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Todeswald

Todeswald

Titel: Todeswald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ritta Jacobsson
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dir nicht mehr dabei helfen?“
    Er lächelte betreten. Ich fühlte mich bereits gekränkt, bevor er ein Wort gesagt hatte.
    „Ach, weißt du, es dauert immer so ewig, wenn du mitmachst. Da muss man so viel erklären. Und dann bleibt mir keine Zeit, um etwas mit euch zu unternehmen.“
    „Um auf dem Sofa zu pennen, meinst du?“
    „Die Fahrerei macht mich müde.“
    „Dann such dir einen anderen Job.“
    „Wenn das so einfach wäre.“
    „Na, dann lass mich doch einfach in Ruhe und halt die Klappe!“
    Die Worte waren so heiß, dass sie sich nicht in meinem Innern zurückhalten ließen.
    Papa zuckte zusammen.
    Ich bereute es im selben Moment. Was um alles in der Welt war in mich gefahren?
    Er sah traurig aus.
    Ich wollte zu ihm hinlaufen und in seine Arme hochspringen, wie früher, als ich klein war. Er sollte mir sagen, klar, mit solchen Sachen platze man eben heraus, wenn man wütend sei, aber er habe alles bereits wieder vergessen. Und dann sollte er mit mir im Kreis herumtanzen und mich seinen kleinen Nisse nennen.
    Seine Augen waren betrübt. Er würde mich nicht in die Arme nehmen, auch nicht, wenn ich zu ihm hinlief. Er sah mich an wie jemanden, den er nicht kannte.
    Ich fuhr herum und stürmte die Treppe nach oben, in mein Zimmer.
    Ich ertrug es nicht, seinen verletzten Gesichtsausdruck zu sehen. Die Tränen stiegen mir in die Augen und ich begriff nicht, warum.
    Ich war doch gar nicht traurig. Ich war wütend.
    Auf ihn.
    Auf Papa, der nichts kapierte.

KAPITEL 35
    An Allerheiligen fahren wir immer zum Friedhof und zünden auf dem Grab von Papas Eltern Kerzen an, aber als ich aufwachte, regnete es.
    Mama las gerade den Wetterbericht, als ich in die Küche hinunterkam. Papa kaute an einem Brot und las den Wirtschaftsteil der Zeitung.
    „Wir fahren heute nicht zum Friedhof“, sagte Mama. „Morgen soll das Wetter besser werden.“
    „Dann weiß ich, was Nisse und ich tun werden“, sagte Papa munter.
    Ich sah ihn an. Er zwinkerte mir zu.
    Eigentlich hatte ich ja eine Wut auf ihn, und das, worüber Linus und ich uns gestern unterhalten hatten, ging mir auch durch den Kopf. Die Frage, wie gut man seine nächsten Angehörigen kennt. Aber neugierig wurde ich dann doch.
    „Was denn?“
    „Winterreifen montieren.“
    Ich stieß keinen Jubelschrei aus, ich lächelte nicht einmal, obwohl die Freude in mir hochsprudelte.
    „Von mir aus“, sagte ich bloß.
    Es wurde ein gelungener Tag. Ich hielt mich mit Papa in der Garage auf, wo wir über den Wagenheber gebeugt um die Wette fachsimpelten, über Radkappen, Reifenprofile, Felgen und Luftdruck und über die Vor-und Nachteile von Dauerreifen.
    Alles war wie früher in der Werkstatt von Nisse und Janne.
    Wie früher, bevor Nisse ihre Tage bekam und den Verdacht zu hegen begann, ihr Vater könnte einen Hund überfahren und vielleicht sogar eine ihrer Freundinnen ermordet haben!
    Als ich später am Nachmittag mit Jo chattete, sah ich, dass Linus auch im Netz unterwegs war. Schnell beendete ich meinen Chat mit Jo und schrieb lieber an Linus.
    „ Hast du mit dem Spuken aufgehört?“
    „Ja. Aber du offenbar nicht. Irgendwas Gespenstisches, das dir sehr ähnlich sah, ist vorhin mit einem Hund auf den Fersen draußen vorbeigeglitten.“
    Ich dachte daran, wie seine Finger meine Haare gestreichelt hatten, und entschied mich dafür, nicht gekränkt zu sein.
    „Irgendjemand muss ja weiterspuken. Aber mit deiner grusligen Fratze werd ich’s nie aufnehmen können. Seid ihr schon auf dem Friedhof gewesen?“
    „Wir fahren morgen.“
    „Wir auch. Zu welchem Grab?“
    „Zu dem von meinen Großeltern auf dem Waldfriedhof.“
    „Wir auch. Wir haben echt viel gemeinsam.“
    „Ziemlich unheimlich, oder?“
    Ich fand es klasse. Dennoch schrieb ich:
    „Passt doch gut, weil …“
    Papa kam in mein Zimmer gepoltert und unterbrach mich.
    „Es gibt was zu mampfen, Nisse!“
    „Ich komme.“
    Papa hüstelte. Ich wandte mich vom Bildschirm ab und sah ihn an.
    „Hör mal“, sagte er. „Ich hab’s Mama erzählt.“
    Zuerst begriff ich nicht, was er meinte. Die Sache mit dem blutigen Stück Glas? Hatte er gestanden, dass er gelogen hatte?
    „Das mit .. na ja …“, fügte er hinzu, als ich ihn bloß anstarrte.
    Er meinte meine Tage!
    „Ich weiß“, sagte ich matt.
    „Jetzt komm! Bewegung, Nisse! Das wird super schmecken. Mama hat sich wirklich Mühe gegeben. Blutsuppe mit leckerem Wackelhirn!“
    „Gleich.“
    Er sah ein bisschen enttäuscht aus, weil ich mein

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