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Todesspur

Todesspur

Titel: Todesspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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Erste Hauptkommissar es nicht gerne, wenn Fotos von Leuten seines Dezernats in der Presse erscheinen. »Es ist besser für einen Kripobeamten, wenn nicht jeder sein Gesicht kennt«, pflegt er zu sagen. Andererseits wird sich Völxen nicht offen gegen den Vize stellen, also wird er wohl einverstanden sein müssen. Imagekampagne . Fernando möchte lieber gar nicht wissen, was dieser Spaß kostet. Dabei gäbe es wirklich dringendere Anliegen: mehr Personal, digitale Funkgeräte … Wäre der Vize noch hier, würde Fernando ihm das unter die Nase reiben, aber die Dame von der Werbeagentur ist dafür die falsche Adresse. »Warum nehmt ihr keine Models für den Job?«, will Fernando wissen.
    »Das wäre wohl nicht ehrlich, oder?«
    Fernando verschluckt die Frage, seit wann Werbung etwas mit Ehrlichkeit zu tun hat.
    Frau Dr. Böger lächelt ihn kokett an. »Außerdem brauchen wir keine Models. Wie ich sehe, ist bei der Polizei durchaus brauchbares Material vorhanden.«
    Fernando muss zugeben, dass ihm ihre Anfrage schmeichelt. Immerhin ist er schon Mitte dreißig, hat sogar schon erste graue Haare, denen sein Friseur Ali neuerdings mit einer Tönung zu Leibe rückt.
    »Bis wann muss ich das entscheiden? Ich würde gerne noch mit meinem Vorgesetzten darüber sprechen.« Nicht, dass ihm Völxen hinterher seinen landesweit bekannten Kopf abreißt.
    »Ich habe für heute um achtzehn Uhr das Fotostudio gebucht. Die ersten Plakate sollen noch in dieser Woche angebracht werden.«
    »Ganz schön kurzfristig«, wundert sich Fernando.
    »Ja. Um die Wahrheit zu sagen: Wir hatten schon einen Kandidaten, aber letzte Woche wurde der Kollege vom BKA für einen Undercover-Einsatz angeworben. Da trifft es sich nicht so gut, wenn sein Gesicht im ganzen Land zu sehen ist.«
    Ein wenig kränkt es Fernando, dass er nur die zweite Wahl ist, doch andererseits hat sie gerade ein bemerkenswertes Detail zur Sprache gebracht: Wenn erst sein Foto überall hängt, dann kann man ihn nie mehr als verdeckten Ermittler einsetzen – was in seinen Augen einen Vorteil darstellt. Aber davon einmal abgesehen: Sein Gesicht im ganzen Land! Damit lässt sich bei Frauen bestimmt gehörig punkten. Und nicht nur das. Womöglich ist das der Anfang einer Karriere als Model, vielleicht entdeckt man ihn fürs Fernsehen! Im Geiste sieht er sich schon an der Seite von Frau Furtwängler vor der Kamera stehen. Ach, Unsinn, was will er an ihrer Seite? Er wird sie ablösen! Immerhin ist die Gute nun auch schon Mitte vierzig …
    »Herr Rodriguez? Wie sieht es nun aus?«, reißt ihn die Stimme von Frau Dr. Böger aus seinen Planungen.
    »Okay, meinetwegen. Wenn mein Dienststellenleiter damit einverstanden ist.«
    »Wunderbar.« Frau Dr. Böger strahlt ihn an. »Der hat sicher nichts dagegen, Ihr Vizepräsident meinte recht geheimnisvoll, er schulde ihm noch einen Gefallen.« Sie steht auf, und Fernando springt aus dem Sessel und öffnet ihr galant die Tür, während er überlegt, womit Völxen beim Vize so sehr in der Schuld steht, dass er seinen, Fernandos, Kopf dafür opfert. Beschwingt folgt er Frau Dr. Bögers Absatzgeklapper, das im Flur widerhallt. Irre, das alles! Er muss sofort Ali anrufen und dann muss er sich heute noch rasieren, und seine Mutter muss ihm das weiße Leinenhemd bügeln  …
    Vor dem Portal verabschieden sie sich, aber ehe Frau Dr. Böger geht, sagt sie zu Fernando: »Eins noch: keine Veränderungen bis zum Fototermin. Die abgewetzte Lederjacke und der zerknitterte Hemdkragen sind genau richtig, und auf gar keinen Fall dürfen Sie sich rasieren. Dieser Dreitagebart sieht sehr sexy aus, den wollen wir unbedingt drauf haben.«


    Gibt es etwas Traurigeres auf der Welt als einen toten jungen Menschen, der im Regen liegt? Hauptkommissar Völxen steht unter einem Schirm mit dem Werbeaufdruck einer Pharmafirma, den er von Dr. Bächle geliehen bekommen hat, und sieht den Männern vom Erkennungsdienst und dem Rechtsmediziner bei der Arbeit zu. Die seine wird in Kürze beginnen, und ihm graut davor. Tote Kinder rühren an die Urinstinkte, daran gewöhnt man sich nie. Im Augenblick ist dem Kommissar die Gesellschaft seines Hundes etwas peinlich, obwohl sich das Tier dem Anlass entsprechend benimmt. Die trübe Stimmung seines Herrn widerspiegelnd sitzt der Terrier mit hängendem Kopf, die Ohren auf Halbmast, neben Völxen unter dem Schirm. Vielleicht ist er aber auch nur wasserscheu. Hinter der Absperrung spricht Jule Wedekin mit einem Herrn, der eine

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