Todessphaere
Obwohl es nur eine winzige Geste war, hatten sie ihre Kampfmesser dabei. Niemandem von ihnen ging es deshalb besser.
Min sah zögernd auf ihre nackten Unterarme. »Uns ist über die Strahleneinwirkung dieser Sonne nicht bekannt. Wir sollten unbedingt darauf achten, ob wir einen Sonnenbrand bekommen.«
Soeben wollte Svea etwas dazu sagen, als es mit denselben Geräuschen begann, die sie am Abend zuvor gehört hatten. Der Sand unter ihren Füßen bebte, kleinere Lawinen rollten die Dünenhänge runter, die Luft schien zu vibrieren. Sandspuren wölbten sich hoch , und mit ungeheurer Geschwindigkeit raste das heran, was sich darunter verbarg, verhielt und brach nach einer unendlich scheinenden stillen Sekunde oben hervor.
Meyers, Blinow und de Silva kamen hinter dem Wrack hervor, wo sie sich erleichtert hatten und erstarrten. Meyers knöpfte seine Hose zu.
Es handelte sich um zwei wurmähnliche Kreaturen, an deren weißer Haut der schwarze Sand ablief wie Teer. Sie verfügten über sechs kurze, klauenbewehrte Beine. Ihre ringförmigen weißen Körper hatten einen Durchmesser von etwa einem Meter. Ihre Länge, soweit Svea das so schnell beurteilen konnte, lag bei etwa sechs Metern. Es handelte sich um ekelerregende Wesen, deren Schädel alles an Absurdität überbot, was man je gesehen hatte, zumindest empfanden sie es so.
Es waren flache ... Gesichter!
Fast menschenähnliche Gesichter. Liebe Güte, sie hatten Augen und eine Nase, aber dort, wo bei einem Menschen der Mund war, spaltete sich das Maul in einen mächtigen Kiefer, für den sie keine Entsprechung fand. Zwei breite Zahnreihen, in denen Hauer und andere Greifwerkzeuge schimmerten, öffneten und schlossen sich. Hatten sich die Zähne ... bewegt? Die bizarr menschenähnlichen Augen blinzelten fast schon freundlich, was umso unheimlicher wirkte, da aus dem schaufelartigen Kiefer Schleim tropfte.
Warum waren sie alle nach draußen gegangen?
Das sprach gegen jede Regel. Man schickte stets nur einen Trupp, um nicht die gesamte Besatzung zu gefährden. Ganz einfach. Die Sonne hatte sie gerufen, die Neugier ihre Würze dazu getan , und letztendlich wollten sie beieinander sein, sich gegenseitig Schutz bieten.
Scheiß auf die R egeln. Gefühle waren manchmal stärker.
Gefühle konnten töten!
Dimitrij Blinow zog das Kampfmesser aus seinem Gürtel, die einzige Waffe, die er bei sich trug. Er hatte keine Chance, also beschloss er, sie zu nutzen. Falls die Kreaturen angriffen, würde er seine und die Haut der Freunde so teuer verkaufen wie möglich.
Eine der Kreaturen, die Dimitrij instinktiv Tarworm taufte, wieselte wie ein Tausendfüßler auf die Gruppe zu, die nun kreischend auseinander stob. Der Hinterleib, genauso dick wie der Rest, wirbelte Sandwolken auf, sodass Dimitrij kaum noch etwas sah. Der Tarworm verschwand beim Wrack und bohrte sich in den Sand.
Die zweite Kreatur, die dem Angriff seelenruhig zugeschaut hatte, griff umgehend an. Sie stemmte sich hoch und überragte die Menschen um fast zwei Meter, nur gehalten von den Muskeln in ihrem Leib, wobei die kurzen Beinchen zappelten, als mache ein Hund Männchen. Der Körper schaukelte hin und her wie bei einer Kobra. Die Muskelringe bebten und pulsierten. Der Tarworm krachte zurück, und ehe man sich versah, hatte das Maul ins Leere gebissen.
Krack!
»Verdammt!«, brüllte Svea. »Bleibt stehen, wo ihr seid! Bewegt euch nicht, so wie heute Nacht. Vermutlich werden sie uns dann in Ruhe lassen!« Sie ging mit gutem Vorbild voran und verschränkte, breitbeinig stehend, die Arme vor der Brust.
Dimitrij traf eine Entscheidung.
Er rannte los. Die heiße Morgenluft brannte in seiner Lunge und sein Herz pumpte wie ein Vorschlaghammer. Er nahm den Tarworm ins Visier, wedelte brüllend mit den Armen, und lenkte die Kreatur von seinen Freunden ab. Er lief an Svea vorbei und griff sich ihr Kampfmesser. Nun hatte er zwei.
»Komm her, damit ich dich aufschlitzen kann! Nun komm schon her, Tarworm!«
Der Worm schnellte herum, musterte den Gegner, und für einen Moment hatte der Russe das Gefühl, die Kreatur grinse.
»Ja, grinse nur! Ich schneide dir die Augen aus dem Schädel!«
Der Worm zuckte vor, Dimitrij wich zur Seite aus und warf sich auf den Rücken des Monsters. Es gab kaum etwas, woran er sich festhalten konnte, also hielt er es wie ein Bergsteiger mit dem Pickel. Er stieß dem Tarworm die Messer bis zum Anschlag in den Leib. Als der zuckende Körper hochfuhr und die Kreatur einen
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