Todesspiele
aussah, und L-förmig gebaut. Es gab ein Fenster an einem Ende, eine Tür am anderen. Das Fenster lag zu hoch, als dass man hindurchsehen könnte.
Dann hörte er im Inneren einen Schuss. Und Stimmen, gedämpft, kaum voneinander zu unterscheiden. »Corchran«, zischte Luke ins Funkgerät.
»Ich hab's gehört«, kam die Antwort. »Der zweite Krankenwagen ist gerade angekommen. Ich gehe von der anderen Seite herum.«
Luke hörte wieder einen Schuss und begann zu rennen. Er traf an der Tür mit Corchran zusammen. »Zielen Sie nach unten, ich nach oben.« Er wollte sich in Bewegung setzen, fuhr dann jedoch zurück. »Da kommt jemand.« Corchran zog sich hinter die Ecke zurück und wartete. Auch Luke entfernte sich lautlos, ohne die Tür aus den Augen zu lassen. Dann trat eine blutüberströmte Frau ins Freie.
Ridgefield, Georgia,
Freitag, 2. Februar, 16.00 Uhr
»Schnell.« Rocky stieß das letzte Mädchen von Bord. »Wir haben keine Zeit zum Trödeln.«
Sie musterte rasch die fünf, die sie mitgenommen hatten, und versuchte, ihren Restwert einzuschätzen. Zwei waren mager wie Vogelscheuchen. Eine war groß, blond und sportlich. Für sie konnte man einen Spitzenpreis verlangen. Die anderen zwei waren verlässliche Arbeiterinnen, wenn sie gesund waren. Immerhin hatte sie gut aussortiert. Alle fünf knieten auf dem Boden, alle fünf waren bleich. Eines der Mädchen hatte sich vollgekotzt, die anderen wandten angewidert ihre Gesichter ab.
Das war gut. Freundschaft unter der Ware war unerwünscht und wurde stets von Rocky im Keim erstickt. Manchmal musste man Premiumware opfern, wie Becky, aber es war sehr effektiv gewesen, das Mädchen vor den Augen und Ohren der anderen totzuprügeln. Becky hatte einige der Mädchen zum Reden ermutigt, und Reden führte unweigerlich zu Fluchtplänen, was nicht hingenommen werden konnte.
Ein Pferdetransporter, weiß, ohne besondere Kennzeichen, fuhr heran. Bobby saß am Steuer. Rocky wappnete sich innerlich gegen den Wutanfall, der sicher kommen würde, wenn Bobby zählte, was sie hatte retten können. Bobby stieg aus dem Transporter und musterte sie aus schmalen Augen. »Es sollten doch sechs sein. Und wo sind Mansfield und Granville?«
Rocky blickte auf, sah in die kalten, blauen Augen und hörte das Hämmern ihres Herzschlags in den Ohren. Aber die Mädchen waren in Hörweite, und ob man sie, Rocky, in Zukunft respektierte, würde davon abhängen, wie sie sich jetzt verhielt. Die Ware ließ sich zu neunzig Prozent mit Einschüchterungen und unausgesprochenen Drohungen beherrschen - Psychologie war alles. Die Mädchen blieben, wo sie waren, weil die Angst vor einer Flucht viel zu groß war.
Rocky durfte nicht an Boden verlieren. »Laden wir ab, was wir haben, und reden anschließend.« Bobby trat zurück. »Gut. Mach schnell.« Rocky scheuchte die Mädchen in den Transporter und befestigte die Handschellen an der Wand. Dann klebte sie ihre Münder mit breitem Klebeband zu, damit keines auf die glorreiche Idee kam, an einer Ampel um Hilfe zu schreien.
Jersey vermied jeden Augenkontakt, als er die Kisten auf dem Stroh stapelte. Dann wandte er sich zu Bobby um. »Ich transportiere, was ihr wollt - aber keine Kinder mehr.« »Es käme mir niemals in den Sinn, etwas zu verlangen, mit dem du dich unwohl fühlst«, sagte Bobby mit Samtstimme, und Rocky wusste, dass Bobby den alten Mann nun zwingen würde, jeden dieser Transporte zu übernehmen. Es war ein Leichtes, Jersey mit dem, was er bereits getan hatte, zu erpressen.
Aus seinem Gesichtsausdruck zu schließen, hatte Jersey das ebenfalls begriffen. »Ich meine es ernst, Bobby.« Er schluckte. »Meine Enkelinnen sind in dem Alter.« »Dann solltest du dafür sorgen, dass sie sich nicht in Chatrooms herumtreiben«, sagte Bobby trocken. »Und dir ist doch klar, dass das andere >Zeug<, das du für uns fährst, letztendlich in Kids landet, die noch jünger sind als diese da?«
Jersey schüttelte den Kopf. »Das ist freiwillig. Wer für Drogen zahlt, tut es, weil er es will. Die da wollen nicht.« Bobbys mildes Lächeln war aufgesetzt. »Du hast wirklich eine interessante Doppelmoral, Jersey Jameson. Du wirst bezahlt wie immer. Und jetzt geh.«
Bobby schloss die Hecktüren des Transporters, und Rocky wusste, dass nun sie an der Reihe war. »Granville und Mansfield sind noch dort«, sagte sie, bevor Bobby erneut fragen konnte. Sie wappnete sich innerlich und fügte hinzu: »Wie die Leichen der Mädchen, die Granville erschossen
Weitere Kostenlose Bücher