Todesspiel
Evans getötet.«
»Rufen Sie einfach laut nach mir, wenn Sie reden möchten.«
Rubens konnte hören, wie die Polizisten und Marshals sich im Nebenzimmer das Spiel ansahen und Anekdoten zum Besten gaben, als wären sie in Sicherheit und hätten die Oberhand. Aber Rubens war sich ganz sicher, dass ihre Vorsichtsmaßnahmen erbärmlich unzulänglich waren in Anbetracht dessen, was sie erwartete, falls Cizinio auftauchte.
Obwohl Rubens der Gefangene war, hatte er klarere Vorstellungen davon, wie man eine Verteidigung aufbaute. Er war dazu ausgebildet worden, Verteidigungsringe zu errichten. Christa Salazar war eine Frau, die ihren Lebensunterhalt damit verdiente, mit Gefangenen zu reden, und offenbar dachte, dass geschlossene Fensterläden größere Sicherheit bedeuteten, während sie in Wirklichkeit blind machten.
Wenn Nestor es richtig mit der Angst zu tun bekommt, wird Cizinio hier mit vielen Leuten aufmarschieren. Hier gibt es keinen Verteidigungsring, keine Einsatzleitung. Sie haben nichts als kleine Feuerwaffen. Das Haus liegt völlig isoliert. Das hier ist kein »sicheres Haus«. Es ist eine tödliche Falle.
Außerdem konnte jeder im Nebenzimmer ein Verräter sein. Am Amazonas hatte der Polizist in der Asservatenkammer Schmiergeld von Drogenhändlern angenommen. Die Verkehrspolizisten kassierten in die eigene Tasche, wenn Leute zu schnell fuhren. Die Polizeichefs ließen sich von Großgrundbesitzern und Politikern zum Abendessen einladen. Rubens hatte in all den Jahren Hunderte Gelegenheiten ausgeschlagen, Geld anzunehmen.
Was war ich bloß für ein Idiot.
Er stellte sich vor, wie die Dämmerung einsetzte, stellte sich kilometerweit nichts als Bäume und Stille vor. Ein Teppich aus Kiefernnadeln dämpfte die Schritte. Vogelstimmen, die das Klicken des Entsicherungshebels überdeckten, das Schnappen eines Munitionsmagazins, das in einen Pistolengriff geschoben wurde, das Flüstern einer Stimme am Funkgerät. Das Gurgeln eines Bezinkanisters beim Einfüllen von Kraftstoff.
Im Fernsehen konnten die Red Sox gerade einen Homerun verbuchen. Auf den Rängen brach Jubel aus. Die Kamera erfasste ein Mädchen in Estrellas Alter, das im Freudentaumel im Mittelgang tanzte.
Dann sah er plötzlich Estrella im Alter von sechs Jahren vor sich, an einem Tag, als er und Rosa sie zu einem Picknick zum halb fertiggestellten Staudamm am verschlammten Fluss mitgenommen hatten. Wie andere Sonntagsausflügler auch hatten sie den Wachmann von Elektro Amazonas mit zwanzig Cruzados bestochen und waren mit dem Aufzug nach oben auf den Staudamm gefahren. Dort, auf dem höchsten Aussichtspunkt in Acre, hatten Familien ihre selbst gebackenen Empanadas gegessen und eisgekühlte Guavenlimonade getrunken. Von dem riesigen geschwungenen Monument der Ineffizienz aus hatten sie auf die verlassenen Hütten der Arbeiter hinuntergeschaut und auf das Blätterdach des grünen Dschungels – der eines Tages im schlammigen Wasser versinken würde.
Dann sah er die zwölfjährige Estrella vor sich, an dem Tag, als sie die US-Grenze nach Texas überquerten, verborgen im doppelten Boden eines Bananenlastwagens. Seine Magenschmerzen nahmen zu. Sein Mund war trocken, und Schweiß stand ihm auf der Stirn. Ich habe mir die ganze Zeit etwas vorgemacht. Ich dachte, ich wollte Gerechtigkeit, als ich mich auf die Suche nach Evans gemacht habe, dabei wollte ich nur Rache.
Auf dem Dach über ihm hörte er ein scharrendes Geräusch. Vielleicht ein Waschbär? Ein Mensch? Konnten die Leute im Wohnzimmer es bei dem Lärm des Fernsehers überhaupt gehört haben?
»Dieses Spiel ist entscheidend«, sagte der Reporter.
»Ich halte das für keine sehr gute Idee, Padrone«, sagte Cizinio in sein verschlüsseltes Telefon.
»Normalerweise sind Sie nicht so ängstlich, mein Freund«, antwortete die ruhige Stimme am anderen Ende. Nestor klang wieder normal.
Um Cizinio herum krochen elf ehemalige Soldaten, die jetzt für Nestor arbeiteten, durch die immer noch durchnässten Kiefernnadeln und bewegten sich lautlos auf das Holzhaus zu, das Cizinio vor Stunden ausgekundschaftet hatte, als er erfahren hatte, dass man Rubens hierher bringen würde.
Das Haus war verschlossen und leer gewesen. Er hatte die Männer zurückgezogen, sie in Stellung gebracht und abgewartet, bis schließlich ein einzelnes Auto in die Einfahrt eingebogen und zu dem Haus gefahren war.
Du bist gar nicht so ruhig, wie du klingst, dachte er. Sonst würdest du das jetzt nicht von mir verlangen.
»Sir,
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