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Todesstunde

Todesstunde

Titel: Todesstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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ein Milliardär mit seinem Geld nicht kaufen.
    Wie immer vor der Tür blieb Berger vor den beiden Gegenständen im Flur stehen. Links stand auf einem Marmorsims ein dunkel glasierter Krug aus Wiener Porzellan, ein nahezu makelloses Beispiel für Louis-XV-Chinoiserie. Rechts hing Salvador Dalís Brotkorb, das Meisterstück, das er gemalt hatte, kurz bevor er aus der Akademia de San Fernando in Madrid rausgeschmissen worden war, weil er gesagt hatte, die Akademie habe nicht die Befugnis, ihn zu beurteilen.
    Wenn Berger vor diesen beiden Kunstwerken stand, spürte er, dass sein Heim etwas Besonderes ausstrahlte, dass sich etwas Schönes und Heiliges wie Balsam über ihn legte. Ja, gut, die alte, dunkle Wohnung könnte durchaus etwas aufpoliert werden, doch er hatte nicht vor, irgendetwas anzurühren. Das Holzfurnier der verstaubten Flure gab ihm das Gefühl, in einem Gemälde der Alten Meister zu leben.
    Dieser Ort war zu einer Zeit errichtet worden, in der es noch eine natürliche Aristokratie und Respekt vor Status, Privilegien, Leidenschaft und Talent gegeben hatte. Hier lebten Geister. Die Geister großer Männer und Frauen. Großer Träume. Er spürte, dass sie ihn willkommen hießen.
    Er beschloss, sich ein Bad einzulassen. Und in was für einem Badezimmer, dachte er, als er seinen vierzig Quadratmeter großen Lieblingsraum betrat. In dem mit Tiroler Marmor ausgelegten Bad war die eingelassene Badewanne so groß wie ein kleines Schwimmbecken. In dem Kamin rechts hätte man einen Ochsen am Spieß braten können, die Fenster links führten auf den am höchsten gelegenen Balkon der weitläufigen Wohnung.
    Besonders in der Winterzeit hielt sich Berger gerne hier auf. War der Balkon weiß verschneit, öffnete er die Türen und ließ das Feuer lodern, während er, mit Schaum bedeckt, auf dem Rücken trieb, die Augen auf die gelben und weißen Lichter jenseits des dunklen Teppichs des Central Park gerichtet.
    Auch jetzt öffnete er die Türen, bevor er sich auszog, und tauchte langsam ins Wasser ein.
    Am nächsten Tag würde er die Sache »in unbekannte Höhen treiben«, um mit den Worten des widerlichen Fernsehkochs zu sprechen. Dieses Wochenende war nichts im Vergleich zu dem, was die Menschen am nächsten Morgen wecken würde.
    Morgen würde ein höllischer Tag werden.

17
    Eigentlich hätten wir schon längst im Bett liegen sollen. Umso mehr genossen es die Kinder und ich, nass bis auf die Knochen um das Lagerfeuer zu stehen. Seamus räusperte sich, um uns eine seiner Lieblingsgeistergeschichten zu erzählen.
    Seine Geschichten kannte ich noch aus meiner Kindheit. Nullachtfünfzehn-Geistergeschichten waren für Weicheier. Seamus’ Erzählungen waren von H. P. Lovecraft inspirierte Spinnereien über Fischwesen, so erschreckend, dass Menschen allein von ihrem Anblick verrückt werden konnten. Also, jeder kann einem kleinen Kind Angst einjagen, aber das, was Seamus vollbrachte, übertraf alles.
    Ich nahm ihn zur Seite. »Machst du eine jugendfreie Geschichte daraus, Padre?«, fragte ich. »Ich möchte nicht, dass die Kinder Albträume bekommen. Und ich will auch keine kriegen.«
    »Gut, gut, ich werde sie etwas verwässern, du Spaßbremse«, brummte Seamus.
    »Mike?«, flüsterte mir Mary Catherine zu. »Würdest du mir helfen, noch ein bisschen Limo zu holen?«
    Sie tat noch nicht einmal so, als wollte sie ins Haus zurückkehren. Wir gingen nach Norden am Strand entlang. Mary Catherine trug ein hauchdünnes, weißes Baumwollsommerkleid, das ich an ihr noch nicht gesehen hatte. In den letzten zwei Wochen war sie ziemlich braun geworden, was ihre blauen Augen noch heller und hübscher als sonst erscheinen ließ.
    Sie wandte diese blauen Augen mir zu, während wir spazieren gingen, doch ihr fein geschnittenes Gesicht wirkte auf bewundernswerte Weise nervös.
    »Mike«, sagte sie schließlich auf unserem geheimnisvollen Limo-Trip.
    »Ja, Mary?«
    »Ich muss ein Geständnis ablegen«, sagte sie und blieb neben einem Hochsitz der Rettungsschwimmer stehen. »Die Party war nicht die Idee der Kinder, sondern meine.«
    Ich hielt sie an den Schultern fest. »Ich verzeihe dir unter einer Bedingung«, drohte ich.
    Diesmal knallten wir nicht erst mit den Köpfen zusammen und zögerten auch nicht, uns zu küssen.
    »Das ist wahnsinnig. Was treiben wir hier eigentlich?«, fragte Mary Catherine, als wir nach Luft schnappten.
    »Limo holen?«, fragte ich zurück.
    Mary Catherine lächelte und trat mir spielerisch gegen das Schienbein,

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