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Todesstunde

Todesstunde

Titel: Todesstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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Zeitung umwickelten Bombe, die er gerade hatte stehen lassen.
    Er zuckte zusammen, als fünfundzwanzig Kilo Plastiksprengstoff mit einem ohrenbetäubenden Lärm explodierten. Drei Meter vom Ausgang entfernt flog ein Stück Marmor wie eine Frisbee-Scheibe an ihm vorbei. Eine Aktentasche folgte, danach eine heiße Staubwolke.
    Draußen auf der Lexington Avenue blieben Autos stehen, auf dem Bürgersteig drehten sich die Passanten zum Bahnhofseingang und erstarrten wie Figuren auf einer Modelleisenbahn. Die Sackkarre kippte um, als Berger sie zum Straßenrand rollte. Berger ging hinten um seinen geliehenen Lkw herum, überquerte die Straße und bog mit gesenktem Kopf, sein Telefon noch immer in der Hand, um die Ecke der 43rd Street.
    Einen halben Straßenblock weiter holte er tief Luft und wählte die Nummer für den anderen Auslöser.
    Für denjenigen, der an dem Brandsatz im Führerhaus des Lkws befestigt war.
    Jemand schrie. Berger drehte sich um – eine dicke Rauchsäule stieg zwischen den Bürotürmen auf.
    Statt nur zur Ablenkung einen Lkw in die Luft zu jagen, hatte er ernsthaft überlegt, die Ladefläche mit in Benzin getränktem Ammoniumnitrat zu beladen wie damals der Attentäter in Oklahoma City, doch er hatte sich dagegen entschieden.
    Er warf die Mütze, die Brille und den Jesusanhänger fort und schüttelte, einen Moment lang unschlüssig geworden, den Kopf.
    Alles hatte wie vorgesehen geklappt. Nach einem letzten Blick auf die pilzförmige Rauchwolke, die zum morgendlichen Julihimmel aufstieg, erreichte er die Third Avenue und marschierte Richtung Norden weiter. In der Ferne ertönten Sirenen.
    Diesmal hatte Berger keine Grenze überschritten, wie er wusste.
    Er hatte sie ausgelöscht.

19
    Am nächsten Morgen schlüpfte ich noch im Halbdunkeln in meine Flipflops und fuhr mit dem Fahrrad ein paar Blocks weiter, um eineinhalb Dutzend Brötchen und ein Kilo Schinkenspeck zu kaufen. Anschließend setzte ich mich mit einem Becher Kaffee an einen ramponierten Picknicktisch auf dem noch leeren Parkplatz hinter dem Laden und blickte auf den Strand.
    Die über dem Meer aufgehende Sonne erinnerte mich an den Sommer, als ich siebzehn gewesen war. Ein Freund und ich machten einen auf Jack Kerouac und fuhren per Anhalter an die Küste von Jersey, wo ich ein Mädchen kannte. Mein Freund riss sich das Mädchen unter den Nagel, und ich musste am Strand schlafen. Als ich allein mit dem Lärm der Möwen erwachte, war ich zunächst deprimiert, doch dann drehte ich mich zum Wasser und erstarrte mit weit aufgerissenen Augen, zum ersten Mal überwältigt von den Wundern, die einem diese Welt bieten konnte.
    Lächelnd erinnerte ich mich an mein Erlebnis mit Mary Catherine vom Abend zuvor. Darum also dachte ich über meine Jugend nach, während ich meinen Kaffee mit Vanillegeschmack austrank. Nach dem Abend zuvor fühlte ich mich wieder wie ein Siebzehnjähriger. Ich hatte mich wie ein halbwüchsiger Bengel benommen. Nicht schlecht, was?
    Seamus wartete auf der Veranda auf mich, als ich zurückkam. An seinem blutleeren Gesicht merkte ich, dass etwas nicht stimmte. Aus irgendeinem Grund hielt er mein Telefon in der Hand. Mit schlitterndem Hinterrad bremste ich, ließ das Fahrrad fallen und stürmte die Treppe hinauf.
    »Ist was mit einem der Kinder?«
    Seamus schüttelte den Kopf.
    »Den Kindern geht’s gut, Michael«, antwortete er mit eigenartiger Ruhe.
    Michael?
    Mist. Das war schlecht. Das letzte Mal, das er mich meines Wissens mit meinem richtigen Namen angeredet hatte, war am Morgen der Beerdigung meiner Frau gewesen.
    Ich merkte, dass im Haus hinter ihm das Radio lief. Viel Stille zwischen den Worten des Nachrichtensprechers. Seamus reichte mir mein vibrierendes Telefon. Es zeigte vierzehn Nachrichten von meiner Chefin an.
    »Bennett«, meldete ich mich. Seamus schloss die Augen und schien sich selbst zu segnen.
    »Oh, Mike«, sagte meine Chefin Miriam. »Sie werden es nicht glauben. Gerade ging eine Bombe im Grand Central Terminal hoch. Vier Menschen sind tot, einige Dutzend verletzt. Auch ein Polizist ist tot, Mike.«
    Ich blickte zum blaurosa Himmel hinauf, dann zu Seamus und schließlich nach unten auf den sandigen Verandaboden. Meine friedlich-spirituelle Morgenandacht war eindeutig vorbei. Die große, böse Welt buhlte um meine Aufmerksamkeit wie ein Betonklotz, der durch mein Fenster geflogen kam.
    »Bin in einer Stunde da«, versicherte ich ihr kopfschüttelnd.

20
    Der Verkehr nach Manhattan hinein war wegen der

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