Todessymphonie (German Edition)
Hälfte. Die Italiener, die Briten und Interpol sind gerade dabei, mit ihrer Gesichtserkennungssoftware nach einem weiteren Mann wie diesem in ihren Reisepassdatenbanken zu suchen. Menschen, die von einem Land ins andere gereist sind. Aber wir wissen nicht, welches Land Il Macellaios Reisepass ausgestellt hat oder unter welchem Namen er reist, was das Ganze etwas schwieriger macht. Wir kennen auch keine Reisedaten. Wir haben sehr wenig, woran wir uns halten können. Tommaso ist dort drüben nicht gerade ein ungewöhnlicher Name. Das ist, als wenn wir alle Daten über Leute namens Tom heraussuchen müssten.“
Taylor tippte auf ihre Laptoptasche.
„Das hier wird das hoffentlich ändern. Ich nehme an, dass ihr in der Lage sein werdet, die IP-Adresse ausfindig zu machen, die er benutzt hat, um das Suchgebiet ganz schnell einzugrenzen. Ich bezweifle, dass Tommaso sein richtiger Name ist.“
„Vielleicht, vielleicht nicht. Wir haben versucht, ihn aufzuspüren, und wir haben einen möglichen Verdächtigen. Es gibt einen berühmten Kunstfotografen namens Tommaso. Vielleicht ist das weit hergeholt, vielleicht ist er aber auch unser Mann.“
„Ein Kunstfotograf?“
„Ja. Und noch dazu einer, der für Kunstkataloge von Museen Fotos von Gemälden macht.“
„Ich würde sagen, das passt. Wie seid ihr auf ihn gestoßen?“ „Eine meiner Profilerinnen, Charlaine Shultz, ist ein großer Kunstfan. Als sie den Namen Tommaso hörte, erwähnte sie den Fotografen. Wir haben ihn gegoogelt und unzählige Treffer gehabt. Wir wissen sogar, wo er wohnt.“ Er hielt einen Moment inne. „Willst du raten?“
Taylor schaute ihn fragend an. „In Florenz?“
„Genau. Unter den gegebenen Umständen müssen wir ihn einfach einer näheren Überprüfung unterziehen. Er ist sehr bekannt. Sehr gefragt. Er nennt sich einfach nur Tommaso, falls dir das was sagt.“
„Das ist doch ein hervorragender Ausgangspunkt. Dein Team war ja echt fleißig.“
„Weißt du, was der Name Tommaso bedeutet?“
Taylor schüttelte den Kopf. „Nein, was?“
„Tommaso kommt vom aramäischen ‚Teoma‘ und bedeutet Zwilling.“
Sie lachte überrascht auf. „Das ist unglaublich.“
„Doch, glaub es ruhig. Taylor, ich will die beiden nicht verlieren.
Ich will sie festnageln, und dann will ich sie studieren. Eineiige Zwillinge als Serienmörder. Eineiige Zwillinge, die Nekrosadisten sind. Kannst du dir so etwas vorstellen?“
Baldwins Stimme hatte einen verträumten Klang angenommen,wie immer, wenn er dem wahren Bösen begegnete. Es war seine Berufung, sein Lebenszweck, herauszufinden, was diese Frauen und Männer antrieb.
„Nein, kann ich nicht. Was um alles in der Welt würde diese Störung hervorrufen?“
„Das ist das Faszinierende. Mit eineiigen Zwillingen ist es, als hätte man dieselbe Person in zwei verschiedenen Körpern. Es ergibt Sinn, dass, wenn einer die krankhafte Neigung hat, sich mit Toten zu vereinen, der andere diese ebenfalls hat. Natürlich treibt das einen riesigen Pflock durch das Herz der ‚Natur oder Erziehung‘-Theorie.“
Taylor schaute ihn an. „Gehst du davon aus, dass sie in irgendeiner Umgebung aufgewachsen sind, die sie erst zu dem gemacht hat, was sie jetzt sind?“
„Ich kann von gar nichts ausgehen, bis wir nicht herausgefunden haben, wer sie wirklich sind. Die Überprüfung von Gavin Adler hat ergeben, dass er adoptiert worden ist. Wir versuchen herauszufinden, von wem. Hoffentlich erfahren wir dabei auch den Namen des anderen Bruders. Es wird faszinierend zu sehen sein, wie ihre frühe Kindheit und Jugend war. Ich sage dir, Taylor, egal, in was für einer Umgebung ein Kind aufwächst, es gibt die vernünftige Erwartung, dass es den Unterschied zwischen richtig und falsch versteht, dass es das Rüstzeug erhält, um einen positiven Moralkompass zu entwickeln. Serienmörder werden nicht gemacht. Sie entscheiden sich, Mörder zu werden, sie entscheiden sich, Leben zu nehmen. Eine verborgene Sehnsucht nach Nekrophilie ist vermutlich nicht angelernt. Natürlich ist das eine weitere vollkommen verkehrt verstandene krankhafte Neigung. Wusstest du, dass Nekrophilie eigentlich nur das Verlangen nach Sex mit einem widerstandslosen Partner ist? Die meisten Nekrophilen bleiben im Stadium der Fantasie hängen. Nur wenige leben ihre Triebe aus, und wenn sie es tun, suchen sie sich Partner, die gewillt sind, bei entsprechenden Rollenspielen mitzumachen. Sie suchen nach einvernehmlichem Sex, nach totaler Unterwerfung.
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