Todesspiel
ich glaube, dass diese Polizistin Sie reinlegen will. Das hat sie bei mir auch schon probiert, als wir am Aufzug standen. Sie sagte, Rubens hätte geredet, aber während ich ihn beobachtet habe, hat er kein Wort gesagt. Wir haben Esteban Paz aus einem sicheren Haus‹ geholt. Warum sollten die zweimal denselben Fehler begehen und einen Häftling in den Wald bringen?«
»Weil Cops dämliche Staatsangestellte sind.«
»Padrone, bei allem Respekt, aber Rubens kennt keinerlei Einzelheiten. Nur so viel, dass er Sie nervös machen kann. So verhalten sich Polizisten. Sie tun so, als wüssten sie mehr, als es in Wirklichkeit der Fall ist.«
»Ich habe ihm einige Dinge gesagt, Cizinio.«
Zwei von Cizinios SUVs standen am Fuß der Einfahrt, bereit, vier falsche FBI-Agenten ins Spiel zu bringen, mit denen der Angriff beginnen würde. Ein weiteres Auto stand an einem Aussichtspunkt und eins auf dem Parkplatz eines Supermarkts. In beiden saßen Fahrer. Beide waren nicht weiter als sieben Minuten entfernt.
»Rubens wird denen gar nichts erzählen«, versicherte Cizinio. »Nicht solange wir Estrella in unserer Gewalt haben. Ich kenne ihn.«
»Menschen können sich ändern, mein geschätzter Freund.«
Der Padrone klang, als wollte er vor allem sich selbst überzeugen. »Wenn Sie das richtig angehen, wird das Ganze wie ein Schlag des Drogenkartells aussehen. Genau das, wovor Evans in seinem Bericht gewarnt hat. Ihr Killer war bereit auszupacken, also haben sie ihn aus dem Verkehr gezogen. Manchmal muss man ein großes Risiko eingehen, mein Freund, und in so großen Dimensionen denken, die andere sich nicht einmal vorstellen können.«
Nestors Ton wurde schroffer. Seine cholerische Natur schlug allmählich durch. »Aber wenn Sie sich weigern, es zu tun, kann ich auch jemand anderen beauftragen.«
»Ich weigere mich nicht, ich gebe Ihnen nur einen guten Rat.«
Du bist tatsächlich auch nur ein Mensch , dachte Cizinio.
Sie beendeten das Gespräch.
Seine Männer waren mit M16-Automatikgewehren, mit .44er-Colts und tschechischen Maschinenpistolen ausgestattet, Waffen und Munition, wie sie von den Kartellen im weißen Dreieck bevorzugt wurden. Sie verfügten über Hand- und Blendgranaten für einen blitzschnellen Überfall. Seine Leute bildeten eine professionelle Sturmtruppe. Rubens’ zwei Bewacher und Rubens selbst müssten innerhalb von Minuten tot sein. Anschließend würden sie das Holzhaus niederbrennen und die SUVs in die Luft sprengen. Die Männer würden noch heute Nacht in einem Katastrophenhilfeflugzeug von Newark aus das Land verlassen. Bestimmte Handytelefonate würden vom FBI aufgezeichnet worden sein. Auf gewissen Bankkonten – die von Homeland Security überwacht wurden – würden größere Geldbeträge aus dem Nahen Osten eingegangen sein, von Nestor kontrollierte Gelder.
Vertrauen Sie mir; mein geschätzter Freund.
Cizinio hatte jedoch seine Zweifel.
Vorsichtshalber hatte er deshalb mehr Leute mitgebracht, als notwendig waren. Siebzehn einschließlich der Sturmtruppe, der Fahrer und der falschen Agenten.
Die Abenddämmerung setzte ein. Der Himmel im Osten war kobaltblau. Die untergehende Sonne wirkte wie von den Krüppelkiefern aufgespießt. Dieser Wald war so sauber, dachte Cizinio. Es gab zwar stechende Insekten, aber die waren nur lästig. Sie übertrugen keine Malaria oder andere Krankheiten. Man konnte alles anfassen, ohne schlimmere Verletzungen davonzutragen als vielleicht einen Kratzer von irgendwelchen Dornen. Man konnte durch jeden Bach waten, ohne fürchten zu müssen, dass einem unter Wasser das Fleisch von den Knochen gefressen wurde.
Ich habe mich gründlich umgesehen; es gibt keine Stolperdrähte oder versteckten Kameras auf dem Gelände, keine Verteidigungsringe, wie man es uns auf dem Geheimdienstlehrgang beigebracht hat. Diese Nordamerikaner erklären immer allen anderen, wie sie sich verhalten sollen, und selber sind sie total nachlässig.
Aber die Art, wie Christa Salazar ihn während des kurzen Gesprächs vor dem Aufzug angesehen hatte, ließ ihm keine Ruhe. Sie hatte versucht, ihn reinzulegen.
Und sosehr Nestor sich auch bemüht haben mochte, selbstbewusst zu klingen, Cizinio hatte seine Angst gespürt. Der Mann hatte nur noch einen Gedanken: Rubens musste zum Schweigen gebracht werden. »Lieber jetzt eine überschaubare Explosion als später ein Vulkanausbruch«, hatte Nestor gesagt. »Besser ein Problem, das wir handhaben können.«
Wir, hatte er dauernd gesagt. Gut, Nestor
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