Todeswatt
Montag mit Arne Lorenzen treffen. »Und er hat kein Alibi«, schloss sie die Aufzählung der Gründe, die ihren Verdacht stützten.
»Aber einen finanziellen Schaden haben viele erlitten. Schauen Sie nur hier«, Thamsen hielt die Liste der geprellten Anleger hoch. »Das sind allein die Kunden der letzten sechs Monate.«
»So viele?« Erstaunen machte sich auf Toms und Marlenes Gesichtern breit.
»Ist denn Sönke auch dabei?«
Thamsen nickte. Aber um ehrlich zu sein, könne beinahe jeder dieser Kunden der Mörder sein. Grund genug hätten sie jedenfalls alle gehabt. Er reichte Tom einen Vertrag. Dem Unternehmensberater fiel schnell die Problematik dieser schriftlichen Vereinbarung auf. Das Wertpapierprofil, in dem festgehalten wurde, wie viel Risiko der Kunde bereit war einzugehen, war auf die höchste Kategorie ausgestellt.
»Die sehen alle so aus, stimmt’s?«
»Ja. Aber es ist kaum anzunehmen, alle Kunden hätten den gleichen Risikoappetit, oder?«
»Wohl kaum«, bestätigte Tom und vermutete, die Profile seien lediglich zur eigenen Absicherung von Arne Lorenzen so hoch ausgestellt worden.
»So ist er bei der Beraterhaftung fein raus.«
»Aber so etwas wird bestimmt kontrolliert, oder?« Marlene war sich sicher. Es musste für derartige Verträge gesetzliche Vorgaben geben. In diesem Land galten, gerade was Bankgeschäfte anging, strenge Gesetze.
»Doch«, bestätigte Thamsen ihre Vermutung. Er habe deshalb nochmals den Leiter der Vermittlungsagentur angerufen und gefragt, wer denn diese Prozesse überwacht.
»Und?«
»Ich vermute mal niemand.« Herr Boltwig habe sich zunächst ganz aufgeregt erkundigt, wofür er die Info brauche. Sicherlich hatte der windige Vermittler Angst, er jage ihm die Behörden auf den Hals. Letzten Endes habe sich Boltwig mehr oder weniger herausgeredet und angegeben, die Berater seien selbst für die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen verantwortlich.
»Also gab es keine Kontrollen«, schlussfolgerte Tom und stimmte Thamsens Annahme zu, dass alle betrogenen Anleger einen ausreichenden Grund gehabt hatten, sich an Lorenzen zu rächen.
»Also, wenn wir Ihnen irgendwie helfen können«, bot er an, doch Thamsen winkte ab. Die Ermittlungen seien schließlich Sache der Polizei.
»Aber haben Sie vielen Dank für die Neuigkeiten. Vielleicht spreche ich noch einmal mit Frau Matthiesen.«
»Sie liegt momentan im Krankenhaus«, klärte Marlene ihn auf. Ihr Zustand sei zwar stabil, die Ärzte wollten sie aber trotzdem eine Nacht zur Beobachtung dort behalten.
»Und wo ist ihr Mann?«
12. Kapitel
»Hallo, Haie. Schön, dich zu sehen.« Elke legte ihm die Hand auf die Schulter und lächelte ihn an. Haie hatte in der Mittagspause ein paar Besorgungen machen wollen und war zum SPAR-Markt geradelt. Vor dem Regal mit den Haushaltswaren hatte Elke ihn entdeckt.
»Oh, hallo, Elke.« Er war überrascht, sie zu sehen und ihre sanfte Berührung war ihm reichlich unangenehm. »Na, auch noch schnell was einholen?« Er trat einen Schritt zurück und inspizierte ihren Einkaufswagen, in dem neben frischer Milch und Butter eine Dose Mais und Toilettenpapier lagen.
»Hm, weißt ja selbst, wie das is’, wenn man sich allein um alles kümmern muss, oder?«
Was soll das denn, dachte Haie. Sie macht doch sonst nicht solche merkwürdigen Andeutung bezüglich unserer Trennung. Aber sicherlich hatte sie inzwischen von seiner Beziehung zu Ursel gehört. Elke war, was die Neuigkeiten im Dorf anging, immer bestens informiert. Da wusste sie bestimmt schon über seine neue Freundin Bescheid. Bisher hatte sie ihn allerdings nicht darauf angesprochen und auch jetzt traute sie sich anscheinend nicht, ihn nach Ursel zu fragen. Er verspürte keine allzu große Lust, mit ihr darüber zu sprechen und wenn sie nicht direkt sagte, worauf sie eigentlich hinauswollte, dann ließ sie es eben bleiben. Daher nickte er nur flüchtig und wechselte abrupt das Thema. »Hast du denn schon was über den Mord an diesen Banker gehört?«
»Du meinst Arne?« Er wunderte sich, dass sie den Vornamen nannte. Das klang so vertraut. Kannte sie ihn näher? »Nicht wirklich. Er hat mich mal vertretungsweise für die Neubert beraten.«
Komischerweise war Haie über ihre Antwort erleichtert. Hatte er etwa befürchtet, sie könne auch übers Ohr gehauen worden sein? Aber woher sollte Elke das Geld für eine Wertpapieranlage haben? Sie musste mit ihrem Einkommen ebenso wie er gut haushalten. Und wenn sie sich doch zu einem
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