Todesspur
wissen.
Also woher?«
»Die Uniform des echten Postboten wurde aus seinem Cottage in Five Lanes gestohlen.« Er hielt inne. »Sie haben gerade seine Leiche gefunden. Mit durchschnittener Kehle.«
6. Kapitel
Tweed saß am Steuer des Ford Escort. Er fuhr mit voll aufgeblendeten Scheinwerfern in der pechschwarzen Dunkelheit die quer über das Moor führende Straße entlang, um wieder auf die A30 zu gelangen. Paula, die als Lotse fungierte, saß neben ihm; Cardon hockte allein im Fond. Hinter ihnen fuhr Nield den Sierra mit Butler neben sich; die roten Schlußlichter des Escort warnten ihn vor Biegungen der Straße. Seine eigenen Scheinwerfer waren abgeblendet, damit sie kein gleißendes Licht auf Tweeds Rückspiegel werfen konnten.
»Weshalb fahren wir nach Padstow?« fragte Paula.
»Um in Deckung zu gehen, bis ich den Gegner identifiziert habe.«
»Davonlaufen ist doch sonst nicht Ihre Art«, sondierte sie.
»Ein taktischer Rückzug. Es ist durchaus möglich, daß wir es mit dem mächtigsten und gefährlichsten Gegner zu tun haben, dem wir je gegenüberstanden.«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Erstens hat Amberg mich gebeten, ihn in Tresilian Manor zu treffen. Mit einem Trupp von Beschützern. Vielleicht hatte es der Killer ebenso auf uns abgesehen wie auf ihn.«
»Und zweitens?«
»Fast unmittelbar nach dem Massaker wird das Haus am Park Crescent von einer schweren Bombe zerstört. Ein teuflischer Zeitplan?«
»Unwahrscheinlich«, argumentierte sie. »Niemand hätte die beiden Ereignisse zeitlich so genau aufeinander abstimmen können.«
»Ich vermute, der Auslöser für den Anschlag war Joel Dysons Eintreffen aus den Vereinigten Staaten vor zwei Tagen.
Das deutet auf eine überaus mächtige Organisation mit einem sehr langen Arm hin. Außerdem – wie viele Leute wußten, wo sich die Zentrale des SIS befand? Nur die an der Spitze der Sicherheitsdienste in Europa – und Amerika.« »Das hört sich beängstigend an«, bemerkte Paula.
»Es ist beängstigend. Es gehört eine riesige Organisation dazu, all das in die Wege zu leiten. Und das ist der Grund dafür, weshalb wir ein oder zwei Tage in Padstow verbringen werden. Abseits der ausgetretenen Pfade.«
»Aber es könnte ein Nachteil sein«, meinte Cardon, »daß Jennie ausgerechnet in Padstow wohnt.«
Möglicherweise«, pflichtete Tweed ihm bei. »Aber ich habe Zimmer im Metropole gebucht, einem strategisch sehr günstig liegenden Hotel, Ich habe vor Jahren einmal mit Newman dort übernachtet.«
»Und Sie, Philip«, zog Paula Cardon auf, »scheinen sich in die reizende Blondine verknallt zu haben.«
»Ich habe Sie hereingelegt, stimmt’s?« Cardon kicherte.
»Sie tat so, als hätte sie eine Schwäche für mich, als wäre ich der tollste Mann, der ihr je begegnet ist. Aber ich habe mich sofort gefragt: Worauf ist diese Frau in Wirklichkeit aus?«
»Ich wußte gar nicht, daß Sie in bezug auf Frauen so ein Zyniker sind.«
»Kein Zyniker«, erklärte Cardon fröhlich. »Lediglich Realist. Sind Sie nun beleidigt?«
»Nicht im geringsten. Jetzt weiß ich, daß Sie mit beiden Beinen fest auf der Erde stehen. Und was in aller Welt ist das da vor uns?«
Tweed fuhr langsamer. Im Scheinwerferlicht sah er rotweiße Hütchen, die zusammen mit einem großen Schild den Weg versperrten. Es trug die Aufschrift UMLEITUNG und einen Pfeil, der nach rechts auf eine schmale Straße deutete. Inzwischen hatte es angefangen zu regnen, und zwischen den eingeschalteten Scheibenwischern hindurch sah Tweed Männer in gelben Regenjacken und Schirmmützen. Ein massiger Mann schwenkte eine rote Lampe und kam auf die Fahrerseite des Wagens zu. Tweed hielt an, ließ aber den Motor laufen.
Auf dem Rücksitz hatte Cardon die rechte Hand in seinen Anorak geschoben und die Walther ergriffen.
»Tut mir leid«, rief der massige Mann mit der Lampe, als er näher herangekommen war. »Auf der A30 hat es eine Massenkarambolage gegeben. Biegen Sie hier ab. Ein paar Kilometer weiter westlich kommen Sie wieder auf die Hauptstraße.«
Tweed registrierte, daß der Mann mit unterdrücktem amerikanischen Akzent sprach.
»Tweed«, flüsterte Paula, »ich habe mir die Karte angesehen. Die einzige Abzweigung nach rechts ist eine Sackgasse.
Sie führt zu einem nahegelegenen Steinbruch.«
»Können Sie mir einen Ausweis zeigen?« fragte Tweed durch das geöffnete Fenster hindurch.
»Warum zum Teufel sollte ich das tun?« Das Gesicht des Mannes wurde gemein. Er schob die Hand in seine
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