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Todesstoß / Thriller

Todesstoß / Thriller

Titel: Todesstoß / Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Rose
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»Mach schon.«
    »Ja, Sir«, sagte sie resigniert, füllte Eis in einen Beutel und zuckte zusammen, als sie ihn auf ihre Hand legte. »Warum bist du überhaupt hier?«, fragte sie. »Rich sollte doch heute kommen.«
    »Er hat angerufen und sich krank gemeldet.« Mit raschen Bewegungen füllte Sal die Gläser. »Und warum bist
du
hier? Callie war doch heute dran.«
    »Sie hat ein Date.« Der Typ war irgendwann mit einem Strauß Rosen aufgetaucht war und hatte sich entschuldigt. Ein Mandant sei angeblich am Nachmittag verhaftet worden, weil er an einer Schlägerei unter Eishockey-Fans teilgenommen hatte.
    Sal blickte sie finster an. »Aber du hast schon letzte Woche jeden Abend gearbeitet.«
    »Ich brauche das Geld. Das Leck im Dach immer schlimmer«, sagte sie, aber er schüttelte den Kopf.
    »Nein, auch du musst dich mal ausgehen. Du bist zu hübsch, um dich in dieser Bar zu verstecken.«
    Dass man sie hübsch nannte, verwunderte sie noch immer. Den Vorwurf würde sie aber nicht gelten lassen. »Ich verstecke mich nicht«, sagte sie schärfer, als sie beabsichtigt hatte. »Nicht mehr.«
    Obwohl sie sich abgewandt hatte, spürte sie, dass Sal sie genau musterte. Jahrelang hatten die Leute sie angestarrt, wenn sie glaubten, dass sie es nicht merkte, aber sie war sich der entsetzten Blicke stets bewusst gewesen. Gefolgt von aufgeregtem Getuschel … dass es damit vorbei war, verdankte sie ihrem plastischen Chirurg, und in ihren Augen hätte man ihn allein dafür heiligsprechen müssen.
    »Tut mir leid«, sagte Sal. »Aber du arbeitest hier, lernst, gehst zur Uni und kommst wieder her, um zu arbeiten. Und wenn du mal frei hast, hängst du vor deinem Computer und spielst in Fantasy Island irgendwelche obskuren Spielchen mit Aviatoren und Orgien. Das ist doch nicht normal.«
    Sals Fantasy Island hieß in Wirklichkeit Shadowland und war ein virtueller Spielplatz, ein künstliches 3D-Universum. Es gab zwar keinen mysteriösen Mr. Roarke in einem gestärkten weißen Anzug wie in der Fernsehserie aus den Achtzigern, aber auch hier konnten Menschen vorgeben, jemand anderes zu sein, während sie mit Millionen Gamern rund um den Globus interagierten und virtuelle Fantasien auslebten.
    Eve war der Verlockung von Shadowland erlegen, nachdem der Überfall ihr gewohntes Leben zerstört hatte. Die virtuelle Welt war mehr als nur ein Spiel für sie gewesen. Sie wurde zu einer notwendigen Verbindung zur Außenwelt, vor der sich Eve, die eingeschüchterte und schrecklich entstellte Eve, jahrelang verborgen hatte.
    Doch zum Glück waren diese Jahre vorbei. Wie Tom Hunter hatte sie sich selbst neu erfunden. Shadowland war nicht länger eine Flucht, sondern ein Werkzeug für ihr Forschungsprojekt.
    Zumindest hatte es so angefangen. Aber ihr Forschungsprojekt schien sich in ein furchtbares schwarzes Loch zu verwandeln, das ihre Testpersonen schneller in sich einsog, als sie sie zurückhalten konnte. Was mit großem therapeutischen Potenzial gestartet war, hatte sich zu einer Falle entwickelt, die ausgerechnet den Leuten zum Verhängnis wurde, denen sie doch helfen wollte.
    »Das heißt nicht Aviator sondern Avatar«, sagte sie gereizt. »Die Figuren, mit denen man spielt, heißen Avatare. Und woher hast du das mit den Orgien?«
    Sals Augen funkelten, und sie begriff, dass er sie nur aufziehen wollte. »Ich könnte mir vorstellen, dass das viele männliche Fantasien befriedigen würde. Nicht meine«, fügte er hastig hinzu. »Damit wäre Josie gar nicht einverstanden.«
    »Das kann ich mir denken«, gab Eve trocken zurück. Dann zuckte sie mit den Schultern. »Im Übrigen vergeude ich keine Zeit mit Computerspielen, und das weißt du auch. Das Projekt ist für meine Diplomarbeit.«
    Sals Augen hörten auf zu funkeln. »Eben – sag ich doch. Selbst wenn du spielst, arbeitest du noch. Wann bist du zum letzten Mal verabredet gewesen?«
    Vor fünf Jahren, elf Monaten und sieben Tagen.
Dass ihr diese Zeitspanne nach all den Jahren noch so präsent war, war … beängstigend.
    »Aha«, bemerkte Sal ruhig, als sie keine Antwort gab. »Du hast in letzter Zeit zu viel um die Ohren. Dein Forschungsprojekt verschafft dir momentan vor allem dunkle Ringe unter den Augen. Ich will, dass du dir mal freinimmst. Fahr in Urlaub. Tank Sonne in Florida.«
    Eve warf den Eisbeutel in die Spüle und begann, einen Martini zu mixen, den Lieblingsdrink des nächsten Kunden in der Schlange. »Urlaub kostet Geld, Sal, und ich habe keins.«
    »Ich leihe dir was«,

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