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Todesstatte

Titel: Todesstatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Booth Stephen
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Doch auch Fry wählte abends manchmal eine Route, die ihr sicherer vorkam als der kürzeste Weg.
    Â»Ich bin auf dem Heimweg«, sagte Petty.
    Â»Ãœberstunden?«
    Â»Die Beweisstücke konnten nicht bis morgen warten. Aber jetzt ist alles protokolliert und sicher verwahrt.«
    Â»Gut.«
    Petty betrachtete die einzelne Lampe und das Tonbandgerät.
    Â»Sie machen auch Überstunden, oder?«
    Â»Genau wie Sie musste ich noch ein paar Sachen erledigen.«
    Fry hoffte, Liz Petty würde gehen, doch stattdessen kam sie näher und stellte ihre Tasche auf dem Boden ab.
    Â»Sie haben sich wieder die Aufzeichnungen seiner Anrufe angehört, nicht wahr? Ich habe den Klang des Stimmenwandlers erkannt.«
    Â»Und?«
    Petty schien ihren Tonfall nicht zu bemerken und kam noch näher. Fry fühlte sich beobachtet. Sie war zu nah da. Viel zu nah.
    Â»Diane, warum verstören diese Anrufe Sie so sehr?«
    Â»Verstören? Sie verstören mich nicht. Wie meinen Sie das?«
    Â»Na ja... dann eben beunruhigen. Sie beunruhigen Sie doch, nicht wahr? Mehr als alle anderen hier.«
    Fry konnte ihr nicht in die Augen sehen. Sie kämpfte gegen das Bedürfnis an, sich Petty anzuvertrauen. Bislang hatte sie noch mit niemandem darüber gesprochen, hatte noch niemanden gefunden, von dem sie glaubte, dass sie mit ihm sprechen könne und dass er verstehen würde.
    Â»Es ist das, was er in seinen Anrufen sagt. Ich muss dabei an ein Kind denken«, sagte sie.
    Petty runzelte die Stirn. »Aber er erwähnt doch kein Kind, oder?«
    Â»Nein, nicht direkt.«
    Â»Wenn Kinder betroffen sind, ist es immer am schlimmsten.« Doch Fry erkannte an ihrem Tonfall, dass sie nicht verstanden hatte.
    Â»Nicht Kinder – ein Kind«, sagte sie. »Es war damals mein erster Mordfall, als ich noch in Birmingham gearbeitet habe. Ich war noch bei den Uniformierten und erst dreiundzwanzig Jahre alt. Aber das schützt einen auch nicht.«
    Â»Nein.«
    Â»Sie war acht Jahre alt und als vermisst gemeldet worden. Es war im Sommer, mitten in den Schulferien. Man sagte uns, sie hätte im Freien gespielt und wäre einfach verschwunden. Ich wurde mit den Kriminalbeamten und ein paar anderen Uniformierten zu ihrem Haus geschickt. Die Eltern waren völlig außer sich. Aber der Detective Inspector hat darauf bestanden, das Haus zu durchsuchen. Ich dachte mir: ›Warum tun wir den Eltern das an, wenn ihnen jemand ihr Kind weggenommen hat?‹«
    Petty zog sich einen Stuhl heran und setzte sich neben sie. Sie war zu nahe, doch in diesem Augenblick war Fry das egal.
    Â»Sie haben das kleine Mädchen gefunden?«
    Fry nickte. »Sie war in einem Schuppen, in altes Sackleinen eingepackt und mit einer Gartenschnur umwickelt. Ihre Haut hatte sich bereits schwarz verfärbt, und ihr Gesicht war mit Maden übersät. Der Pathologe sagte, dass sie seit mindestens drei Wochen tot war. Die Eltern hatten ihre eigene Tochter getötet und sie einfach verwesen lassen. Dann gerieten sie in Panik, als eine Sozialarbeiterin anrief und einen Termin vereinbaren wollte, um nach ihr zu sehen. Sie stand auf der Liste gefährdeter Kinder.«
    Â»Mein Gott, wie schrecklich.«
    Â»Und wissen Sie, was? Den Gerichtsmedizinern zufolge war an dem Leichnam mehrmals herumhantiert worden.«
    Â»Herumhantiert?«
    Â»Jemand war regelmäßig zurückgegangen, um einen Blick darauf zu werfen. Das war an dem Muster der Flecken auf dem Sackleinen zu erkennen, das ihre Körperflüssigkeiten hinterlassen hatten, und daran, dass die Schnur mehrere Male neu verknotet worden war. Vor Gericht konnten wir das allerdings nicht verwenden, weil wir nicht wussten, welches Familienmitglied es getan hatte. Es hätte sowohl der Vater als auch die Mutter gewesen sein können – oder vielleicht sogar der zwölfjährige Sohn.«
    Â»Und das war Ihr erster Mordfall?«, fragte Petty.
    Â»Deshalb erinnere ich mich noch so genau daran. Ich erinnere mich an das Geräusch der Maden, die auf ihrem Gesicht herumgekrochen sind. Und ich erinnere mich an den Gestank in dem Schuppen. Eine Mischung aus abgestandenem Wasser und Essig. Süßlich, aber nicht wie der Geruch von Blumen. Süßlich wie verrottetes Fleisch.«
    Â»Wenn dieser Typ von Verwesung spricht, denken Sie also...?«
    Â»Ja, genau das bedeutet es für mich: Ein achtjähriges Mädchen, das in einem Schuppen im Garten seiner

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