Todeswunsch - Robotham, M: Todeswunsch - Bleed For Me
sind Sie aber nicht hier.«
»Ich habe mit Sienna gesprochen. Sie hat zugegeben, dass sie mit Gordon Ellis geschlafen hat, als sie erst dreizehn war. Sie war von ihm schwanger.«
»Wird sie eine Aussage machen?«
»Ja, ich glaube schon. Und da ist noch etwas: Gordon Ellis hatte am Nachmittag vor Ray Hegartys Tod eine Verabredung mit Sienna.«
»Natasha Ellis hat ihm ein Alibi gegeben.«
»Und Sie glauben ihr?«
»Nein, aber es bedeutet, dass wir das Gegenteil beweisen müssen.«
»Danny Gardiner hat Sienna an einer Ecke der Bristol Road in der Nähe einer Minicab-Zentrale abgesetzt. Von dort wurde sie zu einer Adresse gebracht – sie kann sich nicht erinnern, wo genau das war –, und Ellis hat ihr Anweisungen gegeben.«
»Was für Anweisungen?«
»Sie sollte mit jemandem schlafen.«
Cray sieht mich ungläubig an.
»Er hat sie prostituiert!«
»Gordon Ellis hat ihr erklärt, es wäre der ultimative Beweis, dass sie ihn liebt.«
Cray wischt sich mit dem Ärmel das Gesicht ab und rümpft die Nase, als würden ihre Achselhöhlen unangenehm riechen. »Wer war der Freier?«
»Sie kann sich nicht an die Adresse erinnern und hat auch keinen Namen mitbekommen.«
»Das heißt, wir haben nur ihr Wort?«
Ich borge mir ein Stück Papier und einen Stift, notiere mehrere Namen und verbinde sie mit Linien. Sienna, Gordon Ellis, Caro Regan, Novak Brennan und der Weinende Mann – alle sind durch eine oder mehrere brutale Gewalttaten miteinander verbunden.
Ronnie Cray reagiert nicht. Sie drückt ihre Zigarette aus und greift nach der nächsten. »Verzeihen Sie, wenn ich jetzt nicht sofort alles stehen und liegen lasse, Professor.« Sie klopft gegen die Unterseite der Schachtel, bis eine Zigarette herausrutscht. »Vor vierzig Jahren hat mein Vater die Schreibweise unseres Nachnamens ändern lassen, weil er nicht wollte, dass irgendjemand wusste, dass wir mit Ronnie und Reggie Kray verwandt sind. Die beiden waren Cousins von ihm. Nicht, dass er sie näher kannte. Aber er wollte nicht mit zwei psychopathischen Gangstern in Verbindung gebracht werden.«
»Ich weiß nicht, worauf Sie hinauswollen.«
»Manche Verbindungen sind vollkommen harmlos. Es ist wie mit den ›Sechs Graden der Trennung‹ — über ein paar Schritte sind wir mit allen Menschen verbunden.«
»Was für eine Blödsinnsantwort ist das … ?«, setzt Ruiz an.
Sie schneidet ihm das Wort ab. »Lassen Sie mich ausreden. Wahrscheinlich haben Sie recht, was Gordon Ellis betrifft – der Mann hat seine erste Frau aus dem Weg geschafft und eine seiner Schülerinnen geheiratet –, aber zu versuchen, eine Verbindung zu Novak Brennan zu konstruieren, ist dann doch ein bisschen weit hergeholt. Das MI5 hat Brennan seit sechs Jahren im Visier. Sie haben rechtsradikale Organisationen und Neonazi-Ortsgruppen infiltriert, Treffen überwacht, Telefone angezapft, Autos verfolgt und Fotos gemacht. Und der Name Gordon Ellis ist nie gefallen.«
»Ellis und Brennan waren zusammen auf der Uni.«
»Vor fünfzehn Jahren.«
»Und was ist mit dem Weinenden Mann?«
»Er ist Ihr finsterer Bösewicht, nicht meiner. Stan Keating hat keine Anzeige erstattet. Und auch niemand sonst hat sich über den Typen beschwert.«
Crays Ton wird ein wenig sanfter. »Wenn Sienna Hegarty eine Aussage macht, werde ich persönlich in der Sache ermitteln. Das verspreche ich Ihnen. Aber wir wissen beide, was als Nächstes passiert. Siennas Wort steht gegen Ellis’, und er hat ein Alibi. Wenn wir ihn wegen sexuellen Missbrauchs anklagen wollen, muss Sienna als Zeugin aussagen. Sein Anwalt wird sie ins Kreuzverhör nehmen, ihr Privatleben unter die Lupe nehmen, ihre Persönlichkeit sezieren. Und warten Sie, bis er erst zu der Mordanklage kommt, die ihr droht …
Gucken Sie mich nicht so an, Professor, hier kommt die gute Nachricht: Ein Wort in das richtige Ohr, und Ellis wird suspendiert, und das Jugendamt, die Schulbehörde und seine eigene Gewerkschaft ermitteln gegen ihn. Ein Team von Kinderschützern wird ihm im Nacken sitzen, und er braucht mindestens
zwei Jahre, um sie wieder loszuwerden. Und selbst wenn er gewinnt, wird es keine Schule im Land geben, die das Risiko eingeht, ihn anzustellen.«
Cray legt ihre Hand auf meine. Mein Arm hört auf zu zittern.
»Ich würde an Ihrer Stelle versuchen, ein wenig Abstand zu gewinnen, Professor. Ihnen droht eine Anklage wegen schwerer Körperverletzung. Und Sie brauchen auch nicht mehr mit Sienna Hegarty zu reden. Die Anklagevertretung hat
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