Todessymphonie (German Edition)
aussehender Mann, wenn man auf den enthusiastischen Typen stand. Aber er war erst seit einem Monat aus der Uniform raus, was ihr etwas Angst machte. Unerfahrenheitkonnte der Tod einer jeden Ermittlung sein. Sie war daran gewöhnt, mit erfahrenen Profis zusammenzuarbeiten. Profis, denen sie beigebracht hatte, auf ihre Weise zu arbeiten.
Um ehrlich zu sein, ein kleiner Teil von ihr genoss es, ihn außen vor zulassen. Das gab ihr das Gefühl, dass die Sache mit ihrem Team vielleicht nicht endgültig wäre.
„Natürlich. Jackson. Ein großer Name. Ich nehme an, ihr seid verwandt?“ Er schaute sie an, sein Gesicht wurde blau, dann weiß, dann blau.
„Verwandt mit?“
„Andrew Jackson natürlich.“
Offensichtlich kannte dieser Knabe die Geschichte des Staates nicht, in dem er lebte. Es gab keine direkten Verwandten von Old Hickory – auch wenn der ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten elf Kinder aufgezogen hatte, war keines davon sein eigenes. Allerdings gab es eine familiäre Verbindung durch den Sohn von Jacksons Frau Rachel … Sie biss sich auf die Lippe und unterdrückte den Drang, zu schreien. Nichts davon hatte irgendetwas mit ihrem Job zu tun.
„McKenzie?“
„Ja?“
„Wer ist tot?“
„Oh. Ja, tut mir leid. Wir wissen es nicht.“ Er machte keine Anstalten, sich auf das Haus zuzubewegen, sondern stand einfach nur da.
„Können wir vielleicht hineingehen und uns die Leiche anschauen?“
„Ja, sicher. Klar. Sie ist im Wohnzimmer oder im Salon oder wie immer man den großen Raum in der Mitte des Hauses nennt. Man kann sie von der Eingangstür aus sehen, aber den besten Blick hat man von der Küche. Nicht viele Wände im Erdgeschoss, da ist alles offen, bis auf ein paar Säulen. Sie ist … nun ja. Du wirst es ja sehen.“
Na endlich.
Sie erreichten die Stufen zur Eingangstür. Taylor nahm zwei auf einmal. Einfach Renn war direkt hinter ihr. Sie hatte es sich nicht eingebildet, die Kommandozentrale war tatsächlich auf der vorderen Veranda eingerichtet worden.
„McKenzie? Warum schlägst du den Leuten nicht vor, dass sieden Kommandostand ein wenig weiter nach hinten verlegen? Normalerweise haben wir nicht so viele Aktivitäten so nah am Tatort, weil es zu Verunreinigungen kommen könnte. Tatorthandbuch Kapitel 1, Kumpel.“
Er schaute verunsichert zu Boden. Taylor fühlte sich schlecht, weil sie so zickig gewesen war, und versprach sich, in Zukunft behutsamer zu sein. Er war noch grün hinter den Ohren und musste noch viel lernen. Sie war auch mal an seiner Stelle gewesen.
„Ist okay. Wir machen alle mal Fehler“, sagte sie. Es war natürlich nicht okay, aber der Schaden war ja bereits angerichtet.
Trotz all der Menschen, die sich hier tummelten, fühlte sich das Innere des Hauses erstaunlich geräumig an. Teakholzboden, freiliegende Deckenbalken, weiß gekalkte Wände, Designermöbel und Skulpturen. Elegante abstrakte Bilder hingen in einer Reihe vor einem neutralen Hintergrund und führten direkt zu einem großen, aus Backsteinen erbauten Kamin.
Die Stimmung des Tatorts störte Taylor. Der Mangel an Sorgfalt außerhalb des Hauses, das Gewusel an Menschen, die simple Tatsache, dass man sie gerufen hatte – das alles ließ das Schlimmste vermuten. Etwas war passiert, etwas, das mehr war als ein üblicher Mord. Sie spürte, wie sich ein Kloß in ihrem Magen bildete.
Über das Dröhnen der Stimmen hinweg hörte sie Musik. Sanfte Klänge einer klassischen Komposition … was war das? Sie verspürte einen Hauch von Wiedererkennen und suchte in ihrem Kopf nach dem Namen … Dvořák . Das war es. Symphonie Nr. 9. In E-Moll. Jahrelanges Training und noch mehr Jahre als Liebhaberin klassischer Musik, und dennoch hatte es einen Moment gebraucht, bis sie es erkannt hatte. Seltsam, wie das Gehirn arbeitete. Wie von selbst bogen sich ihre Finger leicht und bewegten sich im Einklang mit den Noten. Sie hatte als Kind und Jugendliche Klarinette gespielt; als Kind war sie stolz auf ihre wachsenden Fähigkeiten gewesen, als Teenager war es ihr einfach nur peinlich und sie hatte lieber auf dem Love Circle nach etwas Spaß gesucht.
Im Rückblick tat es ihr leid, dass sie aufgehört hatte, zu spielen. Als Kind hatte sie sich gewünscht, einmal in einem Orchester mitzuspielen, doch nach einem kleinen Zusammenstoß als Teenager mit dem Gesetz war dieser Wunsch durch die Verlockungen der Arbeit bei der Polizei ersetzt worden. Jetzt erkannte sie, wie befriedigenddas Klarinettespielen hätte sein
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