Todeswunsch - Robotham, M: Todeswunsch - Bleed For Me
Mutter und Sohn allein in der leeren Cafeteria zurück. Als sich die Fahrstuhltüren schließen, höre ich sie streiten.
»Anderer Leute Familien«, murmelt Ruiz.
»Was ist damit?«
»Sie sollten einem eine Warnung sein.«
38
Ronnie Cray schließt das Scheunentor und verriegelt es mit einer Holzlatte. Sie trägt Jeans, ein kariertes Hemd und schlammverschmierte Gummistiefel. Ich höre die Pferde in ihrem Stall. Ich rieche sie.
»Das machen Sie also in Ihrer Freizeit?«
»Ja, ich schippe Pferdescheiße.«
Sie wischt sich die Hand an ihrem Hemd ab und mustert Ruiz, der nie ganz oben auf ihrer Tanzkarte stand.
»Mr. Ruiz.«
Dass sie ihn Mister nennt, hat einen Grund. Sie will ihm deutlich machen, dass er keinen polizeilichen Rang mehr hat.
»Detective Chief Inspector.«
»Sie sind älter geworden«, bemerkt sie.
»Und Sie sehen fantastisch aus. Das ist der Vorteil, wenn man keinen BH trägt – das Gewicht zieht einem alle Falten aus dem Gesicht.«
»Na, na, benehmt euch, Kinder«, ermahne ich sie.
»Wenn er sich anstrengt, klüger zu sein, bin ich auch netter«, sagt Ronnie Cray. Sie zündet sich eine Zigarette an und schirmt die Flamme mit einer Hand ab. Das Feuerzeug klickt zu, und ein Hauch von Benzin steigt mir in die Nase.
»Das Haus sieht gut aus«, bemerkt Ruiz in dem Bemühen, etwas nicht Sarkastisches zu sagen.
Cray sieht sich um. »Es ist eine Bruchbude.«
»Ja, aber Sie machen was draus.«
»Das ist die große Falle, wenn man sich ein Haus wie dieses kauft. Man sieht den ganzen Platz, wird ganz aufgeregt und
stellt sich grüne Wiesen und blühende Gärten vor, aber dann verbringt man jedes Wochenende damit, Baumstümpfe und Felsen auszugraben. «
»Wenn Sie nicht gerade Scheiße schippen«, sagt Ruiz.
»Genau.«
Cray schiebt eine Schubkarre neben die Scheune und kippt den Hühnern einen Eimer mit Gemüseresten hin.
»Auf der Seite meiner Mutter gibt es mehrere Generationen von Frauen mit der Statur, um Pflüge zu ziehen. Die Seite meines Vaters war eine Familie von Ärmelschonern — zierlich wie die Asiaten. Bei mir sind die genetischen Würfel in Richtung bäuerlicher Körperbau gefallen.«
Sie trägt den Eimer zum Haus. »Sie kommen wohl besser rein, meine Herren.«
Sie kratzt sich den Schlamm von den Stiefeln, streift sie ab und duckt sich unter dem Türsturz, als würde sie sich für einen halben Meter größer halten. Die Küche ist vollgestellt mit provenzalischen Bauernmöbeln, und von der Decke hängen Töpfe mit Kupferböden. Eine Katze streckt sich, dreht eine Runde und macht es sich dann wieder über dem Ofen bequem. Das ist die meisterhafte Rattenjägerin, von der Ronnie Cray mir erzählt hat, Stromers Mutter.
»Setzen Sie sich«, sagt sie und wäscht sich die Hände. »Ich will schwer hoffen, dass das ein privater Besuch ist. Heute ist Samstag, und ich habe frei.«
Keiner von uns antwortet.
»Möchten Sie etwas trinken?«
»Ich dachte schon, Sie fragen nie«, sagt Ruiz und lässt den Blick an den Flaschen auf dem Schrank entlangschweifen. »Scotch mit einem Schuss Wasser, bitte.«
»Ich biete Ihnen ein Glas Wein an.«
DCI Cray nimmt eine offene Flasche aus dem Regal und wischt zwei Weingläser mit einem Stück Küchenrolle sauber.
»Was ist mit Ihnen, Professor?«
»Danke, für mich nicht.«
Ronnie ist keine besonders gesellige Person, was etwas mit ihrer Geringschätzung für die meisten Menschen und ihren noch geringeren Erwartungen zu tun haben könnte. Der größte Teil ihres Lebens ist mir ein Mysterium, ich weiß allerdings, dass sie kurz verheiratet war und einen erwachsenen Sohn hat. Sie macht keinen Hehl aus ihrer lesbischen Neigung, lädt jedoch auch nicht zu Gesprächen darüber ein. Ich vermute, dass es in ihrem Leben Frauen gegeben hat, die ihr unter die Haut gegangen sind und ihr Herz berührt haben, aber heute wirkt sie so verschlossen, verankert in ihren Erinnerungen wie ein einsamer Seemann, der auf dem Trockenen fehl am Platz und nur allein glücklich ist.
Sie zündet sich eine weitere Zigarette an und zieht so heftig daran, als fürchte sie, frische Luft ohne Nikotin könne ihre Gesundheit schädigen.
»Sienna Hegarty hat heute Nachmittag eine Überdosis Tabletten geschluckt«, erzähle ich ihr.
»Woher hatte sie die Tabletten?«
»Sie hat sie von den Medikamentenwagen im Oakham House gestohlen.«
Ronnie Cray blickt auf meine linke Hand. Daumen und Zeigefinger reiben aneinander, als würden sie eine imaginäre Pille drehen.
»Deswegen
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