Todesspiele
flüsterte sie. »Lassen Sie uns zu ihr.«
»Hier entlang.« Luke brachte sie in den dafür vorgesehen Raum. Er war in warmen Farben gehalten und mit bequemen Möbeln ausgestattet, Einzelheiten, die den trauernden Angehörigen die Aufgabe ein wenig leichter machen sollte. »Soll ich einen Arzt für Ihre Frau rufen?«, fragte Luke leise, als Mrs. Knight auf das Sofa sank. Sie zitterte am ganzen Körper und sah aus, als würde sie jeden Moment ohnmächtig werden.
Mr. Knight schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte er. »Wir müssen das ganz einfach hinter uns bringen.« Luke wusste, dass nichts die beiden auf das vorbereiten konnte, was sie nun zu sehen bekommen würden, aber er musste sie dennoch vorwarnen. »Dieses Mädchen sieht nicht mehr so aus wie auf dem Foto, das Sie der Polizei gegeben haben.«
»Es ist zwei Jahre her. Kinder verändern sich rasch.« »Nein, es ... es ist nicht nur das. Die Größe, eins vierundsiebzig, stimmt mit Ihren Angaben überein, aber das Mädchen wiegt nur sechsunddreißig Pfund.« Mrs. Knight erstarrte. »Kasey wog achtundfünfzig.« »Ich weiß, Ma'am«, sagte Luke und sah, dass sie verstanden hatte.
Mr. Knight schluckte hörbar. »Ist sie sexuell...« Er konnte nicht weitersprechen.
»Ja.« Unzählige Male. Aber das würde Luke nicht sagen. Die Eltern hatten genug zu verarbeiten. »Agent Papadopoulos«, fragte Mr. Knight mit brüchiger Stimme. »Was hat man meiner Kleinen angetan?« Entsetzliches. Unaussprechliches. Aber auch das sagte Luke natürlich nicht. »Sie haben darum gebeten, ihr Gesicht sehen zu dürfen, und die Gerichtsmedizin wird Ihrer Bitte entsprechen, aber bitte konzentrieren Sie sich auf andere Körperteile. Hände, Füße, Muttermale, vielleicht Narben.« Er wusste, dass das Warten es umso schlimmer machte, daher drückte er auf die Sprechanlage. »Wir sind so weit. Dr. Berg.«
Auf der anderen Seite der Scheibe zog Felicity die Vorhänge auf. Mr. Knight hielt die Augen fest verschlossen. »Mr. Knight«, sagte Luke leise. »Wir können jetzt.«
Mit zusammengepressten Kiefern schlug Knight die Augen auf, und das erstickte Wimmern, das sich seiner Kehle entrang, brach Luke das Herz. Felicity hatte den Torso der Leiche mit einem kleineren Tuch bedeckt, so dass nur Gesicht und Glieder zu sehen waren.
»Oh, Kasey«, flüsterte der Vater. »Warum hast du nur nicht auf uns gehört?«
»Woher wissen Sie, dass es Ihre Tochter ist, Sir?« Knight schien kaum zu atmen. »Sie ist als Kind vom Rad gefallen und hat vom Sturz eine Narbe am Knie. Der mittlere Zeh war länger als die anderen. Und sie hat ein Muttermal am linken Fuß.«
Luke nickte Felicity zu, die die Vorhänge wieder schloss. Mr. Knight kniete sich vor seine Frau, so dass er ihr in die Augen sehen konnte. Tränen strömten ihr über das Gesicht. »Es ist Kasey.« Die Worte kamen in einem Stöhnen, und sie beugte sich vor und schlang die Arme um ihn. Ihre stummen Tränen wurden zu gequälten Schluchzern, und sie glitt vom Sofa, um vor ihm zu knien. Ihr Schluchzen und seines mischten sich, als sie einander umklammert hielten, sich in ihrem Schmerz auf den anderen stützten und sich gemeinsam wiegten.
»Ich warte draußen«, murmelte Luke. Die Knights erinnerten ihn an seine eigenen Eltern. Sie waren seit fast vierzig Jahren verheiratet und gemeinsam in der Lage, so gut wie jede Krise zu meistern, weil sie einander stützten. Luke liebte sie inbrünstig, beneidete sie aber ähnlich leidenschaftlich. Und nun, da er die gequälten Laute der Knights hörte, bemitleidete er sie und war doch auch neidisch. Luke war noch nie einer Frau begegnet, der er so sehr vertraute, dass er sich ihr so vollkommen verwundbar gezeigt hätte. Er war noch nie einer Frau begegnet, von der er glaubte, dass sie verstand.
Bis jetzt. Susannah. Und sie will niemanden. Nein, das entsprach nicht der Wahrheit. Sie vertraute niemandem. Aber auch das war nicht wahr. Sie hatte ihm heute vertraut, war zu ihm gekommen, als sie Angst gehabt hatte. Und auf dem Friedhof hatte sie sich sogar an ihn gelehnt. Susannah traute sich selbst nicht. Er hörte das Schluchzen aus dem Raum hinter ihm und dachte an die dunklen Make-up-Flecken auf Daniels Krankenhaushemd. Susannahs Make-up. Das war ein gutes Zeichen. Das Weinen hinter der geschlossenen Tür verstummte, und einen Moment später öffnete sich die Tür. Mr. Knight räusperte sich. »Wir können jetzt mit Ihnen reden, Agent Papadopoulos.«
Mrs. Knight blickte zu ihm auf. Ihre Augen wirkten wie
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