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Todeswatt

Todeswatt

Titel: Todeswatt Kostenlos Bücher Online Lesen
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jemandem zu begegnen, den man zuvor noch nie gesehen hatte. Aber natürlich gab es auch dabei Ausnahmen.
    »Moin, Moin!«
    Er ging auf Rolf Busch zu, der bei jedem Schritt, mit dem Tom sich ihm näherte, die Augen stärker zusammenkniff. Tom fragte sich, ob dies ein weiterer Ausdruck des Misstrauens ihm gegenüber war oder ob der Alte einfach nur schlecht sah.
    »Ich wollte zum Chef«, erklärte er seine Anwesenheit auf dem Gelände und deutete mit dem Kopf in Richtung Eingang. »Is’ he nich da?«
    Tom sprach zwar nicht wirklich Plattdeutsch, aber in den beinahe vier Jahren, die er hier lebte, hatte er die eine oder andere Redewendung aufgeschnappt. Außerdem hatte er einen Teil seiner Kindheit hier verbracht. Das war zugegebenermaßen sehr lange her, aber den Klang der Sprache und etliche Ausdrücke waren ihm im Gedächtnis geblieben.
    Rolf Busch ließ sich jedoch von Toms Sprachkünsten wenig beeindrucken. Selbstverständlich hatte er in ihm sofort den Zugezogenen aus Maasbüll erkannt. Wer wusste nicht, wer er war? Er hatte vor einigen Jahren nach dem Tod seines Onkels für ordentlich Wirbel im Dorf gesorgt, alte Geschichten aufgewärmt und neugierige Fragen gestellt, die zahlreichen Bewohnern überhaupt nicht gefallen hatten. Aber letztendlich war es ihm gelungen, zusammen mit Haie Ketelsen das Verschwinden eines kleinen Mädchens aufzuklären und dafür zollten ihm die meisten Einheimischen gehörig Respekt. Nun hatte sein Chef diesen neugierigen Schnüffler für die Firma engagiert. Angeblich sollte er für eine bessere Auftragslage und für Sparmaßnahmen sorgen. Das gefiel ihm als einem der ältesten Mitarbeiter gar nicht. Was konnte ein Fremder schon ausrichten?
    Seine Ablehnung gegenüber Tom und seiner Tätigkeit brachte Rolf Busch in barscher Form zum Ausdruck: »Is’ nich da«, antwortete er kurz angebunden, drehte sich um und verschwand wieder in der Halle.
    Tom blickte dem Alten kopfschüttelnd nach und gab auf. Gegen so viel Sturheit konnte er selbst mit seinen freundlich gemeinten Plattdeutschversuchen nichts ausrichten. Was sollte er hier seine Zeit verschwenden?

     
    Das Wohnhaus der Matthiesens lag nur wenige 100 Meter entfernt. Auf dem Hof spielten einige Kinder, ein Hund sprang zwischen der johlenden Gruppe hin und her.
    Zum Glück war der schwarze Labrador durch die spielenden Mädchen und Jungen abgelenkt und Tom konnte sich unbemerkt zum Haus schleichen. Seit seiner Kindheit fürchtete er sich vor Hunden und vermied, wenn möglich, jede Begegnung mit diesen Tieren.
    Die vordere Eingangstür war nur angelehnt. Er klopfte an, bevor er seine Schuhe an der Kokosmatte abstreifte und den Flur betrat.
    Der schmale Gang war übersät mit Schuhen und Kinderspielzeug. Beinahe wäre er über ein paar Gummistiefel gestolpert, konnte sich aber im letzten Augenblick noch an der Wand abstützen.
    Gott sei Dank haben wir keine Kinder, dachte er. Solch eine Unordnung könnte ich nicht ertragen. Vorsichtig kämpfte er sich weiter über die herumliegenden Sachen hinweg.
    Aus der Küche drang das Brummen eines Handrührgeräts.
    »Entschuldigung«, er klopfte gegen das Milchglas der Küchentür. Die Hausfrau an der Spüle fuhr erschrocken herum. Der Mixer glitt ihr dabei aus den Händen und die Rührstäbe wirbelten eine dunkelbraune Masse durch die Luft. Sprachlos beobachtete Tom, wie schnell die farbigen Teigspritzer sich auf den Schränken und Wänden verteilten und ein kurioses Muster zeichneten.
    Inken Matthiesen starrte ihn immer noch bewegungslos an. Sie schien das Spektakel, das das Rührgerät um sie herum veranstaltete, gar nicht richtig wahrzunehmen.
    »Oh, ich wollte Sie nicht erschrecken.« Tom überwand endlich seine Verwirrung und griff beherzt nach dem Mixer. Als das scheppernde Geräusch erstarb, löste sich Inken Matthiesens schockartiger Zustand. Sie richtete sich gerade auf und blitzte ihn wütend an.
    »Was schleichen Sie sich auch so an?«, fauchte sie.
    Tom war erstaunt über ihre aggressive Reaktion. Er war sich keiner Schuld bewusst, hatte ordnungsgemäß angeklopft. Was konnte er dafür, wenn das Gerät mit diesem ohrenbetäubenden Brummen seine Ankündigung übertönt hatte?
    »Der Mixer«, er deutete auf das Rührgerät.
    Inken Matthiesens Nasenflügel bebten, als sie ihm den Küchenhelfer entriss und in die Spüle warf. Sie griff nach einem Lappen und begann, den Kuchenteig von den Schränken zu wischen.
    »Ich helfe Ihnen.« Tom hatte Mitleid mit der Frau. Sie war so blass und

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