Todessommer: Thriller (Rebekka Holm-Reihe) (German Edition)
nicht ermordet und …«
Gundersen erhob sich halb von seinem Stuhl. »Søren Thomsen bleibt, wo er ist!«
Rebekka stand ebenfalls auf und verschränkte die Arme. »Ich könnte mir die Aufnahmen von dem Verhör aushändigen lassen …« Sie blickte dem Vizechef direkt in die Augen.
»Du rührst die Bänder nicht an!«
Gundersen richtete sich auf. In seiner vollen Größe wirkte er Furcht einflößend, und sie konnte gut nachvollziehen, dass er auf jemanden wie Søren Thomsen einen einschüchternden Eindruck machte.
»Ich weiß nicht, was du mit deiner persönlichen Vendetta bezweckst, Rebekka. Zuerst beschuldigst du mich, die Zeugin mit dem Foto von Sofies Vater manipuliert zu haben, und jetzt das. Simonsen und ich haben Søren gemeinsam verhört, als er den Mord an Sofie gestanden hat. Willst du einen Schuldigen freilassen? Denk doch mal an die Höschen, die wir bei ihm gefunden haben, oder vielmehr, die du gefunden hast. Sollen wir ihn nach Hause schicken, damit er weiter kleine Mädchen belästigen kann, Rebekka? Du weißt doch genauso gut wie ich, dass er es wieder tun wird. Das tun diese Typen immer. Kannst du das mit deinem Gewissen vereinbaren?«
»Du kannst dich entscheiden, ob du zu Brodersen gehen und die Sache aus der Welt schaffen willst – sonst mache ich es. Im Übrigen kannst du froh sein, dass Søren Thomsen nicht der Täter ist. Ich bin mir sicher, dass die Aufnahmen von dem Verhör beweisen, dass ihr ihn weit über das erlaubte Maß hinaus unter Druck gesetzt habt. Wir würden den Prozess aufgrund dieses Verfahrensfehlers verlieren. Und das wäre fatal, wenn Søren Thomsen wirklich der Täter wäre, nach dem wir suchen.«
»Du brauchst mich nicht über die Verfahrensweisen bei einer Ermittlung zu belehren, danke«, zischte Gundersen.
Rebekka hielt den Augenkontakt. »Gehst du selbst zu Brodersen oder …«
»Ich möchte dich bitten, aus meinem Büro zu verschwinden, und zwar sofort. Ich habe zu tun. Ich muss ein kleines Mädchen finden.«
Rebekka warf die Tür hinter sich zu. Das Blut pulsierte in ihrem Körper. Sie war wütend und stolz zugleich. Sie wusste, dass sie einen wichtigen Kampf ausgefochten hatte, und sie konnte nicht umhin, sich beim Gedanken an Gundersen zu freuen, der gleich zu Brodersen gehen würde. Denn das würde er, das wusste sie. Sie hatte sich gerade an ihren Platz gesetzt, als ihr Handy klingelte. Es war Reza, der sie bat, so schnell wie möglich zu ihm auf den Parkplatz zu kommen. Er erzählte, dass Asger Nørvang eben angerufen habe: Seine Frau sei verschwunden, und jetzt befürchte er, dass sie sich aus Verzweiflung über die verschwundene Tochter etwas antun könnte.
—
»Caroline! Caroline! Caroline!«
Regitze Nørvangs Rufe hallten laut zwischen den Bäumen im Bernstorf Park wider. Rebekka und Reza brauchten nicht lange, um die schwarz gekleidete Frau zu finden, die oben auf dem Schlosshügel herumirrte. Sie näherten sich ihr vorsichtig, gefolgt von Asger Nørvang, der berichtet hatte, dass seine Frau seit dem Verschwinden der Tochter weder geschlafen noch gegessen habe. Er war davon überzeugt, dass sie probieren werde, sich das Leben zu nehmen.
»Regitze!«
Sie näherten sich der Frau, doch sie reagierte nicht auf ihren Namen, sondern rief weiter nach der Tochter, während sie mit schnellen, kreisenden Armbewegungen zwischen den Büschen herumlief. Dann warf sie sich auf die Knie und begann mit den Händen zu graben wie ein Hund, dass die feuchte Erde in die Luft flog.
Rebekka kniete sich vorsichtig neben sie.
»Regitze.« Rebekka gelang es schließlich, die Aufmerksamkeit der Frau zu gewinnen. Regitze Nørvangs Anblick war erschreckend. Ihre Augen waren groß und schwarz, eingerahmt von verwischter Mascara, von der sich schwarze Streifen über die Wangen zogen. Sie öffnete den Mund und stieß einen lauten, tierischen Schrei aus, bei dem sich Rebekka die Haare im Nacken aufstellten. Trotzdem streckte sie den Arm aus und berührte vorsichtig den Mantelärmel der Frau.
»Regitze, ich denke, Sie sollten jetzt mit uns kommen. Sehen sie, Asger ist auch hier. Er vermisst Sie.«
Regitze Nørvang richtete den Blick auf ihren Mann, ohne ihn zu erkennen, dann schüttelte sie wild den Kopf.
»Ich muss sie suchen. Ich muss sie finden. Ich muss meine Tochter finden …«
Rebekkas Griff um den Arm der Frau wurde fester. »Es ist besser, wenn Sie jetzt mitkommen.«
Regitze Nørvang versuchte, sich aus Rebekkas Griff zu befreien, doch Rebekka hielt sie
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