Todesspur
nach dem Schalter, um das Licht einzuschalten. Auf dem Teppichboden lag ein weißer Briefumschlag, der ganz offensichtlich unter der Tür durchgeschoben worden war.
Er machte die Tür zu und schloß sie hinter sich ab. Dann schlitzte er mit seinem Taschenmesser den Umschlag vorsichtig auf. Drinnen lag nur ein zusammengefaltetes Blatt Papier, auf dem nichts stand außer einer kurzen handschriftlichen Nachricht.
Rufen Sie mich von einem sicheren Apparat aus unter dieser Nummer an. Zwischen 20 und 20.15 Uhr heute abend. Cord.
Tweed war verblüfft. Dillon wohnte entweder in diesem Hotel – wie er es ihm vorgeschlagen hatte –, oder er hatte ihre Ankunft beobachtet. Er sah auf die Uhr. Acht Minuten nach acht. Ihm blieben nur noch wenige Minuten, um ein Telefon außerhalb des Hotels zu erreichen. Er griff nach dem Hörer und wählte Butlers Nummer.
»Hier Tweed. Wir müssen ausgehen. Sofort.«
»Bin schon unterwegs …«
Tweed hatte seinen Mantel an, als Butler in einem wattierten Anorak erschien. Er öffnete ihn, zog eine .7,65er Walther Automatik aus einem Hüftholster, grinste und steckte die Waffe wieder ein. Tweed wartete mit seiner Frage, bis sie durch den bitterkalten Abend die Bahnhofstraße entlanghasteten.
»Wo zum Teufel haben Sie die her? Wir haben uns doch auf dem Weg zum Flugplatz Newquay sämtlicher Waffen entledigt.«
»Leihgabe von Polizeichef Beck. Haben Sie nicht die Segeltuchtasche gesehen, die er Paula nach dem Aussteigen vor dem Schweizerhof ausgehändigt hat?«
»Nein, die habe ich nicht gesehen.«
»Sie enthielt Walthers für Pete Nield und mich, einen .32er Browning für Paula und einen Smith & Wesson für Newman sowie Munition für sämtliche Waffen. Paula erriet, was sich in der Tasche befand, und übergab sie Newman, bevor sie Ihnen nach drinnen folgte. Die nötigen Ausnahmegenehmigungen waren auch dabei – unterschrieben von Beck.«
Für Butlers Verhältnisse war das eine lange Rede. Als er damit fertig war, hatten sie die Rolltreppe erreicht, die in das Einkaufszentrum hinunterführte. Tweeds einzige Erwiderung war ein Grunzen. Er wollte immer gesagt bekommen, was vor sich ging, aber der Umzug ins Hotel Gotthard war eine ziemliche Hetze gewesen.
Um diese späte Stunde waren nur noch wenige Leute in dem unterirdischen Komplex. Tweed schaute ganz bewußt nicht in die Telefonzellen, die besetzt waren. Falls sich Cord Dillon in einer von ihnen befand, konnte er nicht riskieren, die Aufmerksamkeit auf ihn zu lenken.
»Es dauert nicht lange«, sagte er zu Butler, als er eine der leeren Zellen betrat.
Er stellte sich mit dem Rücken zur Seitenwand und wählte die Züricher Nummer. Butler tat so, als interessierte er sich für einen geschlossenen Gemüseladen auf der anderen Seite.
»Wer ist da?« fragte Dillons brüske Stimme.
»Hier Tweed. Ich habe Ihre Nachricht erhalten …«
»Hören Sie nur zu. Special Agent Barton Ives ist in der Stadt. Er wird versuchen, mit Ihnen Verbindung aufzunehmen, wenn er es ungefährdet tun kann.«
»Warum hat er die Staaten verlassen? Ich brauche ein paar Fakten …«
»Er hat eine Reihe von Morden in Tennessee, Mississippi, Louisiana, Alabama, Georgia und Florida untersucht. Sämtlich Frauen. Vergewaltigt und dann ermordet.«
»Weshalb mußte er nach Europa flüchten?«
»Fragen Sie ihn selbst. Muß jetzt Schluß machen. In Zürich wimmelt es von Nortons Revolvermännern. Ich vermute, er wird selbst bald hier sein, wenn er nicht schon da ist.
Und dann gibt es in Zürich ein Erdbeben.«
»Cord, wie zum Teufel hängt diese Mordserie mit dem zusammen, was da vor sich geht?«
»Nicht am Telefon. Fragen Sie Barton. Bleiben Sie in Dekkung. Ich tue dasselbe …«
»Solange wir nicht wissen, wie dieser Norton aussieht nützt es uns nichts, zu wissen, daß wir uns vielleicht seiner Gesellschaft erfreuen werden.«
»Der erfreut sich niemand. Bevor jemand das tun kann, ist er tot. Schluß für heute …«
Wieder hatte er aufgehängt, bevor Tweed ihm eine wichtige Frage stellen konnte. Die abrupte Beendigung des Gesprächs beunruhigte Tweed, als er mit Butler ins Gotthard zurückkehrte. Dillon war ein harter Bursche, und er hatte noch nie erlebt, daß er sich vor irgend jemandem fürchtete.
Dieser Norton mußte es in sich haben.
Norton wartete am Flughafen Heathrow, als der United Flug 918 aus Washington landete. Er stand in einer kleinen Gruppe von Leuten, die Ankömmlinge abholen wollten. Neben ihm stand ein Gepäckträger mit einem großen,
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