich neben ihm niederkauerte.
»Tut mir leid, dass ich zu spät komme, aber ich hatte eine Auseinandersetzung mit einem Einheimischen.«
»Ich hab deinen Wortwechsel mit Leonard gehört. Was war das mit dem Berglöwen?«
»Erzähl ich dir später.«
»Lebt Grangeland noch?«, fragte Harv.
»Ja. Ich hab gesehen, wie sie sich bewegt hat. Allerdings weiß ich nicht, wie schwer sie verletzt ist.«
»Scheiße.«
»Wir dürfen nicht zulassen, dass sie stirbt. Ihr Leben ist wichtiger als Leonard.«
»Ja, aber vielleicht stirbt sie auch so. Oder Leonard tötet sie. Er hat ja selbst den eigenen Bruder geopfert.«
»Hier ist mein Plan. Ich lenke Leonard ab und locke ihn hierher, während du dich zu Grangeland begibst und sie hier rausfliegst. Er kann sich schließlich nicht teilen. Wenn er hier ist, kann er nicht gleichzeitig den Hubschrauber im Auge behalten.«
»Ich kann dich unmöglich hier zurücklassen. Und ich hab das Ding noch nie allein geflogen.«
»Harv, ich muss Leonard töten. Er hat noch jede Menge Semtex. Wir können nicht riskieren, dass er sich irgendwann an uns rächt, oder noch schlimmer, dass er deiner Familie etwas antut. Das weißt du ganz genau. Und was das Fliegen angeht, sehe ich kein Problem. Du hast bereits Dutzende von Starts und Landungen hinter dir. Du kannst das. Halte dich beim Start strikt an die Checkliste. Achte darauf, dass du sanft abhebst. Du wirst es schon schaffen.«
»Ich komme mir vor, als ob ich dich im Stich lassen würde. Du blutest ziemlich stark.«
»Du rettest Grangeland das Leben. Mach dir mal keinen Kopf wegen Leonard, der hat gegen mich keine Chance. Er muss sterben, Harv. Allein schon um deiner Familie willen.«
»Versprich mir, dass du mir nicht heimlich folgst und mir auf deine Kosten Rückendeckung gibst.«
»Das verspreche ich.«
»Hier hast du vier von meinen Sig-Magazinen. Ich brauche sie nicht, aber du vielleicht schon.«
Nathan steckte sie in seine Taschen. »Gib mir auch noch sicherheitshalber die Angelschnurspule aus deinem Rucksack und dein Predator-Messer.«
Harv drehte sich um, sodass Nathan die Spule aus dem Rucksack hervorkramen konnte. Dann bückte er sich, entfernte die Knöchelscheide und gab sie Nathan. Der schnallte sie sich an den unverletzten linken Fußknöchel.
»Wie viel Zeit soll ich dir geben, bevor ich Hilfe anfordere?«, fragte Harv.
»Zwei Stunden, gerechnet von dem Zeitpunkt, an dem du den Hubschraubermotor startest. Kümmere dich um Grangeland und mach dir um mich keine Sorgen.«
»Du wirst keine zwei Stunden durchhalten. Du verblutest langsam.«
»Wird schon schiefgehen. Bring Grangeland ins Krankenhaus. Flieg direkt auf den Hubschrauberlandeplatz.«
»Scheiße.«
»Los, verschwinde. Zum Abschiednehmen haben wir keine Zeit.«
»Nathan, ich …«
Er lächelte. »Geh schon
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