Todessommer: Thriller (Rebekka Holm-Reihe) (German Edition)
aufgeklärt worden war.
»Wenn das so weitergeht, musst du mir versprechen, zum Arzt zu gehen. Dich untersuchen zu lassen. Nur sicherheitshalber.«
Das versprach Rebekka, und anschließend redeten sie nonstop, bis Dorte widerstrebend erkannte, dass sie jetzt gehen musste , obwohl sie am liebsten geblieben wäre.
Rebekka war auf dem Weg ins Bett, als eine SMS auf ihrem Handy einging. Sie war von Ryan und nur ganz kurz: »Another one? Call me.« Sie rief ihn sofort an, glücklich, den Fall mit ihm durchsprechen zu können.
Ryan meldete sich beim ersten Klingeln, und allein der Klang seiner gedämpften Stimme wirkte beruhigend. Sie informierte ihn kurz über den Fall Caroline Nørvang, erzählte von Søren Thomsens falschem Geständnis, und Ryan fluchte leise, während sie mit ihrem Bericht fortfuhr.
»Verdammt, Rebekka. Ich fürchte, dass auch dieser Fall einen bösen Ausgang haben könnte. Das ist natürlich nur ein Gefühl, aber ein Gefühl, das auf meiner Erfahrung basiert und …«
»Ich habe dasselbe Gefühl«, unterbrach sie ihn.
»Gibt es irgendetwas, das die Mädchen miteinander verbindet, selbst wenn es nur eine Winzigkeit ist?«
»Absolut nichts. Wir sind alles durchgegangen. Sie kennen sich nicht, sie kommen aus unterschiedlichen Schichten …«
»Was verbindet sie typmäßig?«
»Sie sind gleichaltrig, sie sind ziemlich schlank, sie sind blond, haben blaue Augen, und außerdem …« Sie zögerte, was Ryan nach dem Grund fragen ließ.
»Na ja, dieser Punkt ist schwer in Worte zu fassen. Vielleicht könnte man sagen, dass beide Mädchen gefühlsmäßig ein wenig zu kurz gekommen sind. Für Sofie gilt das auch in materieller Hinsicht, wohingegen Caroline Nørvang ein typisches Leben der Oberklasse führt. Der Vater ist Facharzt, die Mutter Anwältin, und beide arbeiten viel. Sie wird meistens von einem Au-pair-Mädchen beaufsichtigt.«
»Gefühlsmäßig zu kurz gekommen. Interessant. So etwas spürt ein Täter, er weiß immer, wer infrage kommt. Sonst noch was?«
»Nein. Nichts.«
»Ich finde es sehr interessant, dass das erste Mädchen, wie hieß es doch gleich …?«
»Sofie«, warf Rebekka ein.
»Genau, also, dass Sofie nackt war, aber ohne irgendwelche Anzeichen sexueller Aktivitäten. Was sagt dir das?«
»Dass vermutlich irgendein wie auch immer geartetes sexuelles Motiv dahintersteht«, antwortete Rebekka zögernd. Sie hatten die Tatsache, dass Sofie nackt war, ohne einem sexuellen Übergriff ausgesetzt gewesen zu sein, immer wieder in der Ermittlergruppe diskutiert, waren jedoch einig gewesen, dass das zu Søren Thomsens anormalem Charakter passte. Was dieser Umstand jetzt zu bedeuten hatte, wo Søren Thomsen sein Geständnis zurückgezogen hatte, wusste sie nicht.
»Ein Sexualmord ist natürlich am wahrscheinlichsten. Aber es gibt auch noch andere Möglichkeiten. Ich denke, dass der Mörder nicht aufgespürt werden will. Er, ich gehe einmal davon aus, dass es ein Mann ist, bringt das Kind um und zieht es aus, wirft seine Sachen weg und deponiert die Leiche im Wasser, um so viele Spuren wie möglich zu zerstören. Er will nicht entdeckt werden, aber es kann auch noch mehr bedeuten.«
»Und was?«, fragte sie.
»Mir ist der Gedanke gekommen, dass er sich auskennt.«
»Ich verstehe nicht ganz.« Rebekka rieb sich die Augen, versuchte, sich zu konzentrieren.
»Es kann sein, dass er sich mit Mordermittlungen, DNA und anderen technischen Beweisen auskennt.«
»Was sagst du da?« Rebekka hörte die Panik in ihrer Stimme.
»Ich sage, dass der Täter ein Insider sein könnte. Ein Ermittler.«
Rebekka erstarrte. Der Gedanke war ihr bisher nicht gekommen, doch Ryan hatte recht. Einer, der sich mit Ermittlungen auskannte, einer, der wusste … Eine unerklärliche dunkle Angst übermannte sie, und sie begann zu frieren, wie sie da auf dem Holzboden in der Dunkelheit stand, das glühende Handy in der Hand. Kurz darauf hatte sie sich wieder unter Kontrolle, kroch ins Bett und kuschelte sich in die Decke, während Ryan dazu überging, von seinen Meetings auf der Rundreise und nicht zuletzt von seinem Kollegen und Rivalen, Ted Palmer, zu erzählen, der offenbar viel Energie darauf verwandte, den Chef in den USA konstant über seine Erfolge auf dem Laufenden zu halten, und keine Chance ausließ, Ryan schlechtzumachen. Rebekka spürte Ryans heftige Frustration durch das Telefon und wünschte, sie könnte etwas Sinnvolles sagen, etwas, das ihm Hoffnung gab, doch ihr fiel nichts ein. Kurz
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