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Todesstunde

Todesstunde

Titel: Todesstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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Übermut überfuhr er sogar ein paar rote Ampeln und schnitt anderen Fahrern den Weg ab, während er sich sanft durch die Gänge von Stuttgarts neuster Acht-Zylinder-Inkarnation schaltete.
    Er konnte wirklich nicht genug von seinem neuen Hunderttausenddollar-Spielzeug bekommen. Der brachiale Antrieb, wenn er sich geduckt die Serpentinen entlangschlängelte. Wie Oscar Wilde schon gesagt hatte: »Ich habe einen ganz einfachen Geschmack. Ich bin immer mit dem Besten zufrieden.«
    Als Berger genug davon hatte, nur vor sich hinzukriechen, legte er einen Zahn zu, wich im Slalom den vielen Taxen aus. Die Esplanade an der 125th Street erreichte er mit selbstmörderischen 140 Stundenkilometern und heulte den Vollmond über dem Hudson an. Ihm kam eine Idee.
    Warum nicht?
    Er setzte sich auf die Rückenlehne und lenkte mit dem Fuß wie Jack Nicholson in einem seiner Filme, den er einmal gesehen hatte.
    Mit dem Wind auf seinem Gesicht und dem Wahnsinn in seinem Kopf, der weit über die Windschutzscheibe hinausragte, während er die Arme verschränkt hielt und mit dem nackten Fuß lenkte, sah er aus wie ein Zauberer auf einem fliegenden Teppich. Eine Frau in einem anderen Wagen hupte ihm zu. Er hupte zurück. Mit dem Fuß.
    Nicholson würde sich wünschen, er hätte genauso viel Mumm wie ich, dachte Berger.
    Es ging ihm blendend. Zum ersten Mal seit Jahren fühlte er sich richtig lebendig. Was komisch war, weil er in einer Woche wahrscheinlich so tot wie Moses sein würde.
    Natürlich alles zu Ehren von Lawrence.
    Wieder grölte Berger, als er auf dem Sitz nach unten rutschte und das von Deutschen entwickelte Gaspedal gegen den von Deutschen entwickelten Fahrzeugboden drückte.

16
    Ein silberner Bentley Arnage mit einem Aufkleber der britischen Flagge fuhr gerade von der jagdgrünen Markise fort, als Berger mit einem Stock aus dem Kofferraum seines Mercedes die 77th Street entlanghumpelte.
    Gehörte der Bentley einem Vertreter des Landadels? Kamen die Windsors aus dem Buckingham Palace zu Besuch? Natürlich nicht. Es war Jonathan Brickman aus der 7A, der größte weiße jüdische Protestant seit Ralph »Lifshitz« Lauren.
    Berger machte den kleinen Witz nur im Stillen. Eigentlich mochte er Brickman. Er hatte sozusagen dreimal einen Sechser im Lotto gewonnen. Princeton, Harvard, Goldman Sachs. Seine Finanzen bewegten sich selbst für den Seidenstrumpf-Distrikt in schwindelerregender Höhe.
    Jonathan war zudem ein angenehmer Zeitgenosse. Liebenswert, selbstironisch und adrett in seinem maßgeschneiderten Nadelstreifenanzug. Das Einzige, was diesem Herrn in seiner Sammlung noch fehlte, war eine Vermählungsanzeige für seine Tochter, dann könnte er in Ruhe sterben und in den Himmel fahren. Oder nach Greenwich.
    Berger gefielen sogar Brickmans anglophile Ralph-Lauren-Sehnsüchte. Was konnte einem an Ralph Laurens Großem Gatsby nicht gefallen? Die idealisierte aristokratische Welt voller schöner Häuser und Kleider und Möbel und Menschen? Brickman versuchte noch strahlender, glücklicher und besser zu werden. Mit einem Wort: mehr! Was könnte triumphierender und lebensbejahender sein als das?
    Als Berger die mit Vogelaugenahorn getäfelte Eingangshalle betrat, war der Portier gerade mit Brickmans Ledertaschen bepackt. Er hieß Tony. Oder zumindest behauptete er, so zu heißen. Sein serbischer, näselnder Akzent ließ vermuten, dass sein richtiger Name Artan oder Besnik lautete.
    Willkommen in New York, dachte Berger mit einem Grinsen, wo Albaner gerne Italiener wären, Juden sich wie weiße Protestanten verhielten und der Bürgermeister am liebsten als Kaiser aufträte.
    »Ach, Mr. Berger, ich komme«, sagte Tony. »Wenn Sie einen kurzen Moment warten, drücke ich den Fahrstuhlknopf für Sie.«
    Das meinte er sogar ernst. Im wörtlichen Sinn einen Finger krumm zu machen war für einige der widerlichsten Bewohner schon anstößig.
    »Der hier ist schon da.« Berger drückte tatsächlich selbst den Knopf, um die Türen zu öffnen. »Betrachten Sie das als vorzeitiges Trinkgeld zu Weihnachten.«
    Auf dem Flur mit der hohen Kassettendecke im obersten Stockwerk glitten die mit Mahagoni vertäfelten Fahrstuhltüren wieder zur Seite. Die einzige Tür am Ende führte in Bergers Penthousewohnung.
    Brickman hatte ein paar Jahre zuvor für diese Wohnung ein diskretes und ziemlich hübsches Angebot abgegeben. Doch einige Dinge, eine 650 Quadratmeter große Wohnung auf mehreren Ebenen mit Blick auf den Central Park zum Beispiel, konnte auch

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