Todesspirale: Roman (German Edition)
»Also, tust du es?«, zwang sie sich, nochmal zu fragen, »Bitte? Du musst dir keine Gedanken machen, ob du den Bus rechtzeitig erreichst; ich habe einen Leihwagen.«
Sasha wollte ihr den Gefallen wirklich nicht tun, aber es war das Erröten, das ihr naheging. Sie hatte Karen immer als sehr kühle und beherrschte Frau eingeschätzt, so dass sie jetzt in diesem aufgelösten Zustand irgendwie entwaffnend war. Sie verzog das Gesicht. Ach, was soll’s – eine halbe Stunde war wirklich keine große Sache. Außerdem konnte sie die Zeit für sich selbst nutzen, weil ihr Kater sie davon abgehalten hatte, das Eis zu überprüfen heute Nachmittag.
Und es war ja auch nicht so, als erwartete irgendjemand sie sehnsüchtig. Sie blieb vor der Tür zum Umkleideraum stehen und sagte achselzuckend: »Also gut. In Ordnung.«
»Danke Sasha.« Karen lächelte sie mit überraschender Wärme an. »Wir treffen uns dann auf dem Eis, wenn der Bus abgefahren ist.«
Sasha sah ihr hinterher. Dann schüttelte sie leicht lächelnd den Kopf, drehte den Griff und stieß die Tür auf.
»Sasha! Warte.«
Connie kam auf sie zugelaufen und hielt mit beiden Händen die um ihren Nacken gelegten Schlittschuhe fest, damit sie ihr nicht bei jeder Bewegung gegen die Brust schlugen. Sasha ließ die Tür wieder zufallen.
Atemlos blieb Connie vor ihr stehen. »Warum tat Karen Corselli denn so plump vertraulich – will sie deine neue beste Freundin werden?«
»Nein, sie möchte nur, dass ich -«
»Egal; vergiss sie«, unterbrach Connie sie. »Ihretwegen habe ich nicht auf dich gewartet.« Sie holte tief Luft, und dann brach es aus ihr heraus: »Sasha, es tut mir leid wegen heute Nachmittag. Ich hatte ein Problem, mit dem ich nur schwer umgehen kann, aber ich wollte mich wirklich nicht so schulmädchenhaft verhalten dir gegenüber.«
Sashas Laune verbesserte sich schlagartig. »Ja, du musst wirklich lernen, erwachsener zu werden.« Sie gab ihrer Freundin einen liebevollen Knuff. »So wie ich.«
Connie grinste. »Ich werde den Ratschlag beherzigen«, sagte sie. »Und, wie geht’s deinem Kopf?«
Sasha betastete ihn vorsichtig. »Er wird dranbleiben, glaube ich.«
»Und hat sich dein Liebesleben verbessert, seit wir zuletzt darüber gesprochen haben?«
»Ich wünschte, das wäre so. Oh Connie, es wird höchstens noch katastrophaler.«
»Also, meins wendet sich gerade.«
»Ja?« Sasha horchte auf. Connie hatte zuletzt vor acht Monaten einen Freund gehabt. »Erzähl.«
»Ich werde es dir im Bus erzählen, aber du musst mir dein Wort geben, dass du nicht in die Luft gehst.«
Sasha dachte, Connie würde mehr erzählen und sagte entrüstet: »So was kannst du mir doch nicht erzählen und mich dann hängen lassen. Raus mit der Sprache!«
»Das geht nicht, Sasha. Ihr großen Nummern mögt ja fertig sein für heute Abend, aber wir vom Fußvolk müssen noch einen Auftritt absolvieren, falls du es vergessen hast. Ich muss wieder auf dem Eis sein in – wie viel? – sieben Minuten? Und für das, was ich zu erzählen habe, brauche ich länger, weil es kompliziert ist. Ich erzähle es dir im Bus.«
»Dann gib mir wenigstens einen kleinen Hinweis, bis – oh, nein, verdammt! « Sasha schlug mit der Faust gegen den Türrahmen. »Ich werde leider nicht im Bus sein, Connie.« Sie zeigte mit der Hand in die Richtung, in die Karen Corselli verschwunden war. »Das war es, was Karen wollte. Sie bat mich, mit ihr übers Eis zu gehen, damit sie morgen Abend nicht noch mal auf ihrem Hintern landet. So ein Mist. Und ich hatte sowieso keine Lust dazu.«
Connie nickte verständnisvoll. »Weil sie eine der ›Möglichkeiten‹ auf Micks Liste ist?«
»Äh, nein«, antwortete Sasha und verzog das Gesicht. »Ehrlich gesagt hatte ich das völlig vergessen.« Dann gab sie einen geringschätzigen Laut von sich und machte eine wegwerfende Handbewegung. »Nee, ich bitte dich, kannst du dir wirklich vorstellen, dass Karen Corselli in Drogengeschäfte verwickelt ist?«
»Unsere Eisheilige? Hey, warum eigentlich nicht? Es gibt bestimmt die unterschiedlichsten Dealer. Es stimmt schon, ich sehe Miss Blitzblanksauber nicht gerade in dieser Rolle, aber wie glaubst du, sieht ein typischer Drogendealer aus, hm?«
»Weiß ich nicht. Irgendein knochiger Kolumbianer mit pockennarbigem Gesicht und Gel im Haar?« Dann wurde sie wieder ernst. »Ich sollte keine Witze darüber machen, denn genau genommen weiß ich nicht das Geringste. Ehrlich gesagt, Connie, ich hätte schließlich auch
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