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Todesstunde

Todesstunde

Titel: Todesstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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erklärte er geheimnisvoll.
    »Wohin?«, wollte ich wissen.
    »Keine Fragen«, entgegnete er.
    Meine Familie ist noch durchgeknallter als ich, dachte ich, nachdem ich mich umgezogen hatte und mich von Trent die zwei Straßenblocks zum dunklen Strand führen ließ. Unten am Wasser erkannte ich eine Gruppe neben einem Lagerfeuer. Das Lied der Black Eyed Peas, »I Gotta Feeling«, dröhnte mir entgegen.
    »Überraschung!«, tönte meine Bande, als ich auf sie zuging.
    Ungläubig stolperte ich ihnen entgegen. Alle waren sie da. Sie hatten einen Grill mitgenommen, der Duft von Rippchen strömte mir entgegen. Auf einer Decke standen ein Eimer mit Eis und Getränken sowie ein Tablett mit Fertigtörtchen. Alles in allem: eine Bennett-Strandparty.
    »Was ist denn hier los? Ich habe doch gar nicht Geburtstag.«
    »Da du den ganzen Tag über nicht am Strand sein konntest, dachten wir, du könntest wenigstens den Abend hier verbringen«, erklärte Mary Catherine, die mir ein riesiges blaues Plastik-Margarita-Glas reichte. »Das war die Idee der Kinder.«
    »Wow«, sagte ich nur.
    »Wir haben dich alle lieb, Dad«, sagte Jane, legte mir einen Plastikblumenkranz um den Hals und gab mir einen Kuss. »Ist das denn so überraschend?«
    »Stimmt genau, Daddy-Waddy. Wir haben dich ja soooo lieb.« Das war Ricky, der mir einen klitschnassen Football an den Kopf warf. Ich schaffte es, ihn zu fangen, ohne einen Tropfen von meinem Alkohol zu verschütten.
    Nach einigen weiteren stressabbauenden Margaritas und viel Gelächter, weil Seamus zu »Wipe Out« tanzte, war ich bereit, ins Wasser zu gehen. Ich versammelte die Mannschaft und zog mit der Ferse eine Line in den Sand.
    »Okay. Auf die Plätze, fertig …«
    Doch sie rannten bereits los, die kleinen Stinker. Als ich das kalte Wasser eine Sekunde nach ihnen erreichte, hatte ich das Gefühl, dass tausend Nadeln mein Gesicht bearbeiteten und meinen Schädel zum Explodieren bringen würden. Au Mann, genau das hatte ich gebraucht – eine Erfrischung im kalten Wasser und meine wunderbare Familie. Was für ein glücklicher Mensch ich doch war!
    Ich ließ mich vom Wasser bis an die Grenze zum Wahnsinn umherwerfen, bis ich einen der Zwerge schnappte, der nach Törtchen roch, auf meine Schulter hob und auf die nächste große Welle wartete. Alle schrien und lachten.
    Ich blickte zum Nachthimmel empor und erstarrte panisch. Eine tosende Welle raste auf uns zu. Wir grölten, als könnten wir sie verjagen, doch sie ließ sich nicht aufhalten.
    »Alle Mann festhalten!«, schrie ich, als sich kleine, klebrige Finger in meinem Haar festkrallten.

15
    Es war dunkel, als Berger mit seinem Mercedes unter das kalte, grelle Licht einer Tankstelle an der Ecke Tenth Avenue und 36th Street in Manhattan fuhr. Gleich nach der Messerstecherei hatte er seine blutigen Kleider eingepackt und sich Jeans und ein T-Shirt angezogen. Vom Tatort war er zur Throggs Neck Bridge gefahren, wo er alles, auch das Messer und die Perücke, fortgeworfen hatte. In den letzten Stunden war er durch die fünf Bezirke gefahren, um sich zu beruhigen und Dampf abzulassen und, wie immer, um nachzudenken und zu planen. Hinter dem Lenkrad gelang ihm dies stets am besten.
    Jetzt hatte er hier nicht nur gehalten, um zu tanken, sondern auch, weil sein steifes linkes Knie wieder zu jammern anfing. Hey, viele Grüße von hier unten, mein Großer, schien sein Knie zu sagen. Erinnerst du dich an mich? Irak, Panzerfaust, das Stück Metall, das sich in mich hineingebrannt und alle meine Muskeln, Sehnen, Nerven und Blutgefäße zu Tomatensoße zusammengekocht hat? Nun, tut mir leid, dass ich wieder damit anfange, aber hier unten tut’s tierisch weh. Unternimm was dagegen!
    Berger biss die Zähne vor Schmerzen zusammen, als er den Hebel für den Tankdeckel zog, ausstieg und sich das Knie rieb. Während er tankte, schluckte er ohne Wasser eine Schmerztablette. Eine »Vitamin S«, wie er sie gerne nannte. Zwanzig Minuten später fuhr er ins Morningside-Heights-Viertel in der Nähe der Columbia University. Weiter westlich bog er auf den Riverside Drive, die wahrscheinlich tollste Straße in Manhattan. Das hell erleuchtete Grant’s Tomb setzte sich mit seinen weißen, griechischen Säulen und dem Rundbau blass vor dem dunkelblauen Nachthimmel ab.
    Lächelnd nahm er die eleganten Kurven des Riverside Drive. Es gab viel, worüber er lächeln musste. Die hübsche Architektur rechts, das dunkle Wasser links, eine Schmerztablette im Blut. Aus lauter

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