Todessommer: Thriller (Rebekka Holm-Reihe) (German Edition)
Schild in ungefähr zwanzig Metern Entfernung.
»Was fällt Ihnen als Erstes zu dem Mann ein, der sie getragen hat?«
»Dass er dunkles Haar hatte, sehr dunkles, möglicherweise schwarzes.«
Bo hatte dunkle Haare, während Steffen und Mark blond waren. Die Frau sah mit einem vorsichtigen Lächeln zu Rebekka hoch und erinnerte sie an einen kleinen Hund, der auf eine Leckerei hoffte. Rebekka mochte sie nicht, ihr Bemühen um Lob hatte etwas Unterwürfiges. Sie schluckte ihr Unbehagen hinunter.
»Gut. Und weiter? Können Sie etwas zu Alter, Körperbau, Gesichtszügen und Hautfarbe sagen?«
Das Lächeln auf dem Gesicht der Frau verblasste.
»Leider nein. Ich habe immer wieder nachgedacht, mir die Episode immer wieder ins Gedächtnis gerufen. Ich sehe nur diesen schwarzhaarigen Mann, der ein Schulmädchen trägt. Mehr ist da nicht …«
»Sie sagen, dass der Mann dunkles oder schwarzes Haar hatte. War er womöglich Afrikaner …?«
»Nein, es war nicht lockig, es war kurz, glatt und schwarz.«
»Was ist mit der Hautfarbe? Hatte er eine dunkle Hautfarbe?«
Die Frau biss sich skeptisch auf die Lippe. »Ich weiß es nicht. Ich denke, seine Haut war nicht sehr dunkel, sonst wäre mir das wohl aufgefallen. Aber sie kann schon mittelbraun gewesen sein.«
»Lassen Sie sich Zeit. Sehen Sie sich in Ruhe um.«
Die Frau stand eine Weile da, verlagerte das Gewicht erst auf ihren einen Gesundheitsschuh und dann auf den anderen und sah sich vorsichtig um. Dann meinte sie plötzlich: »Er war nicht mehr jung, glaube ich. Es war kein ganz junger Mann. Aber ich kann nicht erklären, wie ich darauf gekommen bin, denn ich erinnere mich nicht wirklich an seine Gesichtszüge, aber da war irgendetwas an seiner Haltung.«
»Auf welches Alter würden Sie denn tippen?«
»Ach, heute ist es so schwer, das Alter der Leute zu bestimmen. Mit Schönheitschirurgie lässt sich doch alles bewerkstelligen. Die Leute verwandeln sich, verstecken sich, verkleiden sich. Ich weiß nicht, warum ich das plötzlich mit dem Verkleiden sage …« Wieder ein entschuldigendes Lächeln.
»Ich bin mir sicher, dass Ihnen genau diese Worte einfallen, weil sie von Bedeutung sind. Versuchen Sie nachzudenken.« Rebekka lächelte der Frau aufmunternd zu.
»Wie können Sie so sicher sein, dass das überhaupt Sofie Kyhn Larsen war, die Sie gesehen haben?«, wollte Simonsen wissen. Die Frau sah ihn an, während plötzlich eine bekümmerte Falte ihre Augenbrauen teilte.
»Ich habe sie doch gesehen … oder genauer gesagt, ich habe etwas von ihr gesehen.« Die Falte wurde tiefer. Rebekka spürte die Hoffnung schwinden und war gleichzeitig erleichtert. Wenn das Mädchen, das die Frau gesehen hatte, doch nicht Sofie gewesen war, bestand immer noch Hoffnung, dass kein Verbrechen vorlag.
Eine Amsel zwitscherte laut in ihrer Nähe.
»Ganz sicher bin ich mir nicht. Aber irgendwie doch. Sie hatte die Sachen an, die in dem Steckbrief aufgelistet sind, das lila Unterhemd und den Rock. Und sie hatte langes, blondes Haar.« Die Frau stand einen Augenblick mit hängenden Armen da, dann brach es leise aus ihr heraus: »Ich fühle mich so schlecht, so richtig schlecht, weil ich nichts unternommen habe. Wenn ich sie doch angesprochen hätte … oder mir die Nummer des Autos aufgeschrieben hätte.«
Rebekka antwortete nicht, sondern nickte nur. Die Tendenz in der Bevölkerung war leider die, dass mehr und mehr Leute geneigt waren, den Mund zu halten und sich nicht einzumischen aus Angst, selbst angegriffen zu werden.
»Versuchen Sie, die Augen zu schließen und an das Auto zu denken. Marke, Farbe, andere Kennzeichen.«
Die Frau schloss gehorsam die Augen. Einige Minuten stand sie so da, bis sie besorgniserregend zu schwanken begann. Sie schlug die Augen wieder auf und schüttelte langsam den Kopf.
»Das Auto war dunkel, vielleicht schwarz oder dunkelblau, ja, ich glaube, es war dunkelblau. Ein ganz gewöhnliches Auto mit vier Türen.«
Ein vorsichtiges Lächeln ließ ihr Gesicht weicher erscheinen.
»Ich kenne mich mit Autos nicht aus. Mein Mann, Kurt, ist da viel besser.« Der Ehemann nickte, eindeutig zufrieden, in das Gespräch einbezogen zu werden.
»Haben Sie etwas gesehen?«, wandte sich Simonsen an den Mann, der den Mund aufmachte, um zu antworten, von seiner Frau aber mit einer Handbewegung zum Schweigen gebracht wurde wie ein störendes Insekt und nur den grauen Kopf schüttelte.
»Kurt hat die Episode leider nicht mitbekommen. Er saß mit Hjalte auf dem
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