Todesspirale: Roman (German Edition)
meinen Spaß zu haben. Dauert bestimmt nicht länger als zehn Minuten.«
Er hörte, wie gleich, nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, etwas dagegenflog, und zuckte zusammen. Es war wahrscheinlich nicht besonders helle, eine Frau zu verärgern, die eine Pistole besaß. Aber immerhin blieb ihm eine erneute Erklärung erspart, warum er schon wieder keinen Sex mit Karen wollte.
Sasha stand in den Kulissen und beobachtete Mick. Sie konnte nicht genau sagen warum, aber sie erkannte sich oder ihre Handlungen ja sowieso kaum wieder in letzter Zeit. Verletzt und wütend versuchte sie, sich zu erinnern, wann sie das letzte Mal gelacht hatte, was ihr nicht gelang, und sie fragte sich, ob sie je wieder lachen würde. Der Soundtrack, den ihr musikalischer Leiter aufgenommen hatte, verspottete sie Abend für Abend, wenn sie ins Rampenlicht lief. Wahrscheinlich konnte sie mit dem falschen Lächeln, das sie aufsetzte, niemandem etwas vormachen.
Sie versuchte, den Bühnenarbeiter in seinen großen Gummistiefeln im Auge zu behalten, aber ihr Blick wanderte immer wieder zu dem Mann, mit dem er redete. Mick. Was war nur los mit ihr? Seit über einer Woche hatte er versucht, mit ihr zu reden, sie zu bewegen, ihm zu verzeihen, und sie hatte sich taub gestellt. Jetzt, wo er aufgehört hatte, jetzt, wo er ganz sachlich blieb und er sie mit der gleichen Höflichkeit behandelte wie das Zimmermädchen, wollte sie sich wieder mit ihm versöhnen. Das war total verrückt, aber trotzdem wollte sie ihn nur noch einmal sagen hören: »Es tut mir leid«, und erwidern: »Gut, okay, ich verzeihe dir, aber lüge mich bitte, bitte nie wieder an. Und halt mich fest. Halt mich fest, Mick, ich habe das so sehr vermisst.« Wie sicher sie sich in seinen Armen gefühlt hatte, wurde ihr erst klar, als sie nicht mehr da waren, um sie zu umarmen.
Aber das würde sie natürlich nie sagen. Mick hatte vor zu gehen, wenn dieser Schlamassel vorüber war, und sie war zu stolz, um ihn zum Bleiben zu bewegen.
Ein einstimmiges Stöhnen ertönte aus dem Publikum, und Sasha wusste, dass wer auch immer gerade auf dem Eis war, gestürzt sein musste. Wer war gerade dran? Sie konzentrierte sich kurz auf die Musik und wusste es. Na klar, Karen Corselli. Sie zuckte die Achseln. Irgendwann passierte das jedem mal.
Es überraschte sie, dass Karen nach Beendigung ihrer Nummer auf sie wartete. Sie wollte durch den hinteren Korridor zum Damenumkleideraum gehen, um sich umzuziehen, als die blonde Eisläuferin sie einholte.
»Hi.«
»Hi, Karen.« Sasha zerbrach sich den Kopf, was sie noch sagen konnte, aber ihr fiel beim besten Willen nichts ein.
»Ich nehme an, du weißt, dass ich heute Abend gestürzt bin«, sagte Karen niedergeschlagen.
»Ich fürchte ja. Ich habe es zwar nicht gesehen, aber die Zuschauer gehört. Ich würde ja sagen, ›das passiert halt‹, aber da ich selbst das auch nie auf die leichte Schulter nehme...«
»Genau. Trotzdem danke.« Ich würde ja gern sagen, das passiert halt , wiederholte Karen im Stillen gehässig. Dir vielleicht. Aber ich habe es absichtlich getan, du dämliche kleine Nichtskönnerin. Und glaub ja nicht, dass ich das nicht auch ätzend finde, aber es musste sein. Ihre Gedanken hinter einem unschuldsvollen Blick versteckt, wandte sie sich an Sasha: »Ähm, ich wollte dich um einen Gefallen bitten.«
»Schieß los.«
Karen hätte beinahe losgelacht. Oh, das werde ich, und zwar ziemlich bald. »Kannst du nach der Show noch kurz bleiben und mit mir über das Eis gehen? Ich weiß, dass du die Eisflächen immer sorgfältig überprüfst.«
»Oh Karen, ich weiß nicht -«
»Bitte.« Karen legte Sasha leicht die Hand auf den Unterarm und sah ihr flehend in die Augen. »Wenn ich selbst gepatzt hätte, täte ich es als Pech ab und das war’s. Aber da war eine Kerbe im Eis, und ich würde die Stelle gern markieren, um sie für die restlichen Vorstellungen zu vermeiden. Ich weiß, dass du jede schwache Stelle kennst. Bitte Sasha.« Abrupt drehte sie sich um. »Was?«
»Wie bitte?« Verdutzt drehte Sasha sich ebenfalls um, um zu sehen, was los war.
»Hä?« Karen wandte sich wieder ihr zu. Dann breitete sich Röte auf ihrem Hals und Gesicht aus. »Es tut mir leid, du musst mich für eine Idiotin halten. Ich dachte, da hat jemand etwas gesagt.« Sie errötete noch stärker, aufgeschreckt durch die Stimmen, die ihr ins Ohr flüsterten, und unglaublich wütend, das ausgerechnet Sasha Miller Zeugin ihres törichten Verhaltens war.
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