Todessommer: Thriller (Rebekka Holm-Reihe) (German Edition)
und ein ziemlicher Besserwisser, der unablässig auf die Fehler seiner Kollegen hinwies und alles tat, damit die Chefs seine Arbeitsergebnisse zur Kenntnis nahmen. Kurz gesagt, ein unerträglicher Typ, den sie normalerweise mied, wo es nur ging.
Die nächsten zehn Minuten verwandte Rebekka darauf, alles vorzubereiten. Saubere Kaffeetassen mussten her, und das Büro musste aufgeräumt werden. Sie und Reza waren ziemlich unordentlich, überall im Raum lagen Papierstapel herum, und auf den Schreibtischen gab es eingetrocknete Kaffeeflecken in den unterschiedlichsten Größen. Rebekka beseitigte die schlimmsten Spuren von Kaffee und Krümeln und schob ein paar Stapel mit den Zehenspitzen diskret in die Ecke. Langsam sackten die Türme in sich zusammen, die Unterlagen breiteten sich auf dem blauen Teppichboden aus und nahmen noch mehr Platz ein als vorher. Rebekka sah sich das Chaos einen Moment an, dann beschloss sie, Unordnung Unordnung sein zu lassen.
»Da bin ich.«
Simonsen stapfte ins Büro und begann sofort, Rebekka über einige seiner letzten Ruhmestaten aufzuklären, wurde aber glücklicherweise schon bald von einem älteren Ehepaar unterbrochen. Die beiden sahen sich verschüchtert im Büro um und setzten sich vorsichtig auf die äußerste Kante ihrer Stühle. Rebekka gab sich große Mühe, dass sie sich wohlfühlten. Sie goss ihnen heißen Kaffee ein, bot ihnen Kekse an und machte Small Talk, bis die Frau entspannt genug schien, um mit der eigentlichen Befragung zu beginnen.
»Ich war so erschrocken, als ich das Bild des kleinen Mädchens im Fernsehen gesehen habe. Ich meine, man denkt doch nicht, dass man jemals in so etwas verwickelt wird und sich, wie soll ich sagen, plötzlich im Auge des Orkans befindet.« Sie beugte sich zu Rebekka vor und flüsterte: »Gibt es irgendetwas Neues? Man hofft schließlich noch immer, dass ihr nichts Schlimmes passiert ist. Ihr ist doch nichts geschehen, oder?«
Simonsen antwortete an Rebekkas Stelle. »Wir können zum momentanen Stand der Ermittlungen leider nichts sagen. Wir versichern Ihnen, dass alle Ressourcen eingesetzt werden, um Sofie Kyhn Larsen zu finden. Und wir hoffen, dass Sie oder Ihr Mann wichtige Informationen beisteuern können, die uns weiterhelfen.«
»Natürlich.« Die Frau richtete sich auf ihrem Stuhl auf und streckte ihren Rücken. »Es fällt mir schwer, mich zu erinnern, was genau ich gesehen habe, auch weil ich nicht geglaubt habe, dass diese Episode irgendeine Bedeutung für mich oder jemand anderen haben könnte. Na gut, wo waren wir …«
»Du wolltest erzählen, was du gesehen hast, von Anfang an«, half der Ehemann, schwieg aber sofort, als seine Frau ihm einen wütenden Blick zuwarf.
»Würde es Ihnen helfen, wenn wir zu dem Naturspielplatz hinausfahren und uns den Ort noch einmal ansehen?«, fragte Rebekka. Die Erfahrung hatte gezeigt, dass es den meisten Zeugen sehr viel leichter fiel, sich wichtige Details in Erinnerung zu rufen, wenn man sie an den Ort zurückbrachte, wo der Vorfall sich ereignet hatte.
»Vermutlich ja. Es ist hier drinnen«, die Frau zeigte mit dem Finger auf ihren Kopf, »aber es fällt mir schwer, mich an alles genau zu erinnern.«
Eine halbe Stunde später parkten Rebekka und Simonsen das zivile Polizeiauto neben der Einzäunung des Naturspielplatzes. Das Ehepaar stieg aus, die schlaffen Wangen der Frau hatten Farbe angenommen, und sie zeigte aufgeregt zu der anderen Seite des Wegs hinüber, ein paar Meter von der Stelle entfernt, an der Steffen Sofies Pullover gefunden hatte.
»Es war dort drüben.«
Die Frau ging mit schnellen Schritten den Weg zu dem Rasen hinüber, der an das Wäldchen am Rand des Spielplatzes grenzte. Rebekkas Herz schlug schneller.
»Er ist da über den Rasen gekommen, als wäre er über den Zaun gestiegen. Er hat sie getragen, wie man ein Kind trägt, das schläft, Sie wissen schon – einen Arm unter den Schultern und einen unter den Beinen.«
Rebekka und Simonsen hörten abwartend zu, was die Frau erzählte. Anita Kyhn zufolge war ihre Tochter ungefähr einen Meter dreißig groß und wog zirka dreißig Kilo.
»Hatten Sie den Eindruck, dass das Mädchen schlief …?«
Die Frau nickte. »Ja, die Arme hingen schlaff herunter … sie hat geschlafen, vielleicht war sie auch krank. Ich weiß es nicht. Ich habe die beiden nicht so genau gesehen, es ging alles so schnell. Ich habe sie nur ganz kurz gesehen. Unser Auto stand dort drüben bei dem Schild.« Die Frau zeigte auf ein
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