Todesspur
an.
»Ich habe Mr. Tweed gefragt«, erklärte Jennie höflich, ohne in Paulas Richtung zu schauen. »Aber im Ernst, das war ein sehr schlimmes Erlebnis gestern abend. Und der Wetterbericht hat für heute abend noch mehr Nebel vorausgesagt.
Und dann taucht er auf – der Schattenmann. Ich werde Ihnen nicht zur Last fallen. Ich werde genau das tun oder lassen, was Sie wollen.« Ihre Stimme zitterte. »Bitte, oh bitte, Mr. Tweed. Nehmen Sie mich mit.«
»Wenn ich Sie mitnehme«, sagte Tweed grimmig, »werden Sie jede meiner Anweisungen strikt befolgen.«" Er hob eine Hand. »Keine Widerrede. Sie haben meine Bedingung gehört. Mehr ist dazu nicht zu sagen.«
Paula fluchte innerlich, während sie wütend Butter auf ihr Croissant strich. Du gerissene, berechnende kleine Teufelin, dachte sie. Was sie am meisten überraschte, war die Tatsache, daß Tweed offenbar auf Jennies feminine Taktiken hereingefallen war. Oder etwa nicht? Sie warf Tweed einen Blick zu, den er mit ausdrucksloser Miene erwiderte.
Strahlender Sonnenschein wurde von dem Schnee reflektiert, der über Nacht in Colmar gefallen war. Tweed kniff die Augen gegen das Gleißen zusammen, als er allein durch den Haupteingang des Hotels Bristol auf die Straße trat. Er wartete auf Newman, der den Espace von dem Platz holen wollte, auf dem sie ihn über Nacht geparkt hatten.
Die Einheimischen eilten zur Arbeit. Eine Frau rutschte auf unter dem Schnee verborgenen Eis aus, und Tweed ergriff ihren Arm und rettete sie vor einem Sturz.
»Merci!
« Da ihr Haar unter einer Mütze verborgen war, sie einen Schal vors Gesicht gezogen hatte und unter ihrer langen Daunen-Jacke eine Röhrenhose hervorschaute, hatte Tweed sie einen Augenblick lang für einen Mann gehalten.
Als er am Bordstein stand und wartete, wurde er von einem großen Mann mit einer Kapuze und Ohrenschützern und einem langen, schweren Trenchcoat angerempelt.
Tweed versteifte sich, als eine kraftvolle Hand seinen Arm ergriff.
»Keine Panik, Tweed. Ich habe schon eine Ewigkeit darauf gewartet, daß Sie herauskommen. Eine wichtige Neuigkeit …«
Der amerikanische Akzent war unverwechselbar. Es war Cord Dillon. Tweed stand ganz still da, legte die behandschuhten Hände ineinander, als machte ihm die Kälte zu schaffen. Er sprach, ohne den Amerikaner anzusehen, wobei sich seine Lippen kaum bewegten.
»Von jetzt an müssen wir engen Kontakt miteinander halten. Sie können mich nach neun Uhr abends im Hotel anrufen. Was ist die wichtige Neuigkeit?«
»Special Agent Barton Ives ist ganz in der Nähe. Möchte mit Ihnen reden. Das Erkennungszeichen ist ein Union Jack, Ihre Nationalflagge.«
»Beschreiben Sie ihn mir kurz.«
»Ungefähr meine Größe, aber viel schlanker. Dichtes schwarzes Haar. Glatt rasiert. Siebenunddreißig. Ausgeprägt angelsächsisches Gesicht. Eisblaue Augen. Er wird Sie finden, wenn alles okay ist. Hier wimmelt es von Aufpassern – feindlichen.«
»Ives wird ein Risiko eingehen, wenn er nicht vorsichtig ist«, warnte Tweed.
»Er ist vorsichtig. Er ist ein FBI-Mann. Ich melde mich wieder …« Als Newman mit dem Espace erschien und ihn damit aus seinen Gedanken riß, stand Tweed immer noch da und schlug die Hände zusammen. Würde eine der beiden Schlüsselpersonen in dieser Krise – Barton Ives und Joel Dyson – wirklich mit ihm Kontakt aufnehmen? Wenn ja, wie? Er wünschte, er hätte Dillon gesagt, daß sie vorhatten, in die Berge hinaufzufahren. Paula kam aus dem Hotel. Es war keine Überraschung, daß ihr Jennie Blade, jetzt in ihrem Lammfellmantel, auf den Fersen folgte und auf den Wagen zueilte.
Tweed fragte sich, ob Jennie auch so viel daran gelegen hätte, mitzufahren, wenn sie gewußt hätte, was ihnen auf der langen Fahrt in die mit noch höherem Schnee bedeckten Berge bevorstand.
39. Kapitel
»Wir werden bereits verfolgt«, bemerkte Newman, als er mit dem grauen Espace auf der schneebedeckten Straße durch die Ebene unterhalb der in einiger Entfernung aufragenden Ausläufer der Vogesen lenkte.
»Sie meinen den großen cremefarbenen Citroen?« fragte Tweed.
»Das ist der Bastard.« Newman warf einen Blick über die Schulter auf Jennie. »Entschuldigen Sie das harte Wort, aber wenn Sie geglaubt haben, dies würde ein gemütlicher Ausflug werden, dann steht Ihnen eine große Überraschung bevor.«
Der Renault Espace V6 war ein geräumiges Fahrzeug, in dem bequem sechs Personen in drei Reihen Platz fanden.
Seine große, abgerundete Fronthaube erinnerte Paula, die
Weitere Kostenlose Bücher