Todessymphonie (German Edition)
und war kurz darauf verschwunden.
Taylor winkte ihm nach und stand dann noch ein paar Minuten neben der Fahrertür ihres Autos. Sie starrte auf das verlassene Haus. Vielleicht hatte der Bewohner einen besonders tiefen Schlaf. Vielleicht war aber auch niemand zu Hause. Ihr lief ein Schauer über den Rücken. Was, wenn es sich um ihren Mann handelte, und er heute Nacht auf Beutezug war?
Ach, komm schon, Taylor, ermahnte sie sich. Jetzt fängst du an zu fantasieren.
Sie stieg ins Auto und gähnte.
Es war an der Zeit, den Tag zu beenden und nach Hause zu fahren.
Da waren Geräusche. Autos auf dem Kies, zuschlagende Türen. Schritte, die um den Springbrunnen herumgingen. Ein Schatten …mein Gott, wer auch immer es war, er war gerade am Kellerfenster vorbeigegangen. Er machte sich keine Sorgen, dass jemand hineinschauen könnte; er hatte an den Fenstern eine Folie angebracht, die es ihm erlaubte hinauszuschauen, von außen aber undurchsichtig war. Doch es machte ihn nervös, zu wissen, dass da draußen jemand war.
Er hörte das Klopfen und erstarrte. Es war sehr, sehr spät. Anfangs war er sich nicht einmal sicher, ob es überhaupt ein Klopfen gewesen war. Vielleicht war er eingeschlafen und träumte das alles nur. Er war im Keller, es konnte auch Art sein, der spielte. Aber nein, da war es wieder. Alle Lichter waren aus. Er rührte sich nicht.
Die Puppe wimmerte im Schlaf. Er stand auf und ging zu ihr, schaute in ihr gläsernes Puppenhaus. Er hatte die ganze Nacht mit sich gerungen. Er wollte mit Morte sprechen, aber er war immer noch so verärgert darüber, wie der ihn behandelt hatte.
Die Autotüren schlugen erneut zu, dann heulten Motoren auf. Musste wohl die falsche Adresse gewesen sein.
Das sagte er sich wieder und wieder, während er zitternd die Arme um seinen Oberkörper schlang.
28. KAPITEL
Es war schon nach zwei Uhr nachts, als Baldwin ein Klopfen an seiner Tür hörte. Er schaute auf und sah Memphis im Eingang zu seinem Büro stehen. Um Mitternacht waren sie in Quantico angekommen, und Baldwin hatte für Memphis ein Zimmer in einem der Wohnheime organisiert.
„Sie sollten schlafen“, sagte er. „Wir haben einen langen Tag vor uns.“
„Das Gleiche könnte ich von Ihnen sagen. Ich habe geschlafen, aber meine innere Uhr denkt, es ist Morgen, also hier bin ich. Ich nehme nicht an, dass es hier irgendwo echten Tee gibt? Oder einen Tropfen von etwas Stärkerem?“
Baldwin fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. „Doch, gibt es. Ich hole kurz was und bringe Sie dann auf den neuesten Stand.“
Baldwin ging den Flur zwischen den Arbeitsnischen entlang, in denen sein Team untergebracht war. Technisch gesehen war er der Leiter der Einheit, obwohl er zwischen dem Büro in Nashville und der Behavioral Analysis Unit, abgekürzt BAU, in Quantico hin- und herpendelte. Es gab drei Einheiten für Verhaltensforschung innerhalb der Behavioral Science Unit. BAU Eins: Terrorismus und Gefährdungsanalyse. BAU Zwei: Verbrechen gegen Erwachsene. Und BAU Drei: Verbrechen gegen Kinder. Er leitete seit nunmehr vier Jahren die BAU Zwei. Er hatte seine Finger auch in BAU Eins, auch wenn sein Engagement hier nur drittrangig und sehr, sehr geheim war. Seit den Anschlägen vom 11. September stand Terrorismus auf der Prioritätenliste des FBI ganz oben. Für Baldwin passte das ganz gut – in seiner anderen Rolle erstellte er für die „Operation Engelmacher“ des CIA Profile von Attentätern. Dieser Teil seines Lebens hatte in letzter Zeit zum Glück nur wenig Aufmerksamkeit von ihm verlangt.
Er hatte sein BAU-Team vorgewarnt, dass sie helfen müssten, das Profil für die Metropolitan Police zu vervollständigen. Er hatte für diese Aufgabe zwei hervorragende Profiler ausgewählt: Charlaine Shultz, ein ehemaliger Detective der Mordkommission von Little Rock, die sich durch ein schallendes Lachen und einen unglaublichen Scharfsinn für Mordermittlungen auszeichnete. Und Dr. Wills Appleby, ein ehemaliger Psychiater, mit dem Baldwin seine Assistenzzeitverbracht hatte. Sie hatten sich am ersten Unterrichtstag am John Hopkins kennengelernt, sich vier Jahre gemeinsam durch das Medizinstudium gekämpft und dann die aufreibende Assistenzzeit in der Psychiatrie durchgestanden.
Als sie fertig waren, war Baldwin an die George Washington University gegangen, um seinen Abschluss in Jura zu machen, weil er vorhatte, Medizinethiker zu werden. Stattdessen hatte er jedoch Garrett Woods kennengelernt. Garrett erkannte sofort das
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