Todesschuss - Ein Nathan-McBride-Thriller (German Edition)
Bordtelefon Holly anrief. Nathan warf ihm einen Blick zu, aber leider war es nicht möglich, das Gespräch auf Lautsprecher zu stellen. Henning redete nicht lange und legte auf.
»Sie hat Assistant Special Agent in Charge Pallamary im Fresno-Büro kontaktiert. Ein Agent wartet am Flughafen auf uns.«
»Ist das für Sie in Ordnung?«, fragte Nathan.
»Ich befolge nur Anweisungen.«
Nathan konnte den Frust in Hennings Stimme nicht überhören. »Interpretieren Sie nicht zu viel hinein. Wie ich schon sagte, es steht viel auf dem Spiel.«
Henning erwiderte nichts darauf, sondern lehnte sich zurück und starrte geradeaus. Nathan konnte seinen Frust verstehen, wusste aber, dass die zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen, die Lansing und Holly getroffen hatten, bestimmt kein schlechtes Licht auf Hennings Kompetenz oder Loyalität werfen sollten. Nathan war zwar mit den Methoden des FBI nicht vertraut, stellte sich aber vor, dass die Organisation ihren Agenten draußen an der Front jede nur mögliche Unterstützung zukommen ließ – eine Vorgehensweise, die den größtmöglichen Erfolg versprach. Obwohl er eigentlich am liebsten allein arbeitete, nahm er sich vor, vorerst mitzuspielen. Immerhin bot ihm der Learjet einen unschätzbaren Vorteil, auf den er nicht so einfach verzichten wollte. Dass das FBI ihm mit Bruce Henning ein manchmal lästiges Anhängsel untergejubelt hatte, war der Preis dafür – wobei er zugeben musste, dass Henning ihn bisher mehr unterstützt als behindert hatte. Irgendwann würde der Augenblick kommen, in dem er sich von seinen Freunden vom FBI trennen musste, aber bis dahin konnte er gut mit ihnen leben.
Der Learjet landete kurz nach zwölf Uhr Ortszeit in Fresno. Als die Maschine auf den Bereich des Flugplatzes zurollte, wo sich die Kurzzeitparkplätze für die allgemeine Luftfahrt befanden, warf Nathan einen bewundernden Blick auf die Kampfjets vom Typ F-16C Falcon, die vor dem Hangar der Air National Guard herumstanden. Es waren schöne Maschinen, praktisch in Design undFunktion. Obwohl er es sich eigentlich nicht vorstellen konnte, fragte er sich, ob es vielleicht irgendwann langweilig wurde, so ein Ding zu fliegen.
Nachdem Jenkins den Learjet geparkt hatte, erblickte Nathan einen Mann, der vor einem langen Hangar neben einem unauffälligen Wagen wartete. Das konnte nur die Kontaktperson vom FBI sein. Nathan ging davon aus, dass der Agent von seinen Vorgesetzten über Nathans Ziele und Spielregeln unterrichtet worden war. Was die Einstellung des Mannes anging, hatte er keine großen Erwartungen, hoffte jedoch, dass die Begegnung nicht ähnlich ablaufen würde wie sein erstes Treffen mit Bruce Henning ein paar Tage zuvor. Da der FBI-Direktor persönlich Nathan den Learjet zur Verfügung gestellt hatte, hoffte er, dass dieser neue Agent Diskretion wahren würde – ein Learjet vermittelte schließlich den Eindruck, dass es sich bei dem Passagier um eine wichtige Person handelte. Jedenfalls konnte Nathan sich an diesen VIP-Status gewöhnen.
Während die Motoren des Flugzeugs herunterfuhren, erschien Williamson, der Kopilot, und öffnete die Tür an der Seite des Rumpfs. Sie verabschiedeten sich voneinander. Anders als in Fort Leavenworth herrschten hier extrem niedrige Luftfeuchtigkeit und strahlender Sonnenschein. Nathan ging mit Henning über das Rollfeld. Zu ihrer Rechten parkten mehrere Privatflugzeuge.
Der FBI-Agent kam ihnen entgegen. Er trug eine hellbraune Hose und eine dunkelblaue Windjacke, die die Dienstwaffe in seinem Hüftholster verbarg. Nathan schätzte ihn auf Mitte vierzig. Er hatte kurz geschorene, dünne Haare und ergraute Schläfen. Ein ehemaliger Polizist oder Soldat, dachte Nathan. Als verdeckter Ermittler wäre der Mann völlig ungeeignet. Er stellte sich ihnen als Special Agent Paul Andrews vor und musterte Nathan zunächst von Kopf bis Fuß. Dann lächelte er und gab ihm die Hand.
Amber Sheldons Apartment lag im Nordosten von Fresno in einem gemischten Viertel mit Wohn- und Gewerbeimmobilien. Es gehörte zu einer größeren Anlage mit identischen, paarweise angeordneten Wohneinheiten und Parkplätzen auf beiden Seiten.Im ersten Stock verliefen längs der Gebäude Gänge, die man über vorgefertigte Betontreppen an beiden Enden erreichte. Der Highway 41 befand sich ein paar hundert Meter weiter nördlich. Man konnte die viel befahrene Straße nicht sehen, dafür aber den Verkehrslärm hören. Andrews parkte den Wagen auf der Westseite der Wohnanlage, wo man
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