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Todeswatt

Todeswatt

Titel: Todeswatt Kostenlos Bücher Online Lesen
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keine Ruhe. Er musste den Spediteur unbedingt nach dem Verbleib des Geldes fragen, es handelte sich schließlich um keinen kleinen Betrag. Die fehlende Summe konnte ausschlaggebend sein für die Beantwortung der Frage, ob die Firma Insolvenz anmelden musste oder nicht.
    »Ich beeil mich.« Er küsste sie zum Abschied, stieg in seinen Wagen und verließ den kleinen Vorplatz der Gastwirtschaft Richtung SPAR-Markt. Die Sonne schien und der Himmel spannte sich hellblau über die Weite des Horizonts. Dennoch war es draußen bitterkalt und Tom drehte die Heizung im Auto noch ein wenig höher. In der Nacht hatte es Frost gegeben. Nicht ungewöhnlich für diese Jahreszeit, doch nachdem sie letzte Woche ein paar sehr schöne Tage mit wärmenden Sonnenstrahlen erlebt hatten, die bereits die ersten Frühlingsblumen aus dem schützenden Boden lockten, war der erneute Wintereinbruch um so schwerer zu ertragen.
    Tom lenkte den Wagen vorbei an der alten Post und passierte den Bahnübergang. Diesmal hatte er Glück. Die entgegenkommenden Fahrzeuge reduzierten ihr Tempo und als er in den Rückspiegel blickte, sah er, wie die Schranken sich senkten. Obwohl er es nicht eilig hatte, war er froh, den Bahnübergang rechtzeitig überquert zu haben und nicht wieder stundenlang vor geschlossenen Schranken warten zu müssen.
    Die Gebäude des Fuhrunternehmens befanden sich gleich am Ortsausgang an der B 5 Richtung Niebüll.
    Der Wagen holperte durch die zahlreichen Schlaglöcher des gepflasterten Innenhofes, als Tom auf das Hauptgebäude zusteuerte. Er parkte direkt neben dem Eingang und stieg aus.
    Auch dem Firmensitz sah man an, dass das Unternehmen einst bessere Zeiten gesehen haben musste. Die beiden Hallen links und rechts des Speditionshauses waren riesig, aber es standen nur wenige Lastwagen darin. Natürlich hätte man vermuten können, das Fuhrunternehmen sei derart ausgelastet und alle Fahrzeuge unterwegs, doch Tom wusste nur zu gut, dass dies nicht der Fall war. Vielmehr hatte Sönke Matthiesen einige der Lkws in den letzten Monaten verkaufen müssen, und die drei, die noch übrig geblieben waren, wirkten reichlich marode. Man musste wahrscheinlich noch Geld draufzahlen, um sie loszuwerden, dachte Tom.
    Auch die Lamellen vor den Fenstern der Büros waren sicherlich nicht billig gewesen. Im Laufe der Jahre hatten die einzelnen Elemente jedoch an Leuchtkraft verloren und ein gelblicher Schleier überzog das ehemals weiße Gewebe.
    Ihm fielen einige schwarze Stockflecken ins Auge und ein kurzer Schauer lief über seinen Rücken, als er sich an den modrigen Geruch erinnerte, der ihm bei seinen letzten Besuchen bereits beim Öffnen der Tür entgegengeschlagen war. Er holte tief Luft, ehe er die Klinke langsam hinunterdrückte, aber wider Erwarten war der Eingang versperrt.
    Tom trat einen Schritt zurück und schaute zu den Fenstern hoch. Hinter den vergilbten Lamellen bewegte sich nichts. Ihn beschlich ein ungutes Gefühl. Es herrschte eine Stille auf dem Hof, die nur durch den Wind durchbrochen wurde, der um die Gebäude pfiff.
    »Hallo?« Da es am Hauseingang keine Klingel gab, versuchte er, durch lautes Rufen auf sich aufmerksam zu machen. »Hallo!«
    »Wat bölken Sie denn hier so laut rum?«
    Im Eingang einer der Hallen stand plötzlich ein Mann im Blaumann. Sein Gesicht, das durch eine einzige tiefe Falte auf der Stirn dominiert wurde, war von dünnen grauen Locken gesäumt. Auf dem Kopf thronte eine dunkle Kapitänsmütze. Rolf Busch fungierte auf dem Gelände der Spedition als eine Art Hausmeister. Unentgeltlich, deswegen war er auch noch da. Der Rentner war froh, etwas zu tun zu haben und Geld benötigte er keines. Nur einen Zeitvertreib.
    Tom identifizierte sein Gegenüber sogleich als Einheimischen und das weniger aufgrund der traditionellen Kopfbedeckung, sondern vielmehr wegen der schroffen Art, mit welcher der alte Mann ihm entgegentrat. Die Dorfbewohner begegneten Fremden meist skeptisch und verhielten sich daher oft äußerst ablehnend. Vielleicht lag es an der eher dünn besiedelten Fläche, und daran, dass man seltener mit Menschen, die man nicht kannte, in Kontakt kam. Man war den Umgang mit Fremden einfach nicht gewohnt. Zumindest früher nicht, denn Tom hatte dieses ruppige Verhalten hauptsächlich bei der älteren Bevölkerung kennengelernt. Junge Leute waren häufig aufgeschlossener, schließlich war es heute aufgrund der zahlreichen Touristen, die jährlich das Land besuchten, nichts Ungewöhnliches mehr,

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